Ich verenge die Augen und schnippe Asche in den Aschenbecher. „Was beinhaltet das? Ich sehe dir an, dass du mir eine Menge noch nicht erzählt hast. Spuck’s aus, Mom.“
Lächelnd nickt sie begeistert. „Ich verrate dir die Details. Dir werden Fragen gestellt und passend zu deinen Antworten bekommst du eine völlig fremde Frau zugeteilt, die du heiratest. Sechs Monate lang verpflichtest du dich zu dieser Ehe mit allem, was dazu gehört, und schreibst ein Tagebuch über deine Gefühle und Erfahrungen. Nach den sechs Monaten übergibst du dem Team das Tagebuch. Dann kannst du entweder verheiratet bleiben, falls die Beziehung erfolgreich verläuft, oder dich trennen. Beide Teilnehmer bekommen 50.000 Dollar. Aber ehrlich gesagt geht es nicht um das Geld. Sondern darum, sich mit jemandem zu verbinden und nicht so schnell aufzugeben. Und ob die Person, die theoretisch wunderbar zu einem passt, auch in der Realität die richtige ist. Und ob man sich auch erst nach dem Heiraten verlieben kann, anstatt nur vorher.“
Ihre Worte wirbeln wie ein Sturm in meinem Kopf herum. „Machst du Witze? Das ist doch das Pferd von hinten aufgezäumt. Heiraten ist etwas verdammt Ernstes. Kein verdammtes Spiel.“
Sie lächelt strahlend und nickt langsam. „Ganz genau. Siehst du? Du hast es schon verstanden. Können zwei Fremde eine Beziehung eingehen, die von Experten zusammengestellt wurde? Ich finde das faszinierend.“
„Ja, da gebe ich dir recht. Aber was, wenn es nicht funktioniert? Was, wenn wir uns gegenseitig an die Kehle gehen wollen? Wir lassen uns scheiden und bekommen trotzdem die Kohle?“
„Davon gehe ich aus, ja.“
„Und woher wollen wir wissen, ob die andere Person wirklich einen echten Partner sucht oder nur auf das Geld aus ist? Menschen sind gierig. Ich brauche keine weitere Goldgräberin in meinem Leben. Das habe ich bereits oft genug hinter mir.“
Sie öffnet die geheimnisvolle Mappe, blättert darin herum und sieht dann wieder zu mir. „Da stimme ich dir zu, mein Schatz. Deshalb muss jeder eine gründliche Befragung durchmachen, damit wir hoffentlich solche Leute aussortieren können, die nicht aus den richtigen Gründen mitmachen wollen.“
„Und du willst, dass ich mitmache?“
„Ja, aber nur, wenn du meinst, dass du dich ernsthaft dazu verpflichten kannst und der Sache offen gegenüber stehst. Ich glaube, tief innerlich hättest du gern eine feste Beziehung. Du tarnst es nur mit deiner Playboy-Einstellung und den One-Night-Stands.“
„Vielleicht sind One-Night-Stands alles, wofür ich etwas tauge.“
„Das ist Blödsinn. Ich sehe doch dein Gesicht, wenn Storm und Evie in der Nähe sind. Ich glaube, du wünschst dir auch diese Vertraulichkeit mit jemandem, auch wenn du zu stur bist, es zuzugeben. Ich sehe es in deinen Augen.“
Ich beuge mich vor und drücke die Zigarette im Aschenbecher aus. „Ich war noch nicht mal verliebt. Und ich möchte keiner fremden Frau wehtun, die da mitmacht, weil sie hofft, ihren Ritter in glänzender Rüstung zu finden. Die Chancen, dass ich in einer Beziehung bleibe, oder dass eine Frau bei mir bleiben will, sind ziemlich dünn.“
„Ich bin anderer Meinung.“
„Was, wenn sie mich mit einer Hässlichen oder Dummen zusammentun?“
„Das werden sie nicht. Sie suchen dir auf wissenschaftliche Art eine Passende, basierend auf euren Interviews.“
Ich denke eine Weile über diesen Wahnsinn nach. Wenn man mir die perfekte Frau in den Schoß legen würde, würde ich mich nicht beschweren. „Darfst du die Weiber aussuchen, die mitmachen? Oder siehst du zumindest die Fotos und Antworten? Kannst du mir eine Gute raussuchen?“
„Vielleicht“, sagt sie vage. „Also, was denkst du?“
„Ich denke, dass du mich als Versuchskaninchen benutzt. Weiß Dad darüber Bescheid?“
„Natürlich. Er hält es für eine tolle Idee. Und nein, ich benutze dich nicht. Ich möchte nur gern alle meine Kinder glücklich und verliebt sehen, und denke, das Ganze könnte der kleine Schubs sein, den du brauchst.“
„Darf ich sie auch ficken?“
„Talon! Guter Gott, musst du dich so ausdrücken?“
„Also … darf ich?“
„Natürlich. Es ist eine echte Ehe. Mit einer Hochzeitsfeier und echten Ehegelübden. Ihr schlaft zusammen, lebt zusammen, und alles was dazugehört. Mir wäre es allerdings lieber, wenn du es Liebe machen nennen würdest.“
Lachend schüttele ich den Kopf. „Sagt die Frau, die gerade erst wieder einen Erotik-Bestseller geschrieben hat“, necke ich sie. „Mom, das ist echt das Verrückteste, was du je mit einem von uns gemacht hast, und das sagt viel. Ich weiß, dass du uns für deine Romane benutzt, aber das hier toppt alles.“
Sie lehnt sich auf ihrem Bürosessel zurück, schlägt die langen Beine übereinander und lächelt mich wissend an. „Ich weiß, Talon. Du bist mein jüngster Sohn und ich habe mehr Zeit mit dir verbracht als mit deinen Brüdern, und du warst so ein süßer kleiner Junge. Du hast es geliebt, geliebt zu werden. Sicherlich muss dich diese Idee wenigstens ein kleines bisschen ansprechen, oder?“
Da hat sie tatsächlich recht, obwohl ich nicht weiß, wieso, denn das Ganze trägt die Überschrift Desaster. „Ja, das stimmt wohl. Es wäre ziemlich cool, wenn es funktionieren würde. Ich habe den Mist satt, der zum Daten gehört, und mich mit den Schlampen herumzuschlagen, die nur mit mir zusammen sein wollen, weil ich in einer Band bin.“
„Siehst du? Und diese Frau hat erst mal keine Ahnung, wer du bist.“
„Diese Vorstellung gefällt mir.“
„Wenn du angenommen wirst, musst du dich voll dazu verpflichten.“
„Das würde ich.“
„Und du darfst sie nicht betrügen. Untreue werde ich in dieser Familie nicht zulassen. Solltest du mit ihr unglücklich sein, musst du warten, bis die sechs Monate vorbei sind, und du machst mit ihr Schluss, bevor du mit einer anderen etwas anfängst. Das gilt auch für Groupies, Fans und psychotische Ex-Freundinnen. Ist das klar?“
„Wow. Danke für das Vertrauen, das du in mich hast.“
Sie neigt den Kopf zur Seite. „Vergiss nicht, dass ich mit einem Musiker verheiratet bin. Ich weiß genau, was abgeht, glaub mir.“
„Dad würde dich nie betrügen. Er liebt dich viel zu sehr.“
„Das stimmt, hat aber noch nie andere Frauen davon abgehalten, sich an ihn heranzumachen.“
Meine Entscheidung steht fest. „Wenn deine kleine Gruppe von Irren mir die Frau meiner Träume findet, werde ich sie nicht betrügen, das kannst du mir glauben.“
„Das ist der Sinn der Sache, Talon. Du brauchst nur eine offene Einstellung und Herz.“
Ich drücke den herzförmigen Stressball auf ihrem Schreibtisch fest zusammen und grinse Mom an. „Na gut, Mom. Ich nehme die Herausforderung an. Mal sehen, ob du mir die perfekte Frau liefern kannst.“
Kaptiel 4
Asia
Ich sitze an meiner antiken Nähmaschine und setze zusammen, was einmal ein Kleid werden soll, als Kat in mein Apartment gestürmt kommt.
„Deine Sorgen sind vorbei, meine Liebe. Ich habe die beste Lösung für dein Problem gefunden, die buchstäblich auf meinem Schreibtisch gelandet ist.“ Sie geht direkt an meinen Kühlschrank und nimmt sich ein Glas meines, mit Früchten aufgepimpten, Wassers, das ich gestern angesetzt habe.
„Welches Problem mag das wohl sein?“
Sie holt ein zerknittertes Blatt Papier aus ihrer Handtasche, das Notizen und mit einem gelben Leuchtstift angestrichene Stellen trägt. „Dein Männerproblem“, sagt sie.