Seen rollten aus Norden an. Immer wieder kam MAVERICK TOO ins Surfen. Cati ging es hundeelend, und auch die Windsteueranlage gelangte an ihre Grenzen. Da wir nicht noch gut 36 Stunden durch diese schwere See jagen wollten, bevor sich die See laut Wetterbericht beruhigen soll, entscheiden wir uns nach etwa zehn Seemeilen für die Umkehr. Wir funkten Thomas an, um ihm davon zu unterrichten, und er meldete nur kurz zurück, dass sie weiterfahren würden. Denn seine Tochter Cindy sollte am 20. Dezember auf Madeira landen. Also mussten sie durch.
Heute soll es also noch mal losgehen. Der Wind weht immer noch mit 25 Knoten aus Norden und die Wellen sind bis vier Meter hoch. Doch die Aussicht, dass der Wind über Nacht nachlassen wird, beruhigt. Mit dem dritten Reff und halb weggerollter Genua segeln wir mit dauerhaft 7 Knoten direkt aufs Ziel zu.
Die ersten 24 Stunden auf See geht es Cati dreckig. Sie nimmt zwar die Seekrankheitstabletten, aber an die raue See und das ungewohnte Gehüpfe des Bootes muss sie sich erst noch gewöhnen. Daher verbringt sie die meiste Zeit in der Koje. Doch am Morgen des zweiten Tages auf See überrascht sie mich plötzlich damit, dass sie mir einen Kaffee an Deck bringt. »Soll ich gleich mal Wache gehen?«, fragt sie. »Aber gern.« Ich trinke meinen Kaffee und falle in die Koje. Als ich drei Stunden später wach werde, sitzt Cati am Kartentisch und liest. »Wie, du kannst auf See lesen?«, staune ich. »Ja, mir wird gar nicht mehr schlecht«, freut sie sich.
Wir rauschen und rauschen, immer wieder zwischen 6 und 7 Knoten. Es geht toll voran. Die Navionics-App zeigt immer frühere Ankunftstermine an. In der vierten Nacht auf See halte ich bereits nach Madeira Ausschau. Doch die Insel ist wieder mal von dicken Wolken umgeben. Schon zu Zeiten der Entdeckerfahrten galt Madeira als schwer zu finden, da sich die Nordseite immer wieder im Dunst verbirgt. Im Morgengrauen können wir dann unter den dicken Wolken jedoch erste Küstenstriche erkennen. Wir sausen auf die Ostseite der Insel zu und segeln durch den Kanal, der die Insel von der Nachbarinsel Porto Santo trennt. Wir gelangen in den Landschutz der Ostküste, die Wellen glätten sich, und vor uns liegt unser Zielhafen, Quinta do Lorde. Genau 96 Stunden waren wir unterwegs. Ein Schnitt von 5,6 Knoten. Das ist fantastisch. Und genau doppelt so schnell wie damals mit MAVERICK.
Als wir in den Schutz der Hafenmauer einbiegen, sehen wir bereits die LILLY-MARIE an einem der Schwimmstege liegen. Wir legen Bug-an-Bug an und freuen uns alle über das Wiedersehen. »Du wirst es nicht glauben«, beginnt Thomas gleich zu erzählen. »Wir haben auf dem Weg hierher einen Wal gerammt!« Wow, das ist so ziemlich der Horror eines jeden Seglers. »Und, nix kaputtgegangen?«, frage ich. »Nee, das war überraschend angenehm. Wie in einen Fender hineinzusegeln. Wohl durch den ganzen Tran unter der Haut«, erklärt Thomas. »Ich wusste vor Schreck erst mal gar nicht, was ich machen soll, also hab ich Jola unter Deck geschickt, die Bilgen kontrollieren«, sagt er. »Alles dicht. Aber dann muss der Wal wach geworden sein und hat eine Flosse in die Höhe gestreckt, direkt neben dem Cockpit. Mann, ist mir da das Herz in die Hose gerutscht.«
GELDVERDIENEN
AUF DER REISE
Von Johannes
Nachdem Cati und ich zwischen Weihnachten und Neujahr unsere Familien in Deutschland besucht haben, sitzen wir nach Silvester zusammen mit meinen Eltern im Flieger zurück nach Funchal: Sie haben beschlossen, ein paar Tage mit uns auf Madeira zu verbringen. Auch das Kamerateam des ZDF reist an. Es will uns zwei Tage lang auf der Insel begleiten, um den Punkt »Wie finanzieren die beiden das Ganze eigentlich?« zu beleuchten, während ich meiner Arbeit als Journalist nachgehe.
Das ist genau die Frage, die mir im Vorfeld der Reise die größten Sorgen bereitet hat. Da wir ohne Ersparnisse oder Rücklagen losgefahren sind, wäre ich eigentlich darauf angewiesen, unterwegs Geschichten für die Yacht schreiben und verkaufen zu können, um jeden Monat unsere Reisekasse neu zu füllen. Das wäre keine gute Lösung, denn wenn ein Seegebiet für das Magazin uninteressant wäre, würden wir ohne Geld dasitzen. Doch so wird es nicht kommen. Denn kurz vor der Abfahrt hat mir mein fantastischer Chefredakteur Jochen Rieker noch ein tolles Geschenk gemacht und angeboten, mir während der auf zwei Jahre angelegten Reise jeden Monat ein Fixum zu bezahlen. Mit dieser Summe, die gerade so als Grundeinkommen reicht, können wir daher nun jeden Monat rechnen. Das ist toll, denn dadurch können wir die ganze Reise über ruhig und entspannt dem nächsten Monatsgehalt entgegenblicken und wissen immer, wann und woher das nächste Geld kommt. Eine großartige Hilfe.
Natürlich heißt das nicht, dass ich ein völlig entspanntes Leben habe und nicht genauso viele Seiten liefern müsste wie ohne diese Absprache. Doch sie ermöglicht es mir, auch mal ein bisschen vorzuarbeiten und dann ein, zwei Monate, wie etwa während der kommenden Atlantiküberquerung, auszusetzen.
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