uns, zum karibischen Dinner!«
Aber erst müssen wir hier in der »Casa Primavera« noch die Rechnung begleichen. Und denken, sie hätten sich verrechnet. Vorspeise, Hauptgänge, den ganzen Abend Bier, Wein, und diese merkwürdige Mischung aus beidem – und am Ende zahlen wir zu elft nur 94 €. 8,50 € für jeden. Portugal, man muss es einfach lieben.
Den ganzen nächsten Vormittag laufen Cati und ich zwischen den Supermärkten in der Innenstadt und dem Schiff hin und her, schleppen alle nötigen Utensilien und Getränke heran, um am Abend neun Leute zu bewirten. Es soll mein Lieblingsgericht geben, karibisches Roti. In Trinidad erfunden und eigentlich überall in der Karibik zu bekommen. Ein Teigfladen, in den eine Mischung aus Kartoffeln, Gemüse und einer Art Fleisch oder Fisch eingeschlagen ist. In der Karibik ist auch gern mal eine Kakerlake eingebacken, und das Huhn kommt so, wie es tot auf der Straße gefunden wurde, in den Mixer und landet samt Knochen im Essen. Das Ganze natürlich vermengt mit vielen karibischen Gewürzen. Dieses Fast Food habe ich schon vor Jahren für den mitteleuropäischen Gaumen perfektioniert und will meine Kreation nun heute Abend an den Gästen testen. Vorab gibt es einen karibischen Salat, anschließend Rumsalat mit Obst – eine Nachspeise, die meine Mutter mal auf einer Reise mit mir auf einem Katamaran in Belize erfunden hat. Das ist ein Obstsalat, der mit Rohrzucker und viel Rum verfeinert wird. Deshalb Rumsalat. Mehr Rum als Salat.
Cati schnippelt, ich koche. Und wir werden nur sehr knapp fertig, denn das Einkaufen hat viel Zeit gekostet. Um den Gästen Bescheid zu geben, dass sie rüberkommen sollen, schalte ich kurzerhand unsere Unterwasserbeleuchung und das Stroboskoplicht im Mast an. Thomas, Jola und Lilly sind die ersten Gäste. »Mensch, Johannes, eben stoße ich mit dem Hafenmeister zusammen, der völlig außer Puste auf dem Weg hierher war«, sagt er. »Der dachte, euer Schiff sinkt und du gibst Notsignale! Hab ihm dann gesagt, dass das nur der Erdmann ist, der zum Essen ruft.«
Wir sind enorm erstaunt, wie einfach wir acht Erwachsenen unter Deck Platz finden. Die drei Mädels haben ihre eigene Partylocation im Vorschiff und bekommen Roti ohne Gewürze. Laurent nimmt das mit der »karibischen Party« wörtlich und erscheint in kurzer Hose, T-Shirt, Flipflops und mit Piratenkopftuch. Dabei sollte doch eigentlich nur das Essen karibisch sein. Auch Marie und Antoine sind dabei. Später erfahren wir, dass sie eigentlich Tickets für ein Konzert hatten, auf das sie sich lange gefreut haben. Doch sie wollten meine Einladung nicht ausschlagen.
Eine Weinflasche nach der anderen leert sich im Salon, während die Mädels im Vorschiff einen Film schauen und mit der Knete spielen, die wir eigentlich zum Abdichten der Ankerklüse an Bord haben. Die Party ist ein voller Erfolg, und wir genießen die gemeinsame Zeit, denn wie immer bei Fahrtenseglern kommt der Tag viel zu früh, an dem sich die Wege trennen. Laurent will schon in zwei Tagen nach Porto starten, die LILLY-MARIE und wir wollen nach Lissabon. Wahrscheinlich in einem Rutsch.
LISSABON – ANFANG
UND NEUSTART
Von Cati
Der Fluss Tejo mündet in Lissabon in den Atlantik und bildet im Herzen der portugiesischen Hauptstadt förmlich eine kleine Bucht. Überspannt wird die Mündung im Norden von der Vasco-da-Gama-Brücke. Mit einer Gesamtlänge von 17,2 Kilometern ist sie die längste Brücke Europas. Fast noch eindrucksvoller ist aber die rote Hängebrücke Ponte 25 de Abril, die der Golden Gate Bridge in San Francisco zum Verwechseln ähnlich sieht. Diese Brücke markiert für uns noch mehr als andere Zeichen, die es in der Stadt gibt, den Beginn Lissabons. Oder das Ende des europäischen Festlandes. Von hier aus ist Johannes 2005 zu seiner Einhand-atlantiküberquerung aufgebrochen. Es ist also doppelt bedeutsam, dass wir in Lissabon sind. Ab hier gibt es für uns, wenn alles gut geht, erst mal nur noch Inseln, und für Johannes schließt sich ein Kreis. Dass wir Lissabon auf eigenem Kiel erreicht haben, macht ihn ziemlich stolz.
Eigentlich wollten wir mit der LILLY-MARIE noch einen Stopp in Porto einlegen, aber das Wetter ist so fantastisch, dass wir gemeinsam beschließen, über Nacht bis Lissabon durchzurutschen. Nordwind der Stärke 4 bis 5, drei Meter hohe Welle – perfekt für unsere Schiffe. Doch LILLY-MARIE ist etwas schneller und bereits am Abend vom Horizont verschwunden. Kurz vor Miternacht des zweiten Tages erreichen wir Oeiras und bekommen direkt nebeneinander zwei Liegeplätze.
Obwohl wir in den vergangenen Tagen immer alles zusammen gemacht haben, ergibt es sich, dass wir Lissabon zunächst allein erkunden. Unser erster Weg führt uns zum Doca de Alcântara, wo Johannes vor neun Jahren abgelegt hat. In den Yachthafen selber kommen wir ohne den Code für die Gittertore natürlich nicht. »Da drüben habe ich gelegen«, zeigt Johannes aufgeregt durch den hohen Maschendrahtzaun auf einen kleinen Liegeplatz. Wir stehen auf einem Parkplatz aus Kopfsteinpflaster. Über uns scheppern unaufhörlich Autos, die laut über die rote Ponte 25 de Abril donnern. Neben dem Parkplatz Lagerhallen und Bürogebäude. Wirklich nichts an dieser Szenerie ist schön oder bedeutungsschwanger. Trotzdem habe ich einen mächtigen Kloß im Hals, denn aus Johannes’ Buch über seine Einhandtour weiß ich, wie einsam er sich damals hier nach dem Abschied von seinen Eltern gefühlt hat. »Hier hat das alles begonnen mit der Ozeansegelei«, fasst Johannes zusammen. So richtig einschätzen, wie er sich fühlt, kann ich nicht, aber er ist in der nächsten halben Stunde sehr ruhig und nachdenklich.
An unserem zweiten Lissabontag möchten wir noch mehr von der Stadt sehen. Ich wollte schon immer mal nach Portugal und insbesondere nach Lissabon. Meine Erwartungen werden übertroffen. Die Stadt hat mit ihren engen Gassen und weiten Plätzen, mit dem vielen Grün und den starken Steigungen ihren ganz eigenen Charme. Wir sehen das verwinkelte Viertel Alfama, werden von einem Wagen der berühmten Straßenbahnlinie 28 angeklingelt und stehen auf dem großen Platz Praça do Comércio, auf dem ein Weihnachtsmann aus einer Straßenbahn steigt. Bei diesem herrlichen Sonnenschein habe ich fast vergessen, dass bald Weihnachten ist.
Auf unserem Touristenprogramm steht natürlich auch das Padrão dos Descobrimentos, das Denkmal der Entdeckungen, das zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer am Ufer des Tejo errichtet wurde. Dargestellt ist nicht nur Heinrich der Seefahrer, sondern 33 wichtige portugiesische Persönlichkeiten, darunter Missionare und Könige, Dichter und Maler und eben auch Seefahrer und Entdecker. Dieses Denkmal und der Torre de Belém, ein burgartiger weißer Turm, sind das Letzte, was Seeleute von Lissabon sehen, wenn sie den Tejo verlassen. Davor befindet sich eine riesige geflieste Weltkarte, ein Geschenk der Republik Südafrika. Zu sehen sind dort natürlich Portugal und Madeira, unser nächstes Ziel. Auf der 50 Meter großen Karte ist es bis dahin nur ein kleiner Schritt, wir aber rechnen mit fünf Tagen auf See. Das wäre die längste Zeit, die wir ohne Pause zusammen auf See verbracht haben. Und es kribbelt schon ein bisschen.
IM TIEFFLUG NACH
MADEIRA
Von Johannes
»Mal sehen, ob wir meine alte Zeit unterbieten«, lache ich, als ich am Morgen des 17. Dezember den Motor starte. Schwerfällig erwacht er zum Leben. »Hast du damals nicht acht Tage gebraucht?«, fragt Cati. »Wir müssen ja ohnehin schneller sein, sonst verpassen wir den Flieger.« Sie hat recht. Eine gute Woche haben wir noch für die rund 550 Seemeilen. Dann müssen die Leinen fest sein und wir uns auf dem Flughafen befinden. Denn wir haben schon aus Viana do Castelo einen Heimflug gebucht, um die Weihnachtsfeiertage zu Hause zu verbringen.
Heimflüge kommen bei den »älteren« Langfahrtseglern oft merkwürdig an. »So was haben wir früher nicht gemacht«, habe ich schon öfter gehört. Und es fühlt sich auch komisch an, aus dem Leben an Bord zurück nach Hause zu kommen und die Heimat so zu erleben, als wäre nichts gewesen. Und so kommt dieser Rückflug für uns selber überraschend und eigentlich auch zu früh. Denn wir hatten uns auf mindestens ein Jahr Abwesenheit eingestellt. Aber wir hatten auch gemerkt, dass sich unsere Familien damit schwertaten, dass wir an Weihnachten nicht da sein würden. »Wieder mal«, wie es meine Mutter ausdrückte. Also hatte ich spaßeshalber nach Flügen geschaut und echte Schnäppchen gefunden, die nun dazu führen, dass wir einen festen Termin und damit etwas Stress haben.
Tagelang haben wir die Abfahrt wegen des schweren Wetters hinausgezögert, bis kaum mehr Zeit übrig war. Vor drei Tagen haben wir uns