Gregg Braden

MENSCH:GEMACHT


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Implikationen; und zweitens wird Evolution gewöhnlich als wissenschaftliche Gegebenheit dargestellt, obwohl umstrittene Punkte immer noch der Klärung bedürfen.

      DARWIN ZU EHREN

      Nachdem wir nun einige der Einwände gegen Darwins Evolutionslehre zur Kenntnis genommen haben, möchte ich die Gelegenheit nutzen, als Geologe, Forscher und Autor meine eigene Sicht auf Darwin selbst und seine Ideen zur Evolution darzulegen.

      Zunächst möchte ich vorausschicken, dass ich vor Charles Darwin, dem Menschen wie dem Wissenschaftler, und dem, was er in seiner Zeit geleistet hat, einen gewaltigen Respekt empfinde. Er lebte in einer Gesellschaft, die sich sehr von unserer Welt des 21. Jahrhunderts unterschied. Es erforderte damals enormen Mut, öffentlich für eine solche Theorie einzutreten, und auf diese Weise. Die katholische Kirche spielte im England des 19. Jahrhunderts noch eine machtvolle und beherrschende Rolle, und Darwin wusste, dass seine Theorie eine unmittelbare Bedrohung der religiösen Dogmen der Kirche darstellen würde. Genau dieses Wissen veranlasste ihn, nach der Rückkehr von seiner Reise mit der HMS Beagle 1836 über zwanzig Jahre lang mit der Publikation seines Buches zu warten. In einem Brief, den er dem Botaniker Asa Gray 1860 schrieb, brachte er seine Sorge durch die Bemerkung zum Ausdruck, dass er »keine Neigung dazu habe, etwas Atheistisches zu schreiben«.37

      Darwin musste bald erleben, dass seine Angst vor dieser Kritik nur allzu berechtigt war, als Kardinal Henry Edward Manning, der höchste katholische Würdenträger in England, die Evolutionstheorie nach dem Erscheinen von Über die Entstehung der Arten als eine »brutale Philosophie« bezeichnete, die behaupte, dass »der Affe unser Adam« sei.38 Trotz solcher Kritik galt Darwin zur Zeit seines Todes im Jahr 1862 als größter Wissenschaftler seiner Epoche.

      Außerdem gebe ich gerne zu, dass ein Großteil der Kontroversen um Darwins Lehre von seiner Zeit bis heute 1) auf einem Missverständnis dessen, was er tatsächlich sagte, beruht und 2) dem Wunsch von Universitäten, Universitätsprofessoren, der wissenschaftlichen Gemeinschaft und Politikern geschuldet ist, sein Werk für heilig und unfehlbar zu halten. Mit anderen Worten: Gewisse Institutionen und die Menschen, die sie unterstützen, haben versucht, Darwins Werk zu etwas zu machen, was er selbst niemals anstrebte. Sie wollen seine Theorie für Zwecke instrumentalisieren, die er niemals im Sinn hatte.

      Darwin war Geologe – und in jeder Hinsicht ein guter Geologe. Er war korrekt und wahrhaftig, wenn er darüber schrieb, was er beobachtet hatte, und ebenso hinsichtlich der Rückschlüsse, die er aus seinen Beobachtungen zog. Sein Werk war wohldurchdacht sowie sorgfältig dokumentiert, und seine Methoden folgten den in seiner Zeit allgemein anerkannten Grundsätzen. Wenn ich glaube, dass Darwins Arbeitsweise mangelhaft war, dann beziehe ich mich auf das, was er tat, nachdem er Über die Entstehung der Arten veröffentlicht hatte. Weil seine Evolutionstheorie zu dem zu passen schien, was er an einer bestimmten Lebensform an einem bestimmten Ort der Welt beobachtete – und zwar an den Finken auf den Galapagos-Inseln –, versuchte er, seine Lehre zu verallgemeinern, um sie auf sämtliche Lebensformen überall, einschließlich der Menschheit, anzuwenden. Bei diesem Sprung bricht Darwins Evolutionslehre für mich in sich zusammen.

      Während wir noch immer nicht genau wissen, was geschah, als unsere modernen menschlichen Vorfahren vor 200.000 Jahren auftauchten, stützen die besten Belege, die wir aufgrund fossiler Funde haben, die Evolution nicht als Erklärung dafür, wie diese frühen Menschen zu denen wurden, die sie waren. Ich erwähne diesen Punkt jetzt, weil die Mainstreammedien und viele akademische Institutionen, die ein Interesse an der Fortdauer der Evolutionsgeschichte haben, behaupten, dass die Kontroverse beendet wäre.

      EINE BIS HEUTE UNBEWIESENE THEORIE

      Unmittelbar nach Erscheinen von Charles Darwins Über die Entstehung der Arten im Jahr 1859 führte die breite Akzeptanz seiner Theorie zu einer Suche nach physischen Beweisen: nach »missing links« [fehlenden Bindegliedern] zwischen Arten, denn man nahm an, dass diese »missing links« in Gestalt von Fossilfunden nachweisbar sein müssten. Wenn Wissenschaftler diese Fossilien fänden, so die Logik, dann müssten sie auch in der Lage sein, den Stammbaum unserer Entwicklung in der Urzeit zu rekonstruieren. Genau wie wir unsere individuelle familiäre Abstammung zurückverfolgen können, wenn wir von unseren Eltern über unsere Großeltern zu den Urgroßeltern und so weiter zurückgehen, wäre es, wie man annahm, eines Tages möglich, einen Familienstammbaum aller unserer gemeinsamen Ahnen zu erstellen.

      Abbildung 1.1 zeigt die gegenwärtige Auffassung über unseren menschlichen Stammbaum. Auf diesem Schaubild werden moderne Menschen durch den Homo sapiens dargestellt, den dicken Punkt links oben. Die gestrichelten Linien bilden die Zweige, die uns mit anderen gefundenen Schädeln weiter unten im Baum verbinden; sie stehen für die verschiedenen Entwicklungslinien – die evolutionären Wege –, von denen die Wissenschaftler glauben, dass sie von den frühen Primaten zu uns heutigen Menschen geführt haben.

       Mutmaßlicher Stammbaum der menschlichen Evolution

      LEGENDE

      -------- vermutete Beziehungen

       Abb. 1.1. Ein Beispiel für den traditionellen menschlichen Stammbaum. Das Problem an dem durch diesen Baum verdeutlichten Denken besteht darin, dass physische Belege, die eine Verbindung zwischen den Fossilien bestätigen, noch immer der Entdeckung harren. Dieser Mangel an Funden ist der Grund, warum die Linien, die den Stammbaum bilden, als »mutmaßliche Beziehungen« bezeichnet werden.

      Ein kurzer Blick auf Abbildung 1.1 zeigt allerdings, dass die Verbindungen zwischen den Fossilien als gestrichelte und nicht als durchgezogene Linien dargestellt werden. Dies bedeutet, dass die Linien spekulative oder vermutete Verbindungen und keine wirklich bewiesenen Beziehungen veranschaulichen.

      Obwohl man die Existenz dieser Verbindungsglieder annimmt, ist sie auch nach hundertfünfzigjähriger Suche noch immer nicht durch Funde, die sie bestätigen, bewiesen worden.

      Leitsatz 8Obwohl man vermutet, dass die Verbindungen zwischen urzeitlichen Primaten und modernen Menschen im evolutionären Stammbaum existieren, sind sie noch nie als Tatsache festgestellt worden – es sind bislang nur mutmaßliche und spekulative Beziehungen.

      Mit anderen Worten: Die physischen Funde, welche die evolutionären Zwischenglieder bezeugen, die Aspekte unseres Lebens von der Gesundheitsvorsorge über die moralische Rechtfertigung von Hassverbrechen, Selbstmord, Sterbehilfe bis hin zur Todesstrafe sowie zu den Maßstäben unseres Selbstbildes und unserer intimen Beziehungen beeinflussen, sind noch immer nicht entdeckt!

      Von der Zeit, in der die Evolutionstheorie 1859 als Erklärungsmodell vorgeschlagen wurde, bis zum Tag der Niederschrift dieses Buches ist nach bestem Wissen des Autors noch kein eindeutiger Beweis für eine Übergangsspezies, die zu uns führen würde – also ein Fossilienfund, der eine evolutionäre Reise von primitiven zu moderneren Wesen widerspiegelt – entdeckt worden! Thomas H. Morgan, der Gewinner des Nobelpreises von 1933 für Physiologie und Medizin, ließ für die Leser seines Buches Evolution and Adaption (»Evolution und Anpassung«) keinen Zweifel daran. Wenn moderne Wissenschaft das zugrunde legt, was Morgen als »die strengsten … angewandten Überprüfungen zur Unterscheidung wilder Arten« bezeichnet, dann – so erklärt er –, »wissen wir in der Epoche der Menschheitsgeschichte von keinem einzigen Fall eines Übergangs von einer Spezies zur nächsten«.39

      Angesichts der leidenschaftlichen wissenschaftlichen Debatten und der »futuristischen« Technologie, die heute die tiefsten Mysterien des Lebens entschlüsselt, bleibt die nackte Tatsache von Morgans Beobachtung eine Warnung vor der rückhaltlosen Bejahung der menschlichen Evolutionstheorie. Trotzdem wird diese Lehre weiterhin in öffentlichen Klassenräumen unterrichtet, als wäre sie eine unbestrittene Tatsache!

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