zerstreuen und zu beleuchten, warum sie für uns alle von Wichtigkeit ist«.20 Und für alle offensichtlich taten sie genau das; sie schilderten die Evolution ausschließlich aus Darwins Perspektive, die viele Wissenschaftler aus Gründen, die später in diesem Kapitel noch dargestellt werden, für fehlerhaft halten.
In einer Besprechung des PBS-Specials nahm der Autor und frühere Redenschreiber des Weißen Hauses Joshua Gilder kein Blatt vor den Mund, was die Art und Weise anging, wie die Sendung produziert worden war: »Das Problematische [an der PBS-Dokumentation] ist, dass nichts davon wahr und sie derart mit Unstimmigkeiten, Fehlinterpretationen und miserablen (oft bewusst irreführenden) Daten überfrachtet ist, dass sie als wissenschaftlich wertlos betrachtet werden muss.«21 Gilder begründete seine Kritik teilweise mit den wissenschaftlichen Entdeckungen, die der Molekularbiologe Jonathan Wells bereits 2000 in seinem Buch Icons of Evolution – Science or Myth? (»Ikonen der Evolution – Wissenschaft oder Mythos?«) ausgebreitet hatte und die die PBS-»Beweise« einen nach dem anderen zerlegten.
DIE EVOLUTION AUF DEM PRÜFSTAND
Die Kontroverse um die Evolution zeigt sich besonders deutlich, wenn es um staatliche oder nationale Gesetze geht, die regeln sollen, was Lehrer in öffentlichen Schulen unterrichten dürfen. Ein kürzlich im Staat Oklahoma vorgelegter Gesetzentwurf ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür. Im Jahr 2016 schlug der republikanische Senator Josh Brecheen eine Gesetzgebung vor, die den Lehrern gestatten sollte, ihre Schüler zu kritischem Denken über die ihr Leben und ihre Zukunft betreffenden Themen anzuregen.
In dem von Brecheen vorgeschlagenen Gesetzestext, der Senate Bill 1322, heißt es, das Gesetz solle »in den öffentlichen Schulbezirken ein Umfeld schaffen, das die Schüler ermutigt, wissenschaftlichen Fragen nachzugehen und dadurch zu erfahren, worin wissenschaftliche Evidenz besteht, kritische Denkfähigkeit zu entwickeln und angemessen sowie respektvoll auf unterschiedliche Meinungen hinsichtlich kontroverser Gegenstände zu reagieren. … Den Lehrern soll erlaubt werden, ihren Studenten [Schülern] dabei zu helfen, die wissenschaftlichen Stärken und Schwächen von wissenschaftlichen Theorien, die im Unterricht implizit behandelt werden, auf sachliche Weise zu verstehen, zu analysieren, zu kritisieren und selbständig zu untersuchen.«22
Auch wenn Brecheens Gesetzentwurf die Behandlung der Evolution im Unterricht nicht ausdrücklich erwähnt, ist aufgrund seiner früheren Vorschläge ähnlicher Gesetze seit seiner Wahl 2010 sowie des Gebrauchs der Formulierung »wissenschaftliche Theorien« offensichtlich, dass er darauf abzielte, Lehrern die Möglichkeit zu geben, Entdeckungen über den Ursprung des Menschen mitzuteilen, auch wenn diese die etablierte Geschichte der Evolution nicht stützen.
2005 wurde speziell über die Evolution und das Verhältnis einer neuen, alternativen Theorie der menschlichen Ursprünge, die als Intelligent Design bekannt ist, eine gerichtliche Entscheidung getroffen, die allgemein als der »Dover Case« bekannt ist. Der Fall sorgte weltweit für Schlagzeilen, da es sich um die erste gerichtliche Überprüfung der neuen Theorie an einem amerikanischen Bundesgericht handelte.
Zum Dover Case kam es, als elf Familien gegen den Schulbezirk von Dover im Landkreis York in Pennsylvania wegen einer Änderung des Biologieunterrichts im vorgeschriebenen Lehrplan für die neunte Klasse klagten. 2004 hatte der Schulbezirk Lehrer angewiesen, zusätzlich zur üblichen Behandlung von Darwins Evolutionslehre auch auf Entdeckungen einzugehen, die Intelligent Design unterstützen. Die Vertreter der Theorie des Intelligent Design, von dem zum ersten Mal 1989 in dem Buch Of Pandas and People (»Von Pandas und Menschen«) gesprochen wurde, behaupten, dass »bestimmte Merkmale des Universums und der lebendigen Wesen am besten mit Hilfe einer intelligenten Ursache und nicht durch einen ziellosen Vorgang wie die natürliche Selektion erklärt werden können«.23 Beide Theorien wurden im Klassenzimmer als mögliche Erklärungen für den Ursprung des Menschen präsentiert. Die Eltern, die Klage einreichten, meinten allerdings, dass die Ideen des Intelligent Design den religiösen Anschauungen des Kreationismus zu ähnlich seien – eines Glaubens, dass das Universum und die lebenden Organismen Akten göttlicher Schöpfung entspringen –, weshalb sie verlangten, dass die neue Theorie nicht länger im Unterricht behandelt werden dürfe.
Der Fall wurde in einer Hauptverhandlung, nicht als Schwurgerichtsverhandlung, vernommen, und als der Richter zu guter Letzt das Urteil fällte, dass die aus den wissenschaftlichen Entdeckungen, die dem Intelligent Design zugrunde liegen, gezogenen Schlussfolgerungen unwissenschaftlich seien, entbrannte eine öffentliche Debatte.
Das Urteil des United States District Courts für den zentralen Bezirk von Pennsylvania, dem damals (der 2002 von George W. Bush eingesetzte) John E. Jones III. als Richter vorsaß, lautete wie folgt:
»Intelligent Design im Biologieunterricht öffentlicher Schulen zu behandeln, verletzt den Grundsatz der Anerkennung des Ersten Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten (sowie Artikel I, Absatz 3 der Verfassung des Staates Pennsylvania), denn Intelligent Design ist keine Wissenschaft und ›lässt sich nicht von seinen kreationistischen und somit religiösen Vorläufern abkoppeln‹.«24
Unmittelbar nach der Verhandlung gab es Beschuldigungen wegen Falschaussagen und sogar Meineid, als die Details bekannt wurden und man Gutachten von Experten heranzog, die wissenschaftliche Belege für Intelligent Design darlegen sollten. Weil es sich um ein Gerichtsverfahren ohne Geschworene handelte, sowie aufgrund der religiösen und politischen Überzeugungen des Richters und der fragwürdigen Zeugenaussagen dauert die Kontroverse bis heute an.
Um dies klarzustellen: Ich persönlich bin nicht der Auffassung, dass Intelligent Design des Rätsels Lösung für den menschlichen Ursprung ist oder dass man diesen Prozess besser nicht geführt hätte. Ich sage nur, dass wir es uns selbst schuldig sind, jede neue Entdeckung vorurteilsfrei zu betrachten und zu prüfen, wohin sie führen könnte. Das Beunruhigende an diesem Gerichtsurteil besteht darin, dass es anscheinend einen Doppelstandard einführt, um Forschungsergebnisse abzuqualifizieren, die Intelligent Design unterstützen. Einerseits wird die einhundertfünfzig Jahre alte Evolutionslehre – die noch immer einer wissenschaftlichen Überprüfung harrt – als Tatsache gelehrt. Andererseits dürfen wissenschaftliche Befunde, die nahelegen, dass die Evolutionslehre unvollständig ist oder uns in die falsche Richtung führt, im Klassenraum noch nicht einmal erwähnt werden.
Wenn uns die Möglichkeit verwehrt wird, bestehende Theorien zu hinterfragen und neue, die auf neuen Beweisen beruhen, zu präsentieren, büßen wir die Macht des kritischen Denkens ein, das wir benötigen, wenn wir die Herausforderungen der heutigen Welt erfolgreich bestehen und diejenigen der Zukunft überleben wollen.
Gerade der autoritative Charakter schöner und überzeugender TV-Dokumentationen wie Evolution vom PBS und die verdrehte Art und Weise juristischer Argumentation wie beim Dover-Prozess verleiten viele Menschen zu dem Glauben, Darwins Evolutionslehre hätte die Frage der natürlichen Selektion ein für alle Mal beantwortet. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Obwohl manche Forscher die Evolution durchaus als beste Theorie zur Erklärung für den Ursprung des Menschen akzeptiert haben, hindert sie diese Einschätzung nicht daran, neue Theorien zur Kenntnis zu nehmen, insbesondere wenn diese wissenschaftlich gut fundiert sind. Ich habe die Einwände gegen die Evolution aus zwei Gründen in dieses Buch aufgenommen:
1.um zu verdeutlichen, dass Darwins Evolutionslehre keine bewiesene Tatsache ist, wenn es darum geht, wissenschaftlich zu erklären, wer wir sind.
2.um jenen renommierten Wissenschaftlern Gehör zu verschaffen, deren Kritik an der Evolutionstheorie sich in den heutigen Mainstreammedien nicht widerspiegelt.
Im letzten Teil dieses Kapitels werde ich auf einige dieser abweichenden Meinungen eingehen, die weiterhin die hitzigen Debatten um die Theorie der menschlichen Evolution befeuern.
HUNDERTFÜNFZIG JAHRE EINWÄNDE
Schon bald nach dem Erscheinen seines Buches 1859 wurden leidenschaftliche Einwände gegen Darwins Lehre vorgetragen. Der erste wurde von Louis Agassiz erhoben, der als einer der großen Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts gilt. Seine Pionierleistungen