Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)


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Ich benötige noch mindestens fünfzehn Minuten.« Rico beendete die Verbindung.

      Erneut legte Farye die Hand auf die Klinke. Erneut nickten Silverman und Palotta ihr zu. Sie riss die Tür auf.

      Zweiundzwanzig Stockwerke.

      Beinahe siebenhundert Stufen.

      Und an deren Ende wartete das Chaos.

      Jenseits der Tür lag eine große Rundhalle, von der strahlenförmig fünf Gänge zu den Behandlungsräumen führten.

      Einst mochte die Halle der Ruhe und der Entspannung gedient haben. So stand in ihrem Zentrum inmitten eines ummauerten Bassins eine wuchtige Steinstele, aus der eine Wasserfontäne in die Höhe schoss. Einige Meter darüber traf sie auf das Innere einer gläsernen Kuppel, die an Stahlseilen von der Decke hing, brach sich daran und regnete von den Kuppelrändern zurück ins Bassin.

      Um den Springbrunnen gruppierten sich kleine Bäumchen in Anpflanzungen, zwischen denen Bänke und Sessel zum Verweilen einluden.

      Ein Idyll.

      Fast.

      Im mittlerweile rötlich gefärbten Wasser des Beckens trieben zwei tote Frauen, und die von der Kuppel fallenden Tropfen sahen aus, als regnete es Blut.

      Ein Arkonide lag bäuchlings über einem Sessel. Sein Haar hing bis auf den Boden. Er regte sich nicht. Ihm fehlte ein Schuh. Der andere Fuß ragte ins blutige Wasser.

      Der Zorn kochte in Farye hoch. Dieses Bild würde sie nie wieder aus ihrem Gedächtnis verbannen können, in tausend Jahren nicht.

      Sie hatte Joel Palottas Vater nur kurz kennengelernt, und dennoch hasste sie ihn. Wie konnte jemand derartige Grausamkeiten als Kollateralschäden in Kauf nehmen? Wie konnte jemand das Leid und den Tod unschuldiger Menschen akzeptieren, die an diesen Ort gekommen waren, um Heilung zu finden?

      So schwer es ihr fiel, unterdrückte Farye alle Gedanken. Dafür blieb später Zeit genug. Nun galt es, denen zu helfen, die noch lebten.

      Ärzte, Patienten und Besucher verbarrikadierten sich recht offensichtlich jenseits des Springbrunnens in einem Raum, den sie durch die gläserne und offenbar unzerbrechliche Front als Kantine identifizierte.

      Davor tummelten sich zehn, zwölf Chirurgenroboter. Das Surren der Vibroskalpelle vereinte sich zu einem gespenstischen Lautteppich, der sogar das Plätschern des Blutregens übertönte.

      Die Aktionen der Maschinen wirkten unkoordiniert und zufallsgesteuert – ihre Programmierung sah eben völlig andere Aufgaben vor.

      Manche versuchten sich an der Kantinenscheibe. Sobald die Skalpelle darauf trafen, erklang ein schrilles Singen. Im Ergebnis gab es nur unscheinbare Kratzer. Die Roboter wandten sich ab, schlossen sich der überwiegenden Zahl an, die gegen die Kantinentür anrannten, stießen einige Modelle zur Seite, die sich wiederum der Glasfront widmeten.

      Ein scheinbar ewiger Kreislauf, der bizarr, fast komödiantisch hätte anmuten können, wenn er nicht tödlicher Ernst gewesen wäre.

      Dennoch machte das chaotische Vorgehen der Roboter Farye eines klar: Gorin Palottas Einfluss auf die Positronik war nicht allzu ausgeklügelt. Ihm war es nur darum gegangen, Chaos zu stiften. Die Folgen scherten ihn nicht. Der Zweck heiligte die Mittel, zumindest seiner Ansicht nach.

      »Die Barrikade wird nicht mehr lange standhalten«, sagte Joel Palotta.

      Zwischen den Körpern der Chirurgenroboter sah nun auch Farye, was der TLD-Agent meinte.

      Die Tür, eine Glasplatte, die bei Annäherung zur Seite glitt, stand offen. Irgendwie war es den Ärzten und Patienten gelungen, die Lücke mit Tischen, Stühlen, Schränkchen und sogar Tabletts und Tischdecken einigermaßen zu verschließen. Immer wieder schafften Leute aus dem hinteren Bereich der Kantine weiteres Material heran, während andere sich mit aller Kraft gegen die Barriere stemmten.

      Noch hielt sie stand, während die Vibroskalpelle Holzsplitter aus den Tischplatten rissen, die zur Seite zischten wie winzige Pfeile.

      Und mit einem Mal entdeckten die Roboter, dass es andere Ziele gab – Farye, Silverman und Palotta. Wie auf einen gemeinsamen Befehl wandten sie sich um und stürmten den neuen Opfern entgegen.

      Der TLD-Direktor feuerte als Erster, traf ein Modell genau in den Brustkorb. Das Metall zerplatzte, die Maschine hob vom Boden ab, flog rückwärts, riss einen zweiten mechanischen Angreifer mit sich.

      Joel Palotta schoss ebenfalls. Ein Roboter explodierte. Ein Trümmerteil schmetterte in das blutige Wasser des Springbrunnens, und eine Welle schwappte aus dem Bassin.

      Aus einem der anderen Sterngänge strömten weitere baugleiche Modelle – zehn, zwanzig von ihnen, begleitet von einem wuchtigen Lagerroboter, dessen Schritte stampften. Einzeln bildeten sie für Silverman, Palotta und Farye keine ernst zu nehmenden Gegner ... aber in dieser Menge konnten sie alles überrennen.

      Die beiden TLD-Leute feuerten, zerstörten einige Angreifer, doch die meisten kamen näher. Und der Lagerroboter rannte gegen die Barriere an, die unter dem Ansturm des Kolosses brach. Aus der Kantine tönten Schreie.

      Farye sah mit einem Mal die Lösung. Vielleicht war es auch nur eine verrückte Idee. Es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie hob ihre Waffe, zielte – aber nicht auf die Flut der Maschinen.

      Ihr Ziel lag höher.

      Die Glaskuppel an der Decke über dem Springbrunnen hing an mehreren Stahlseilen. Sie visierte die Seile an und schoss.

      Das erste Seil zerplatzte mit einem kreischenden Sirren; die Enden zischten durch die Luft. Dann das zweite, das dritte. Die Kuppel baumelte nur noch an einem einzigen Seil – und sauste dann wie ein gewaltiges Pendel hinab. Sie fuhr in die Menge der Roboter, fegte sie beiseite, zerschmetterte etliche.

      »In die Kantine!«, rief Farye.

      Sloud Silverman folgte ihr sofort, Joel Palotta verharrte wie angewurzelt und starrte fassungslos auf die Glaskuppel, die zurückschwang und weitere Maschinen zermalmte.

      Dann schien alles zu gefrieren.

      Nur die Kuppel pendelte noch immer. Sämtliche Roboter jedoch erstarrten.

      »Farye«, hörte sie Ricos Stimme. »Ammun-Si hat seine Vollmachten zurück.«

      Sie blieb stehen, merkte, dass ihre Arme zitterten, als die Anspannung von ihr abfiel.

      »Ja«, sagte sie. »Bestätige.«

      4.

      Ein Traumspiel (11)

      Um mich tobt der Lärm eines Kampfes. Ich höre Schüsse, Schreie, sehe einen TARA-C an der Sichtscheibe des Alkovens vorbeijagen. Dann schaut mich ein Gesicht an, eine Frau. Ich kenne sie – Ghizlane Madouni, die Kommandantin unseres Flaggschiffs.

      Was ist passiert? Wer hat die Klinik überfallen und ...

      Nein.

      Nicht die Klinik. Das Stück der Umgebung, das ich erkennen kann, gehört nicht zu dem Hochsicherheitsraum in der Maurits-Vingaden-Klinik, in dem ich in den Suspensionsalkoven gestiegen bin. Und das macht alles noch weitaus rätselhafter.

      Der Alkoven wurde entfernt? Wie ist das möglich?

      Kommandantin Madouni verschwindet aus meiner Sicht, ich höre weitere Schüsse, einen Fluch. Jemand tritt an die Sichtscheibe, öffnet sie. Meine Liege fährt nach außen, ich kann es nicht verhindern. Ich habe das Gesicht des Mannes, der mich erwartet, schon einmal gesehen, auch wenn mir sein Name nicht einfällt. Er ist TLD-Agent.

      Und er richtet eine Waffe auf mich, was augenblicklich jede Hoffnung zerstört.

      Seine Worte sind eindeutig: »Eine falsche Bewegung, und du bist tot. Dann also auf diese Weise, Adams!«

      Ich versuche zu verstehen, was sich abgespielt hat. Mehrere Szenarien blitzen in mir auf, aber ehe ich nachdenken oder auch nur eine Frage stellen kann, verfärbt sich alles grün.

      Der