Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)


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den letzten klaren Gedanken gehe ich davon aus, dass der gesamte Alkoven entführt worden ist, und dass ich deshalb zu früh aus der Suspension zurückgekehrt bin. Der Zellaktivator wird noch nicht funktionieren, und während ich hier liege, vergeht womöglich zu viel Zeit.

      Ich könnte sterben.

      Einfach so.

      Ohne etwas tun zu können.

      Dann tauche ich ins Meer der Träume, und alle rationalen Gedanken, alle Ängste, treiben in den Fluten davon.

      *

      »Peran-Gord hat sich gemeldet«, sagte Resident Tomasso Coen. Es blieben wenige Stunden bis zum geplanten Beginn des Treffens.

      Homer G. Adams hielt sich noch immer in Neu-Atlantis auf, inzwischen gemeinsam mit dem topsidischen Wissenschaftler Carmo-Wirktar und den beiden Yura, jedoch nicht länger in der Unterwasserkuppel der Technikschmiede. Sie waren aufgetaucht, und mehr als das, denn sie standen auf der jadegrün verkleideten Dachterrasse des neuen Rathauses, das die Gebäude des quirligen – oder überfüllten – Stadtteils Neu-Laktranor überragte. Der Blick reichte bis zum Meer, das den Horizont erfüllte.

      Die zwei Fremdwesen verhielten sich still, kauerten sich abseits in den Schatten eines gewaltigen, Sonnenenergie speichernden Kristallsegels und tranken Unmengen Wasser. Bei den ersten Uneinigkeiten war es geblieben – nur ein Yura erklärte sich bereit, an dem Treffen mit der Topsider-Delegation teilzunehmen. Der zweite weigerte sich, hatte seinen Artgenossen jedoch begleitet, um ihm bis zum Beginn beizustehen und ihm Trost zuzusprechen.

      Resident Coen stand als lebensgroßes Holo zwischen Adams und Carmo-Wirktar. Es wirkte, als wäre er tatsächlich anwesend, solange die Sonne nicht in einem bestimmten Winkel auf ihn fiel; dann schimmerte das hinter ihm liegende Geländer durch seinen Brustkorb.

      »Peran-Gord«, wiederholte der Advisor, und ihm schwante Übles. »Was hat die Militärkommandantin des Sternengeleges uns mitzuteilen?«

      »Du klingst, als würde es dich nicht überraschen, dass ich dir eine schlechte Nachricht bringe«, stellte Tomasso Coen fest.

      »Habe ich meine Gefühle so wenig unter Kontrolle?«

      »Ich kenne dich zu lange und zu gut, Advisor, als dass du mir etwas vormachen könntest.«

      »Also – wie schlimm ist es?«

      »Sagen wir es so, ich wäre in der Lage, mir eine noch ungünstigere Wendung auszudenken.«

      »Immerhin.«

      »Nachdem Peran-Gord das Treffen ja bereits vorverlegt hat, um unsere Vorbereitungen zu sabotieren, besteht sie nun auf einer Verlegung des Treffpunkts.«

      »Mit welchem Argument?«, fragte Adams.

      »Ohne jede Begründung«, sagte der Resident. »Und sie klang nicht so, als hätte sie deswegen ein schlechtes Gewissen.«

      »Selbstverständlich nicht«, sagte Carmo-Wirktar. »Warum sollte sie das? Sie sieht sich als die Überlegene an, die die Bedingungen diktiert, wie es ihr gefällt.«

      »Was nichts daran ändert, dass die zweite Partei, also wir, ebenfalls Rechte hat«, meinte Coen.

      »Wäre dies ein Treffen zwischen verfeindeten Terranern – ja. Topsider jedoch denken anders.« Der Mathelogiker hob einen Arm und deutete mit ausgestreckten Krallen auf das holografische Gesicht. »Hast du zugestimmt?«

      »Ich habe mich verleugnen lassen«, antwortete der Resident. »Mit der Ankündigung, in einer halben Stunde Rückmeldung zu geben.«

      »Also bleiben noch einige Minuten«, stellte der Topsider fest. »Sehr gut. Nimm die Bedingungen an.«

      »Was denkst du, Advisor?«, fragte Coen.

      Adams musste nicht lange nachdenken. »Mein Rat ist in dieser Situation eindeutig. Hör auf unseren topsidischen Vermittler. Es sei denn ...«

      Ein Gleiter zog hinter dem Holo vorüber. »Ja?«

      »Welchen Treffpunkt schlägt Peran-Gord vor?«

      »Sie schlägt nichts vor«, mischte sich Carmo-Wirktar ein. »Sie fordert. Gewöhnt euch an diese Vorstellung und Formulierung, um sie besser einschätzen zu können.«

      Adams nickte beiläufig. »Also?«

      »Sie will das Treffen auf den Mars verlegen, nach Skiaparelli. Den genauen Ort überlässt sie gnädigerweise uns.«

      »Womit sie all unsere Sicherheitsvorkehrungen und Vorbereitungen aushebelt«, formulierte der Advisor das Offensichtliche. »Meine Empfehlung: Funk sie an. Umgehend. Früher als erwartet. Stell das als Entgegenkommen dar – sie hat zweifellos begriffen, dass du dich verleugnen lässt, um ihre Forderung mit deinen Beratern zu diskutieren. Wenn du dich rasch meldest, beweist du, dass wir bereit sind, auf sie einzugehen. Frag sie, warum sie ausgerechnet Skiaparelli wählt ... und dann stimm zu, egal, was sie antwortet.«

      Er drehte sich zu Carmo-Wirktar um. Der Wissenschaftler widersprach nicht.

      Tomasso Coen stimmte also zu und ließ die Schaltung zur jadegrünen Dachterrasse bestehen, während er eine Verbindung zum Schlachtkreuzer der Topsider aufbaute.

      Allerdings konnte Peran-Gord nur den Residenten sehen, die anderen blieben vor ihr verborgen. Sie nahm das Gespräch in der Zentrale ihres Schiffes an. Hinter ihr stand eine Säule, an der sich ein graugrünes Flechtengewächs in die Höhe rankte. Vereinzelt leuchteten rötliche, beerenartige Früchte darin.

      »Terraner?«, sagte die Kommandantin.

      »Ich bedaure, dass ich nicht in der Lage war, deinen Anruf direkt anzunehmen«, setzte Coen an, »und freue mich, dass ich schneller als erwartet ...«

      »Spar dir das. Was hast du mir zu sagen?«

      Der Resident ließ sich durch die forsche Art nicht aus der Ruhe bringen. »Du schlägst vor, dass das Treffen in Skiaparelli stattfinden soll.«

      Carmo-Wirktar gab einen unwilligen Ton von sich, den zwar Adams und der Resident, nicht jedoch die Topsiderin hören konnte.

      »Dein Wunsch«, fuhr Coen fort, und in dem letzten Wort lag deutlich hörbarer Trotz, »überrascht mich. Kannst du erklären, weshalb du Terra als Treffpunkt plötzlich ablehnst?«

      »Wenn es dich so sehr interessiert«, sagte Peran-Gord, »will ich deine Neugierde stillen. Ich weiß, wie stark Terraner von dieser eitlen Triebfeder bestimmt werden. Einer eurer zahllosen Fehler.«

      Auf diese Provokation ging Coen nicht ein, sondern schwieg vielsagend.

      »Über dem Planeten, den ihr Mars nennt, fand die erste Begegnung zwischen unseren Völkern statt. Genauer gesagt, bei der entstehenden Stadt Skiaparelli. Könnte es einen besseren Ort für eine erneute Zusammenkunft geben?«

      Die erste Begegnung. So würde Adams die damaligen Ereignisse nicht bezeichnen, als ein Kriegsschiff der Echsen unangekündigt aufgetaucht war und die Schutzkuppel über den wenigen Gebäuden beschossen hatte.

      »Diese Idee werte ich als Geste für eine gute kommende Zusammenarbeit«, sagte Coen, »und begrüße sie ausdrücklich. Das Treffen wird dort stattfinden. Ich wähle einen passenden Ort und erwarte dich und deine Delegation.«

      Peran-Gord sah ihn aus rot leuchtenden, unlesbaren Augen an. Ärgerte sie sich darüber, welche Wendung er ihrer Forderung gegeben hatte? Oder spielte es für sie keine Rolle?

      »Zwölf Uhr eurer Standardzeit«, sagte die Topsiderin. »Wir reisen mit einem Beiboot von sechzehn Meter Länge an. Sorg für einen geeigneten Landeplatz.«

      Coen lächelte, und er brachte es sogar fertig, dass es seinen Blick erreichte. Ob sie die menschliche Mimik wohl zu deuten verstand?

      »Selbstverständlich«, sagte er.

      *

      Homer G. Adams dachte an die Anfänge der Stadt Skiaparelli zurück, als das erste hiesige Topsiderschiff