Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)


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Ich habe sein Versteck leider noch nicht entdeckt. Er scheint keinen Wert darauf zu legen, mit anderen Geflüchteten Kontakt aufzunehmen.«

      »Was durchaus seine Vorteile für meine Pläne haben kann.« Onker Dou überlegte. »Tolot ist nicht gerade für seine Unauffälligkeit bekannt. Die VECU wird ihn als Unruhestifter identifizieren und sich auf die Suche nach ihm konzentrieren. ANANSI ebenso.«

      »Du begehst einen Fehler, Onker. Weder die Semitronik noch die Superintelligenz denken eingleisig. Für die beiden ist die Suche nach Icho Tolot bloß ein winziger Nebenaspekt ihrer, nun ja, Zusammenarbeit.«

      »Ich weiß. Aber wenn nun der Haluter mit lautem Getöse durch die RAS TSCHUBAI jagt und so viel Aufsehen wie möglich erregt ...«

      »Du meinst wie ein Elefant im Porzellanladen?«

      »Ist das ein posbisches Sprichwort?«

      »Ein altterranisches. Es bedeutet so viel wie ...«

      »Ich kann es mir denken, Gustav. – Du musst Tolot ausfindig machen, bevor ANANSI ihn entdeckt.«

      »Ich tue mein Bestes, Onker. Ehrlich gesagt habe ich gehörig Probleme, meine Ziele vor ANANSI zu verbergen. Die Semitronik ist schließlich zu einem Teil unser Kind. Sie versteht unsere Denkweise. Ihr Zellplasma, die hypertoyktische Verzahnung und der Bioponblock stammen von der Hundertsonnenwelt.«

      »Willst du damit sagen, dass du über kurz oder lang als Verbündeter ausfallen wirst?«

      »Ich weiß es nicht. ANANSI ist ein komplexes Rechnergeschöpf. Sie ist weitaus komplizierter als wir Posbis. Die Semitronik wehrt sich einerseits auf sublimer Ebene gegen die VECU. Andererseits unterstützt sie die Superintelligenz.«

      »Glaubst du, dass ANANSI durchdrehen könnte?«

      »Möglich wäre es. Aber damit sind wir bei den guten Nachrichten. Lerva Onteren konnte entkommen, die zweite Betreuerin ANANSIS. Auch Yüs Ghysar, Betreuer des Logikprogrammverbunds.«

      »Und du weißt, wo sich die beiden aufhalten?«

      »Schrei nicht so laut, Onker! Meine Funkempfänger ...«

      »Ich habe keine Zeit für deine Späße, Gustav. Sag mir, wo sich die beiden versteckt halten.«

      »Ich sorge dafür, dass man sie zu dir in den Raum der Beschaulichkeit bringt.«

      »Wie das?«

      »Nemetz I und Nemetz II kümmern sich darum.«

      »So leid es mir tut, aber ich kenne deine beiden Kollegen nicht.«

      »Sie sind wandelnde Werkzeugkoffer. Eineinhalb mal so breit und einen Meter größer als du. Sie sind derzeit mit Reparaturen auf Hauptdeck 18 beschäftigt. Im Inneren ihres Leibes ist ausreichend Platz für eine Arkonidin und einen Gataser.

      Die beiden Nemetze sind nicht die Allerklügsten; sie kommen nicht einmal mit dem fünfdimensionalen Höhenwertsatz zurecht, und erst recht wissen sie nicht, wie man ein Conchal-Modul mit Strukturfeldprojektoren synchronisiert. Du meine Güte! Kannst du dir vorstellen, wie dumm die beiden wirklich sind?«

      Das war Gustav in Reinkultur. Geschwätzig, überheblich und nicht zu stoppen, wenn er einmal in Fahrt kam.

      »Lass Onteren und Ghysar so rasch wie möglich zu mir schaffen, Gustav«, sagte Dou geduldig.

      Die Verbindung endete abrupt, Onker Dou war erneut von der Umwelt abgeschnitten.

      Rings um ihn erklangen sonderbare Geräusche. Rohre und Leitungen wanden sich und drehten sich gegeneinander. Zwischen zwei vernieteten Anschlussstücken quoll ölige Flüssigkeit hervor. Sie versickerte zwischen den Bodenelementen.

      Täuschte sich Dou, oder rückten die Wände des Raums immer näher?

      *

      Er bekam die beiden Nemetze nicht zu Gesicht. Die Werkzeugschrank-Posbis waren viel zu breit gebaut, um in den Raum der Beschaulichkeit vordringen zu können.

      Tote Enden einiger Röhrensysteme öffneten sich abrupt; sie transportierten Stimmen, die von überallher zu kommen schienen. Das Zirpen des Gatasers glitt immer wieder in den Bereich jenseits der 20 Kilohertz und wurde damit unhörbar für Dou. Ghysar schien hochgradig nervös zu sein.

      Lerva Onteren hingegen klang ruhig und sonor wie stets.

      Dou wartete geduldig. Nach langen Minuten erreichten die beiden so unterschiedlichen Wesen den Raum der Beschaulichkeit. Ein Teil der Röhren fiel nach unten weg, Onteren und Ghysar stolperten ins Innere. Sie blickten sich unsicher um, wobei der Gataser kaum den Kopf zu drehen brauchte. Mit seinen vier Augen, die verteilt über den Rand seines Tellerkopfs saßen, überblickte er den Raum fast zur Gänze.

      »Das ist also die Zentrale des Widerstands gegen ANANSI und die VECU«, piepste Yüs Ghysar statt einer Begrüßung. »Wie heimelig.«

      »Bitte erspar mir deinen Zynismus, Yüs. Ich bin froh, euch zu sehen.«

      Ja, das war er wirklich. Die sonderbare Umgebung drückte ansonsten auf sein Gemüt drückte. Nun hatte er jemanden, mit dem er sich unterhalten, sich austauschen konnte.

      Onteren trug wie immer einen hautengen Anzug mit Kapuze, der mit technischem Krimskrams versehen war und ihr normalerweise bei der Kommunikation mit ANANSI half. Ihr langes, weißes Haar hatte sie zu einem dünnen Zopf zusammengefasst. Ghysar hatte einen Schutzanzug übergezogen, der der Körperform eines Gatasers angepasst war. Den Falthelm hielt er offen, an seinen dünnen Oberschenkeln klebten mehrere Analysegeräte. Ohne sie war Ghysar kaum einmal anzutreffen.

      »... wir waren in unmittelbarer Nähe zu ANANSIS Kugel auf Deck 16-07«, erzählte der Gataser, »als wir die VECU erstmals hörten.«

      »Wir versteckten uns bei der erstbesten Möglichkeit in einem toten Winkel der Semitronik, den wir in Zusammenhang mit dem Krisenfall Philippi definiert hatten«, ergänzte Onteren und verzog dabei das Gesicht. »Ich hätte niemals gedacht, dass wir Philippi jemals brauchen würden. ANANSI schien so sicher und so voll Selbstvertrauen. Nach all den Krisen früherer Jahre haben wir alle Schutzvorkehrungen verbessert und vor allem ihr Selbstbewusstsein gestärkt. Und dennoch ...«

      »Die VECU ist nun mal ein höheres Wesen. Wie sollte ANANSI gegen eine Superintelligenz bestehen? Es war gut, dass wir den Krisenfall Philippi definiert haben.«

      »Es fühlt sich trotzdem so an, als würden wir die Semitronik verraten«, sagte Ghysar und zog den Halsmund weit nach unten, als Ausdruck seines Bedauerns.

      »Noch einmal: Es war gut, dass ihr diesen toten Winkel geschaffen habt und euch verstecken konntet. Aber kommen wir zum eigentlichen Problem. ANANSI ist ein hochgezüchteter Rechner, der die RAS TSCHUBAI fast völlig beherrscht. Sie stellt eine immense Gefahr für die Besatzungsmitglieder dar.«

      »Sie wird von der VECU unterjocht«, verbesserte ihn Onteren. »ANANSI wehrt sich, so gut sie kann.«

      »Das bedeutet?«

      »Das bedeutet, dass sie nach wie vor um den Einfluss in der RAS TSCHUBAI kämpft«, antwortete Ghysar. »Ich konnte, als die VECU das Schiff übernahm, eines der biopositronischen-hyperinpotronischen Großrechnernetze aus dem achtteiligen Verbund lösen. Einer der Plasmakoordinatoren arbeitet also autark.«

      »Wie reagiert die VECU?«

      »Sie attackiert das darin angehäufte Zellplasma. Sie macht es auf eine subtile Art und Weise. Schleichend, still und leise. Aber noch leistet dieses eine Teilnetz Widerstand.«

      »Können wir mithilfe dieses Großrechners ANANSI zurückgewinnen?«

      »Nein«, antwortete Onteren. »Wir können Zeit gewinnen, Widerstand auf niedrigem Niveau leisten und die VECU verunsichern.«

      »Das ist zu wenig, Lerva!«

      »Woher willst du das wissen? Bis jetzt kennen wir die Ziele der Superintelligenz nicht. Wenn wir ihr deutlich machen, dass die RAS TSCHUBAI nicht hundertprozentig einsatzbereit ist,