»Vielleicht. Aber ich werde ihn erst aus der Hand geben, wenn ich ihn nicht mehr als Druckmittel in diesem Krieg brauche.«
»Wäre es nicht schlauer, ihn umgehend verschwinden zu lassen? Wenn du ihn festhältst und ihm offen den Prozess machst, fordert das nur Rettungsaktionen heraus. Es wird durchsickern, wo du ihn festhältst, und dann werden sie mit der gleichen List und Tücke vorgehen, mit der sie dir beim ersten Mal einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Wenn aber der Kopf der gegnerischen Flotte einfach verschwindet ...«
»... werden sie unsicher sein«, beendete da Nardonn den Gedankengang. »Das hat etwas für sich.«
»Aber wenn du ihn den Ladhonen übergibst, könnte es sein, dass sie ihr Ziel erreicht haben und dir nicht mehr als Verbündete zur Verfügung stehen.«
»Was also schlägst du vor, Pethora?«
Sie hob die Augenbrauen. »Sollten wir das nicht lieber unter uns besprechen?«
Da Nardonn sah zu den wartenden Soldaten. »Sichert die Gänge!«, befahl er und zog sich mit Pethora ein paar Schritte zurück, während ter Kerusan die Leute verteilte und detailliertere Anweisungen gab. »Also?«
11.
Pirouette
Pethora schenkte da Nardonn einen Augenaufschlag, der für einen kurzen Moment seine Selbstkontrolle überwand und Blut an Stellen pumpte, wo es im Moment nichts zu suchen hatte.
»Es heißt in unseren Kreisen, die Cairaner hätten ein erkleckliches Kopfgeld auf den Mascanten ausgesetzt. Und die Cairaner sind dafür bekannt, Dinge äußerst diskret behandeln zu können.«
»Ich bin nicht an Geld interessiert.«
Sie lächelte dünn. »Du vielleicht nicht. Wir aber durchaus. Und wir wären dir ein Leben lang dankbar für die edle Geste, es uns zu überlassen – oder das, was die Cairaner sonst als Belohnung anbieten könnten.«
Da Nardonn runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
»Mein Bruder und ich sind in eine gewisse ... Abhängigkeit geraten. Eine Abhängigkeit von Stoffen, die uns nur die Cairaner geben können. Eine Zeit lang können wir immer wieder frei agieren, aber früher oder später sind wir stets gezwungen, Aufträge für sie zu erledigen. All unsere bisherigen Versuche, Alternativen zu finden, waren ergebnislos. Wenn wir aber den Mascanten bringen würden, würde uns das einen lebenslangen Vorrat sichern.«
»Und was hätte ich von eurer Dankbarkeit? Ihr mögt gute Söldner sein, aber ich habe eine Menge guter Leute in meinen Reihen, und bislang stecht ihr nicht sonderlich heraus.«
Sie senkte die Lider ein wenig und streckte den Oberkörper, was ihm die Kontrolle seiner körperlichen Reaktionen erneut erschwerte. »Nun, zum einen könntest du die Kontrolle über diesen Stoff übernehmen und dich dadurch unserer Loyalität auf eine Weise sichern, wie es dir bei keinem anderen möglich ist. Wir würden buchstäblich alles dafür tun, einen gesicherten Vorrat dieser Substanz zu erhalten – jedem Auftrag nachkommen, jeden Verrat begehen. Wir würden dir gehören.«
Ein Schauer überlief da Nardonn bei dem Gedanken. Trotzdem zwang er sich, zu sagen: »Reizvoll, aber nicht genug. Du musst schon mehr bieten.«
»Nun ...« Sie verlagerte ihr Gewicht in einer geschmeidigen Bewegung von einem Bein auf das andere. »Diese Substanz verleiht uns besondere Fähigkeiten, die uns allen anderen Kämpfern überlegen machen. Genügt das?«
»Zeig es mir!«
Sie lachte leise. »Glaubst du, ich würde diesen Vorschlag machen, wenn wir noch einen unbegrenzten Vorrat hätten? Jeder Einsatz verringert das bisschen, das wir noch haben. Nein, für eine reine Demonstration ist mir das zu wertvoll. Aber vielleicht kommst du bei der Erstürmung der Zentrale in den Genuss, es zu sehen. Achte auf ungewöhnliche Ereignisse.«
»Das werde ich. Aber jetzt müssen wir weiter.« Erst bei diesen Worten wurde ihm bewusst, dass sie schon wieder Zeit verloren hatten. Der Vorstoß hätte ohne Verzögerung ablaufen müssen, so zügig, wie es die Beseitigung möglicher Hindernisse zuließ.
Stattdessen hatten sie wertvolle Augenblicke mit diesem Gespräch verloren. Andererseits war es nachvollziehbar, dass Pethora die Sache geklärt haben wollte, bevor sie den Kontrollraum erreichten. Er konnte sich trotzdem eines instinktiven Misstrauens nicht erwehren – und bislang hatte er sich recht gut auf seine Instinkte verlassen können.
Pethora nickte – eine seltsame Geste für eine Arkonidin, fand da Nardonn. Sie wies auf einen der Gänge. »Dort entlang.«
Er rief die Truppmitglieder zusammen, und die Söldnerin übernahm wieder die Führung.
*
»Was war denn das?«, fragte Gucky mit einem missbilligenden Blick auf das Akustikfeld.
Salkis hatte die vom Horchspion übertragene Unterhaltung ebenfalls verfolgt und konnte die Irritation des Ilts verstehen. Wovon hatte die Arkonidin da gesprochen, und weshalb hatte sie da Nardonn mit der Nase darauf gestoßen, dass Atlan auf dem Planeten war?
Atlan zuckte die Achseln. »Eine Lüge ist umso besser, je näher sie an der Wahrheit liegt.«
»Das lag aber verdammt dicht an der Wahrheit«, erwiderte Gucky. »Unnötig nah. Wie kommt sie dazu, da Nardonn auf die Idee zu bringen, dass du hier wärest?«
»Das war tatsächlich meine Idee. Unter bestimmten Umständen sollte sie diese Behauptung verwenden, um da Nardonn aus dem Konzept zu bringen. Vergiss nicht, wir müssen nach wie vor Zeit gewinnen. Wenn sie den Kontrollraum erreichen, bevor die TARTS da ist, haben wir ein Problem.«
»Und deswegen breitet sie ihre Lebensgeschichte vor dem Mann aus? Also, für mich klingt das, was sie gesagt hat, sehr danach, dass sie einen neuen Ausweg aus ihrer Situation sucht. Wer weiß, ob die Ärzte auf Rudyn rechtzeitig eine Lösung für ihr Problem finden, falls überhaupt. Wenn es nicht klappt, sind die Cairaner ihr einziger Ausweg.«
»Wollte Dancer uns tatsächlich verraten, hätte sie wohl kaum die Übertragung mitlaufen lassen. Sie hätte Mittel und Wege gefunden, sich der Überwachung zu entziehen. Eher will sie uns zeigen, was sein könnte, wenn sie nicht loyal wären, damit wir ihre Loyalität zu schätzen wissen.«
»Es könnte auch sein, dass sie uns genau das vorgaukeln will«, wandte Gucky ein. »Was sagt eigentlich dein Extrasinn dazu? Hat er dich etwa noch nicht als Narren beschimpft?«
Atlan antwortete nichts, und nun glaubte Salkis doch, einen Anflug von Besorgnis in seiner Miene zu lesen. Dann aber beendete er die Diskussion mit einer entschiedenen Geste.
»Egal wie die Dinge liegen, wir müssen es laufen lassen. Selbst wenn dein Misstrauen berechtigt sein sollte, haben wir genug Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Vorerst ziehe ich es aber vor, den beiden zu vertrauen.«
In Salkis blieb ein Gefühl der Unsicherheit zurück. Sie hatte von Gucky erfahren, dass die nur als Arkoniden getarnten Geschwister Kopfgeldjäger gewesen waren, die im Auftrag der Cairaner Jagd auf Perry Rhodan gemacht hatten, ehe sie übergelaufen waren. Was, wenn Gucky recht hatte und sie lediglich ein viel subtileres Spiel spielten als zuvor? Und wenn ihr Ziel auf einmal Atlan war?
Salkis mochte es sich nicht ausmalen.
*
Da Nardonn hatte ein noch vorsichtigeres Vorgehen gefordert. Jede Gangbiegung, jede Nische konnte einen Hinterhalt bedeuten, wenn tatsächlich der Mascant hinter dem Widerstand in der Werft steckte.
Pethoras Vermutung ließ ihn nicht mehr los, auch wenn er ein gewisses Misstrauen nicht abschütteln konnte. Allein dieses Nicken, diese unbewusste, aber urterranische Geste ... was, wenn er sich mit den Geschwistern eine Tornimade ins Fleisch gesetzt hatte?
Andererseits durfte er eine Geste nicht überbewerten. Es gab immer wieder Kreise, die es schick fanden, solche fremdartigen Gesten zu übernehmen und zu kultivieren, um sich abzusetzen. Sie leistete bislang unbestreitbar gute Arbeit, und am Plan