Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)


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nahm Haltung an. »Entschuldige, Kommandantin, die Begeisterung ist mit mir durchgegangen.«

      »Gib unserem Gast eine Kurzeinführung.« Sie wies auf Farye.

      »Länge über alles«, begann der Techniker, »zweiundzwanzig Meter. Spannweite fünfzehn Meter, drei einfahrbare Landestützen. Abflugmasse von fünfundsiebzig Tonnen. Impulstriebwerke plus Stützmassetanks finden sich in den Flügeln, maximale Beschleunigung liegt bei fünfundsechzig Kilometern pro Sekundenquadrat.«

      Während er diese Werte herunterrasselte, führte er Farye zum Rumpf und öffnete den Einstieg.

      Ghizlane blieb zurück und gönnte sich einen Moment der Ruhe. Wie erwartet, ließ es sich Torr Nishal nicht nehmen, Rhodans Enkelin auf Schritt und Tritt zu begleiten. Nun stieg der Sicherheitschef mit ihr und dem Techniker ein. Auf einen zweiten Bewacher hatte er verzichtet, was den Flug etwas angenehmer machen würde. Zu viert herrschte große Enge in der Cockpitkanzel des Raumjägers.

      Ghizlane fragte sich, ob die Entscheidung richtig gewesen war, Faryes Wunsch zu erfüllen. Sie hoffte dadurch das Team besser einschätzen zu können. Die Fähigkeiten der beiden unbekannten Teammitglieder – diese Mulholland, falls sie tatsächlich eine Frau war, und des Mannes namens Tergén – konnte sie nicht beurteilen.

      Die unverhoffte Chance, wenigstens Rhodans Enkelin etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, wollte sie sich darum nicht entgehen lassen. Die Residentin wartete auf ihren Bericht, den sie NATHANS Einschätzung hinzufügen würde.

      Für sich selbst hatte Ghizlane allerdings bereits eine Entscheidung gefällt. Die kurze Begegnung mit Rhodan hatte sie überzeugt, dass er auf der richtigen Seite stand. Auf derjenigen der Terraner nämlich.

      Mit ihrem Bauchgefühl durfte sie in ihrem Bericht jedoch nicht argumentieren. Es gab die Zeit, Ghizlane zu sein, und es gab die Rolle der Kommandantin des Liga-Flaggschiffs.

      Im Umgang mit Rhodan hatte sie zu ihrem eigenen Erstaunen zuletzt beides vermischt. So trat sie nur wenigen Menschen gegenüber auf, denjenigen, denen sie vertraute. Dennoch – was sie als Privatmensch fühlte, diente noch lange nicht als gutes Argument im Rahmen ihrer offiziellen Position.

      Der Techniker verließ den Raumjäger schneller als erwartet. »Alles bereit, Kommandantin«, teilte er mit. »Farye hat eine verblüffende Auffassungsgabe bewiesen. Als ich ihr die Steuerung erklärte, hat sie intuitiv die Technologie verstanden. Sie meinte, sie habe schon viele Schiffe geflogen, und obwohl sie die MASCER-Klasse nicht kennt, wäre der Jäger eben ... terranisch.«

      »Wird sie damit zurechtkommen?«

      »Meiner Meinung nach so gut wie unsere besten Piloten. Wenn sie dort draußen auch nur annähernd so viel Gefühl für die Maschine hat, wie ich es erwarte, kann sie die schwierigsten Manöver fliegen. Ich werde den Hangar öffnen, sowie ihr euch dem Ausgang nähert.«

      Ghizlane bedankte sich und stieg nun ebenfalls in den MASCER-Jäger. Sie nahm die wenigen Stufen zur Cockpitkanzel. Die gläserne Kuppel – selbstverständlich kein Glas, aber völlig durchsichtig – wölbte sich darüber. Noch sah man dadurch nur die Wände und Decke des Hangars sowie eine Staffel weiterer, geparkter Raumjäger.

      Der Sicherheitschef saß hinter Farye, Ghizlane nahm auf dem Copilotensitz Platz.

      »Ich starte«, kündigte Rhodans Enkelin an. Ihre Hände glitten über die Sensorfelder der Steuerelemente, als hätte sie nie etwas anderes getan. Als sie aus dem Hangar flogen, wechselte sie auf die Steuerknüppel, ohne hinsehen zu müssen. Sie beschleunigte und raste in einer leichten Kurve von der ORATIO ANDOLFI weg, deren gewaltiger Kugelleib zur Seite wegzukippen schien.

      Dahinter kam das Schwarz des Alls in Sicht, scheinbar endlos. In der Ferne, nur winzige Lichtpunkte, glitzerten unerreichbare Sterne.

      Unerreichbar ...

      Früher, vor der Versetzung, war das anders gewesen, Fernreisen bei Weitem nicht so mühevoll und der Linearraum nicht voller Eisberge, die jeden Flug durch das Labyrinth so sehr erschwerten. Ganz zu schweigen davon, dass eine Etappe von gerade mal fünfundzwanzig Lichtjahren geradezu lächerlich gering gewesen war.

      Aber früher, das hieß in diesem Fall vor fast fünfhundert Jahren, und Ghizlane hatte darüber noch nie zuvor so wehmütig nachgedacht.

      In der Tat, Rhodans Ankunft veränderte das Denken.

      Dennoch – die Frau, die neben ihr auf dem Pilotensitz saß und den Jäger traumwandlerisch sicher steuerte, hatte diese Zeiten erlebt. Weil sie den größten Teil dieses halben Jahrtausends in Suspension verbracht hatte, wie Ghizlane inzwischen wusste.

      »Der Techniker hat erwähnt«, sagte Farye, »dass die MASCER-Klasse erst im Nahkampf ihre vollen Qualitäten ausspielen kann. Gab es denn ... Kriege?«

      Ghizlane überlegte, wie offen sie sein durfte. Aber derlei Informationen konnten sich Rhodan und sein Team leicht beschaffen – die grundlegende gemeinsame Geschichte mit den Topsidern war kein Geheimnis.

      »Vor etwa hundert Jahren drohten die schwelenden Konflikte mit den Topsidern zu eskalieren«, sagte sie. »Es kam immer wieder zu einzelnen Raumschlachten. Kein echter Krieg, aber diverse Schlachtfelder.«

      »In denen sich die Raumjäger bewährt haben und man ihre Technologie angepasst hat«, vermutete Farye. Sie zog in eine enge Kurve, und kurz tauchte der gleißende Ball von Sol auf, ehe, weitaus näher, Terra über die Sichtkuppel wanderte, blau und weiß, wunderschön.

      Farye gönnte ihnen – und sich selbst – den Anblick nicht lange, sondern steuerte ihr eigentliches Ziel an. Luna näherte sich. »Wie hatte sich die Lage beruhigt? Das ... ich meine, das hat sie doch, oder?«

      »Der Konflikt schwelt stärker unter der Oberfläche, ja. Die Gelegemutter hatte sich mit dem damaligen Residenten getroffen und die Entsendung einer ständigen Botschafterin beschlossen. – Und nun steuere die Rückseite des Mondes an. NATHAN sendet einen Leitstrahl ... aber du wirst das Ylatorium schwerlich übersehen können.«

      Als sie sich ihrem Ziel näherten, stieß Farye einen erstickten Laut aus. »Was – was ist das?«

      »Sagte ich es nicht? Das Ylatorium ist auffällig.«

      Durch die Sichtkuppel blickten sie direkt auf das riesige, lodernd brennende Zentralgebäude in NATHANS experimenteller Siedlung.

      *

      So viele Welten Perry Rhodan besucht hatte, kein Anblick glich dem von Terra. Ihm war klar, dass es kein objektives Gefühl war – aber in Momenten wie diesem scherte er sich nicht um Objektivität.

      Der Pilot des Gleiters, der ihn, Sichu, Iwán/Iwa und Tergén nach Luna brachte, hielt Wort und flog eine Schleife, die einen herrlichen Blick auf die Erde ermöglichte.

      Ein weißgraues Wolkenmeer zog über Europa, Italien lag frei. Kurz darauf erkannte er sogar aus dieser Entfernung – Terra schien etwa so groß, dass Rhodan den kompletten Planeten gerade noch erfassen konnte – die Lichter von Terrania.

      Danach beschleunigte der Gleiter, und sie rasten der Rückseite des Mondes entgegen. Zwei Sicherheitsleute des Flaggschiffs begleiteten das Team während des kurzen Fluges. Die Uniformierten legten eine Mischung aus professioneller Distanz, Unbehagen und offener Ablehnung an den Tag.

      Die negativen Schwingungen kamen dabei von dem größeren Mann, der Rhodan die ganze Zeit über verkniffen musterte. Ob er wohl mit den Vanothen sympathisierte und ihn deshalb skeptisch beäugte?

      Auf dem Weg zum Mond jagten ihnen drei Raumschiffe entgegen. Sie sahen aus wie extrem flache Quader, seltsam kantig und geometrisch aufgebaut. Sie passierten den Gleiter, und Rhodan schätzte die Länge auf knapp dreihundert Meter bei einer Breite von maximal hundert und einer Dicke von etwa fünfzig Metern. Dabei waren sie schwarz, schmucklos und ohne Aufbauten oder sonstige Strukturelemente.

      Er fragte seine Begleiter nach den Schiffen.

      Ausgerechnet der große Mann mit dem verkniffenen Gesicht antwortete. »Es sind Dominosteine.«

      Diese Bezeichnung