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      Nur dass er nicht an einen Unfall glaubte.

      Nicht, wenn es Vanothen und Topsider gab, die ihm aus dem Verborgenen nach dem Leben trachteten. Dieser neuerliche Vorfall bewies, dass er die Identitätsprüfung durch NATHAN schnellstmöglich hinter sich bringen sollte – er musste endlich nach Terra, ins Herz der Macht, und aktiv werden!

      Mit Ghizlane Madouni als Kommandantin des Flaggschiffs hatte er eine erste Verbündete gefunden, das spürte er. Nun wollte er die Residentin kennenlernen, und wenn Homer G. Adams aus der Suspension erwachte, standen die Voraussetzungen gut, dass ...

      »Wo ist Mulholland?«, fragte auch die Kommandantin, und das aus ihrer Sicht ganz zu Recht. Rhodan hatte ihr die besonderen Fähigkeiten seines Begleiters verschwiegen.

      »Ich vermute, wir werden Iwán/Iwa bald wiedersehen«, sagte Rhodan ruhig.

      Wohin mochte es sich geflüchtet haben? Es war in eine Schmerzensteleportation gegangen, um sich zu retten, das stand fest – aber mit welchem Ziel? Der letzte sichere Ort war in der Bronzehütte gewesen. »Gehen wir zurück zur Hütte.«

      »Sie ist ... Teleporterin?«, fragte die Kommandantin, die Iwán/Iwa unwillkürlich als weiblich ansprach.

      »So ähnlich«, sagte Rhodan.

      »Entweder ist sie eine Teleporterin oder nicht.«

      »Eine sehr spezielle Abart, aber der Einfachheit halber – ja.«

      Sie stellte sich so dicht vor ihn, dass sich die Sichtscheiben ihrer Raumhelme fast berührten. »Du hättest es mir sagen müssen!«

      »Hättest du an meiner Stelle die Karten auf den Tisch gelegt?«

      Sie zögerte.

      »Ohne Not?«, ergänzte er.

      »Nein«, gab sie zu. »Aber jetzt würde ich es. Wir sollten uns vertrauen. Bei diesem Anschlag hätten wir alle sterben können.«

      »Es ist nicht bewiesen, dass ...«, setzte der Ylant an.

      »Es war kein Unfall«, herrschte sie das Geschöpf an. »Verbinde dich mit NATHAN, überprüfe, ob es einen Fehler im Material gab, und du wirst herausfinden, dass es ohne Außeneinwirkung niemals zu diesem Riss hätte kommen können!«

      »Es gab nie zuvor einen vergleichbaren Vorfall«, sagte der Ylant. »Die Wahrscheinlichkeit spricht also dafür, dass du recht hast. Ich begleite euch zurück zu meiner Hütte. Wenn euer Freund sich dort befindet, bringe ich euch in den Kelchbau.«

      »Ich werde mich der Überprüfung durch NATHAN stellen«, stellte Rhodan klar. »Sofort. Ohne weitere Verzögerung.«

      Für einen Moment legte der Ylant den Kopf schief. »Vater ist einverstanden. Der Zwischenfall zeigt die Dringlichkeit dieses Treffens.«

      Sie machten sich auf den Weg.

      Rhodan überschlug die Zeit, die seit der Explosion vergangen war. Die Schmerzensteleportation nahm zwei Minuten und neun Sekunden in Anspruch, bis Iwán/Iwa am Zielort materialisierte; so war es immer, unabhängig von der Strecke, die es durch die Teleportation zurücklegte. Falls es die Bronzehütte als Ziel gewählt hatte, würde es dort auf sie warten. Mehr noch, es kam ihnen entgegen, obwohl es erschöpft und ausgezehrt aussah, wie jedes Mal nach einer Schmerzensteleportation.

      In der Hütte wartete ein weiterer Ylant auf sie. »Vater hat eine Untersuchung angeordnet. Falls es Spuren gibt, werden wir sie finden. Ich bringe euch in den Kelch.«

      »Und ich«, sagte der erste Ylant, »führe dich in NATHANS Kabinett, Perry Rhodan.«

      Im Kelchbau des Ylatoriums

      In der Empfangshalle des Kelches angekommen, setzte sich Ghizlane von den anderen ab. Ihr genügte es vollkommen, wenn sich einige Ylanten bei Rhodans Einsatzteam aufhielten – sie fand es sinnlos, diese Leute zu bewachen. Es waren keine Feinde, und sie würden sich nicht absetzen.

      Stattdessen nahm sie Funkkontakt mit ihrem Sicherheitschef auf. Torr Nishal war mit ihr und Farye Sepheroa ins Ylatorium geflogen und gleich nach der Landung zum Kelch gegangen – dem einzigen Ort mit atembarer Atmosphäre und normalen Lebensbedingungen für Besucher.

      Torr antwortete sofort.

      »Wir müssen uns treffen«, sagte Ghizlane. Rundum herrschte wenig Betrieb, nur zwei Arkoniden gingen in einiger Entfernung vorbei. Sie hörte nichts als leises Wasserrauschen.

      »Wo bist du?«

      »In der zentralen Empfangshalle. Beim Wassergraben.«

      »Ich brauche zehn Minuten.«

      »Du hast fünf«, sagte sie.

      Er versprach, sich zu beeilen, und beendete das Gespräch.

      Sie kannte dieses alte Spiel zwischen ihnen. In nicht akut bedrohlichen Situationen gab er stets eine längere Zeitdauer an, um die Forderung, die sie danach stellte – meist etwa die Hälfte der Zeit –, doch noch erfüllen zu können.

      Ghizlane setzte sich auf einen Stein beim Wassergraben, der durch die Empfangshalle floss. Eine Felslandschaft erstreckte sich rundum – als gäbe es draußen im Mare Ingenii nicht genug Gestein. Das Material stammte angeblich von der damaligen Baustelle des Kelches. Mehrere Tausend Bronzestäbe säumten den Graben, in einem geheimnisvollen Rhythmus angeordnet.

      Ein einsamer Yura spazierte auf drei Laufbeinen durch das Wasser. Die anderen vier Tentakel reckte der menschengroße Kopffüßer in die Höhe und erreichte damit fast die Decke.

      Die meisten Yuras im Solsystem lebten in den Kanälen von Skiaparelli auf dem Mars – die amphibischen Wesen liebten das Wasser, obwohl ihnen die Feuchtigkeit spendenden Humidoranzüge auch den Aufenthalt im Trockenen dauerhaft ermöglichten. Sie gehörten zu den wenigen Fremdkontakten der Menschheit im hiesigen Teil des Dyoversums – eines der Völker, für die es den alten Aufzeichnungen zufolge im Zwillingsuniversum keine Entsprechung gab.

      Torr Nishal kam schon nach vier Minuten an. »Gerade so«, sagte er.

      Ghizlane sah sich um – der Yura war weit genug entfernt, sonst niemand in der Nähe. Sie konnten ungestört reden. Sie berichtete von dem Anschlag.

      »Er galt Rhodan?«, fragte ihr Sicherheitschef.

      Seltsam – davon war sie automatisch ausgegangen, ohne es zu hinterfragen. »Anzunehmen.«

      »Aber es gibt keine Beweise? Irgendwelche Spuren?«

      »Nichts. Die Ylanten haben versprochen, mich auf dem Laufenden zu halten. Ich habe in meiner Autorität als Flaggschiffkommandantin den entsprechenden Befehl erteilt. Sie sehen es als Verbrechen in ihrer Siedlung an – etwas, das es so noch nicht gegeben hat.«

      »Wieder die Vanothen?«, fragte er. Damit spielte er auf den ersten, spontanen Anschlag auf Rhodans Leben in Hanko Lees CISTOLO KHAN an.

      »Vanothen – oder Topsider. Was ich jedoch nicht für wahrscheinlich halte. Rhodan hat unsere Gefangene ja tatsächlich zum Reden gebracht, zumindest teilweise.« Natürlich hatte sie Torr davon in Kenntnis gesetzt. »Demnach werden die Echsen eher abwarten, ob wir Rhodan bis zum Ablauf des Ultimatums ausliefern.«

      »Hast du mit der Residentin gesprochen, was sie darüber denkt?«

      »Eine Auslieferung kommt nicht infrage«, gab sich Ghizlane überzeugt. »Die Topsider nennen ja nicht einmal einen Grund.« Sie lachte humorlos. »Weil es keinen gibt. Sie haben kein Recht dazu.«

      »Ich habe mich über Rhodan kundig gemacht. Er ist nicht gerade leicht zu fassen oder zu beschreiben. Meiner Einschätzung nach könnte er sich durchaus selbst ausliefern, wenn es einen offenen Krieg verhindert.«

      Spontan wollte sie antworten, dass man ihn daran hindern musste, falls er das tatsächlich in Erwägung zog, aber sie schwieg. Sie dachte an die Momente in der Arrestzelle, an seinen Umgang mit der Gefangenen.

      »Man wird sehen«, sagte sie stattdessen. »Du hast dir wie besprochen