Andreas Suchanek

Die 12 Häuser der Magie - Schicksalsretter


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betrachtete die starke Borke der Bäume, die Blüten der Sträucher, das dichte Gras. Im Zentrum gab es einen Spring­brunnen, dessen Wasser fröhlich plätscherte.

      Die Kraft schien auf Matt überzugehen, allein die Anwesenheit der Pflanzen spendete ihm Trost. Mit einem letzten Blick riss er sich los und stellte seine Tasse auf dem Fensterbrett ab. Der Tee darin war längst kalt.

      Ein letzter Atemzug, dann klopfte er gegen das Holz.

      Ein weiteres Mal.

      Stille.

      »Herein!«

      Matt drückte die Klinke herab.

      Kapitel 7

      Lass los

      Jane

      Der Morgen graute, als sie endlich ihr Ziel erreichten.

      Gemeinsam mit Ian, einem irischen Tiersprecher, hatte Jane einen Roadtrip unternommen. Unfreiwillig natürlich. Ein Sprung durch die Schatten wäre einfacher gewesen, doch da es sich um ein ganz besonderes Ziel handelte, wollte niemand ein Risiko eingehen.

      »Und?«, fragte Jane.

      Ian starrte ins Nichts. Seine grünen Augen schienen zu leuchten, als er auf sein Talent zugriff. Das war natürlich nur Einbildung. Mit seinem rötlichen gewellten Haar und der bulligen Statur wirkte er wie ein irischer Footballspieler. Jane hatte seine unbeschwerte, direkte Art zu schätzen gelernt. Meistens.

      Ein wenig erinnerte er sie an Nic. Sie schluckte und schob den Gedanken beiseite.

      »Das Haus ist geschützt«, sagte er endlich. »Auf dem Baum im Garten sitzen Vögel. Ich kann problemlos nach innen sehen.«

      In der Ferne ragte die Südstaatenvilla empor, der Eingang wurde gestützt von den typischen weißen Säulen. Sie war zu weit entfernt, als dass Jane hinter den blütenweißen Vorhängen etwas hätte erkennen können.

      Ian kannte solche Probleme nicht. Als Tierflüsterer besaß er eine tiefgehende Bindung zur Fauna. Er konnte durch die Augen eines Adlers spähen oder mit dem Geruchssinn eines Wolfes Fährten folgen.

      »Ich lasse Mirabella einmal um das Haus fliegen.«

      »Wen?«

      »Die Taube.« Er grinste spitzbübisch.

      »Gibst du jedem Tier einen Namen?«

      »Jedem.« Er nickte eifrig.

      »Du kannst dir jeden einzelnen merken?«

      »Klar. Er schwingt irgendwie mit. Jedes Tier hat einen eigenen Charakter, eine Aura. Ich muss gar nicht darüber nachdenken.«

      Jane sah aus der Ferne, wie Mirabella aufgeregt um das Haus flatterte.

      »Alles sauber«, sagte Ian schließlich. »Sie ist allein.«

      Was jede Ausrede beiseitewischte, sie mussten die Auffahrt hinauffahren und klingeln, sobald das Signal einging.

      »Und hier hast du echt gelebt?« Ian betrachtete eingehend die Villa.

      »Es sieht schöner aus, als es ist.«

      »Kein Stück. Kommt mir vor wie ein Puppenhaus. Da ist mir ’ne simple Bude lieber. Mit Freunden durch die Pubs ziehen, auf Berge steigen, echtes Leben.«

      Jane schluckte. Puppenhaus traf es recht gut. Sie hatte Matt immer um seine liebevollen Eltern beneidet, die ihm alle Freiheiten ließen. Nics Mum hatte sich sogar gegen den Zwang der Häuser gestellt, um ihrer Leidenschaft als Kinderbuchillustratorin nachzugehen. Eine eigenständige, starke Frau, die den Weg ihres Lebens selbst bestimmte.

      Ganz anders als Janes Mutter.

      Sie war mit einem konservativen Frauenbild erzogen worden. Vor der kalten, herzlosen Welt konnte nur ein starker Mann sie retten. Es lag an ihm, für das Einkommen zu sorgen. Bei dem Gedanken wollte Jan ihre Stirn gegen den nächsten Baum schlagen.

      Am Tag der Berufung in ein Haus war Jane außer sich gewesen vor Glück. Sie hatte exakt das Talent bekommen, auf das sie gehofft hatte. Doch auf dem Gesicht ihrer Mutter war keine Regung zu erkennen gewesen.

      Als Schattenläuferin kämpfte man nicht nur an vorderster Front, man war auch wichtig für alle anderen Häuser. Es war das Haus mit der höchsten Zahl an Magiern, die nach ihrem Pflichtdienst aktiv blieben.

      Zum Glück war es damit vorbei mit Ehe und Heimchen am Herd, Pediküre und Maniküre am Samstag und Drinks am Sonntagmittag.

      »Du bist sicher, dass dein Vater nicht zurückkommt?«, fragte Ian.

      »Glaub mir, er ist beschäftigt. Vermutlich mit Geschäftspartnern auf dem Golfplatz.«

      Der Kontaktor in ihrer Tasche gab ein Signal von sich.

      »Die anderen sind in Position«, sagte Ian unnötigerweise.

      Sie hatten den Ablauf wieder und wieder besprochen. Jeder der Widerständler besaß Familie, und diese musste schnellstmöglich in Sicherheit gebracht werden. Nics Mutter und Brüder waren längst außer Gefahr, dafür hatte Angelo gesorgt, als sie die Apparatur aus dem Büro von Jasper Ashton geholt hatten.

      In diesen Sekunden wurden Zellen überall auf der Welt aktiv, um die Familien zu evakuieren.

      Jane hatte darauf bestanden, sich selbst um ihre Mutter zu kümmern. Für ein Einsatzteam waren es nur Zielpersonen, doch für sie war es immer noch ihre Mum. Da wollte sie auf Nummer sicher gehen.

      »Gehen wir.«

      Sie setzte sich hinter das Lenkrad und startete den Motor. Ian sank auf den Beifahrersitz. Aufgrund seiner bedächtigen Bewegungen und dem leicht abwesenden Blick schloss Jane, dass er noch immer die Sinne aller Tiere aus der Umgebung nutzte, um nach Feinden Ausschau zu halten.

      »Falls es im Haus irgendwelche Wächter hinter Trugbildern gibt, kann keines der Tiere uns warnen«, erklärte er. »So was kann auch Mirabella nicht sehen.«

      Jane schmunzelte. »Man könnte fast meinen, du magst diese Taube.«

      »Wieso auch nicht?« Ian strich sich eine rötliche Strähne aus der Stirn. Bei jedem verschmitzten Grinsen schienen all seine Sommersprossen ebenfalls zu lachen.

      Er war Anfang zwanzig und damit etwas jünger als Jane. Vermutlich verspürte sie deshalb einen gewissen Beschützerinstinkt.

      »Sei auf jeden Fall vorsichtig«, bat sie. »Falls es Probleme gibt, packst du meinen Arm und ich springe mit dir durch die Schatten.«

      »Aye, Ma’am.« Er salutierte.

      »Alternativ kann ich dich auch gern verprügeln.«

      »Doch nicht mitten im Kampf.« Er zwinkerte ihr zu.

      Jane seufzte schicksalsergeben und parkte den Wagen vor dem Haus. Wie sie ihre Mutter kannte, stand diese längst mit einem Cocktailglas am Fenster.

      Sie stieg aus und eilte auf die Tür zu. Je weniger Zeit ihre Mum zum Nachdenken hatte, desto unwahrscheinlicher war eine übereilte Aktion.

      Ian rannte ihr hinterher und kam vor der Tür an, als diese gerade von innen geöffnet wurde.

      »Jane!« Die Augen ihrer Mum waren so groß wie die Olive im Martini.

      Im nächsten Augenblick fand Jane sich in einer Umarmung wieder, Martini schwappte auf ihre Schulter.

      »Ich hatte solche Angst.«

      »Es ist … schön, dich zu sehen.«

      Ihre Mutter trat einen Schritt zurück. »Wieso hat das so lange gedauert?! Ich bin ständig erschrocken, wenn einer der Schatten im Haus sich bewegt hat.«

      »War