Robert Heymann

Die Narrentour der Liebe


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dem breiten Bett und öffnete die Vorhänge. Der Himmel war tiefblau. In der Ferne aber lag eine grüne Helligkeit, die von pfirsichfarbenen Streifen umsäumt war. Eine blaue Dämmerung spannte sich über die Bäume, und über der Akademie stand eine Untiefe mit einem goldenen Segel.

      Lichtensteig hatte Mie bereits verlassen. Aber zu ihrem Entzücken sah sie hinter einer offenen Tapetentüre ein reizendes Boudoir, das wie für sie aus der Erde gezaubert schien. Sie war noch zu naiv, um Schlüsse aus dieser Überraschung zu ziehen. Mit Hilfe einer diskreten Zofe kleidete sie sich an und nahm zwischen gestickten, seidenen Polstern das Frühstück, dessen Wahl und Zubereitung sie von neuem in den Himmel aller Illusionen versetzte.

      Sie erinnerte sich kaum mehr der Zugeständnisse, die ihr der Baron in der Nacht gemacht. Sie hatte die Empfindung einer traumhaften, überwältigenden Lust, die in ihrem Körper nachzitterte und ihre Nerven wie ein matter, elektrischer Strom durchrann.

      Eine französische Stutzuhr schlug zehn. Sie erschrak, denn nun erinnerte sie sich, dass für diese Zeit im Intimen Theater Probe angesetzt war und dass sie weder zur gestrigen Vorstellung noch heute zu dieser Probe erschien. Sie dachte mit geheimer Furcht an Vallier, der sie sicher die Nacht hindurch überall hatte suchen lassen. Ihre Angst bewahrte etwas Kindliches; sie dachte schaudernd an die Wutanfälle ihres Gebieters und dass er sie sicher halb tot prügeln würde, wenn er die Wahrheit erfuhr.

      Während sie noch beschäftigt war, sich ein Märchen zusammen zu dichten, überbrachte ihr die Zofe, die kein Wort sprach, weil sie nur der französischen Sprache mächtig war (und da nur den Pariser Jargon beherrschte), einen Brief.

      Mie las:

      „Liebste! Da ein schnell erfülltes Versprechen doppelten Wert erhält, so bitte ich Dich, den heutigen Tag dazu zu verwenden, die Wahl, die ich für Deine Wohnung und deren Einrichtung getroffen, nachzuprüfen. Jeanette wird Dir einige Roben vorlegen, unter denen Du nach Deinem Geschmack wählen sollst. Dann benutze meinen Wagen, der Dich erwartet, und fahre zu Pössenbacher, wo ich Deiner harre.

      Bodo.“

      Mie klatschte in die Hände, nicht nur aus Entzücken. Eine dunkle Erinnerung stieg in ihr auf: sie hatte einmal in einem Märchen gelesen, dass ein begnadetes Wunderkind nur in die Hände zu klatschen brauchte, um alles vorzufinden, was es sich wünschte.

      In der Tat kam bereits Jeanette in Begleitung einer kleinen Probiermamsell in das Boudoir. Die Mamsell begrüsste Mie, als sei sie eine Gräfin, und Mie antwortete mit einem steifen Nicken, das sie auf dem Theater gelernt. Jeanette warf ihr einen schnellen, prüfenden Blick zu. Sie wunderte sich, wie rasch sich das Kind in ihre Rolle fand, aber schon nach wenig Augenblicken war Mie wieder Mie, als ein Bildnis in mattgrüner Seide und fliessenden Spitzen den jungen Körper umhüllte. Ihr Figürchen reckte sich und dehnte sich und wuchs ... wuchs immer noch mehr, als Mie, vor Staunen schweigend, eine junge Dame in dem hohen Spiegel sah, die sie mit fremden, grossen Augen anblickte, so, wie ein kleiner Vogel sich in einer fremden Umgebung umsieht, von der er noch nicht begreift, dass sie ihm trotz gefüllter Futternäpfe, weissen Sandes und goldener, schlanker Bäumchen ein Gefängnis sein wird, aus dem es sich alsbald mit ohnmächtigen Flügelschlägen nach der Freiheit hinaussehnen wird.

      Mie zwitscherte vor Entzücken, und die Mamsell, die das missverstand, schälte mit unnachahmlicher Geschicklichkeit die kleine Gräfin geschwind aus der fliessenden Hülle und zauberte ein Strahlenmeer von Purpur um sie, das feines Pelzwerk säumte. Mie sah wieder eine neue Dame in dem Spiegel, die sie diesmal schon mit etwas kritischeren Augen musterte. Sie fand für ihr Persönchen die Robe zu schwer, und die Mamsell beeilte sich, den kapriziösen Geschmack sogleich durch eine mattlila Toilette zu befriedigen, an der kostbare Valenciennes zitterten, die Mies Hals wie Lilienblätter umgaben und ihre Augen wie Perlen aus einer Kristallvase hoben. Mie war zufrieden. Sie bekam einen wunderlichen Hut mit einem schillernden Kolibri, so einem süssen Vogel aus dem Zauberland, der eigens um dieser kleinen Prinzessin willen sein Leben hatte lassen müssen. Dann schlüpften ihre Füsse in ein paar winzige Schuhe, die wie Handschuhe um die zerbrechlichen Knöchel schlossen. Jetzt noch schmerzten ihre Füsse unter den Küssen des Barons. Aber sie lächelte darüber, klatschte von neuem in die Hände und fand vor dem Tore des eleganten Hauses in der Leopoldstrasse, das wie ein italienisches Schloss der Renaissance anmutete, bereits einen Wagen und einen breitschulterigen Kutscher, der grüssend die Peitsche vor ihr senkte, und einen Groom, der eilig wie eine Maus in einem grauen Rock mit goldenen Tressen hin und her lief und ihr die Türe in das Kupee öffnete.

      Mie sah ihn lächelnd an und dachte, er sei reizend; der Knabe errötete bis unter die schwarzen Haarwurzeln und neigte den runden Kopf bis zu den blitzenden Knöpfen.

      Dann rollte der Wagen mit Mie fort, einem neuen Leben entgegen.

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