im Wesentlichen auf solchen Programmen. Die Herkunft der Programme selbst wird nicht erklärt.
Tatsächlich fungiert „Evolution“ als konzeptionelle Vorgabe, als Rahmen, innerhalb dessen mutmaßliche Szenarien evolutiver Abfolgen entwickelt werden sollen. Dieser Rahmen ergibt sich nicht zwingend aus naturwissenschaftlichen Befunden und Hypothesen, sondern ist eine Konvention der Wissenschaftlergemeinschaft, eine Wahl, die auch anders getroffen werden könnte.
Bedeutung des Themas
Evolutionstheorien genießen den Ruf, naturwissenschaftlich zu sein. Dieses Prädikat wird dagegen allen Ansätzen in der Ursprungsforschung abgesprochen, die in irgendeiner Weise Bezug auf einen Schöpfer nehmen (Design-Ansatz, international meist als „Intelligent Design“ bezeichnet) (vgl. den Beitrag „Der Kern des Design-Arguments“ in diesem Band). Die Behauptung, dass der Design-Ansatz prinzipiell nicht naturwissenschaftlich sei, trifft jedoch nicht zwingend zu, insofern eine solche Behauptung eine genügend spezifische Definition von „naturwissenschaftlich“ voraussetzt, und sie ist in jedem Fall nicht relevant für die Frage, ob es gute Gründe dafür gibt, den Design-Ansatz zu verfolgen (vgl. Kasten „Muss eine zutreffende Erklärung naturwissenschaftlich sein?“). Sie trifft jedoch zu, wenn wir einen Begriff von Naturwissenschaft voraussetzen, der paradigmatisch für die neuzeitliche Physik und Chemie ist. Die Phänomene sind hier mittels empirisch gehaltvoller Gesetzesaussagen zu erklären, also Gesetzmäßigkeiten, die von den vorhandenen Beobachtungsdaten maßgeblich gestützt sind. Damit allein wäre der Design-Ansatz als Naturwissenschaft jedoch noch nicht vom Tisch. Unsere Daten erlauben durchaus, eine Art Design-Gesetz zu formulieren: Immer wenn ein Objekt komplexe zweckmäßige (teleologische*) Merkmale hat, ist es geschaffen worden. Für diese Hypothese gibt es unseres Wissens zumindest bislang kein empirisch erwiesenes Gegenbeispiel. Der Punkt ist aber, dass naturwissenschaftliche Gesetzesaussagen nur operationalisierbare* Eigenschaften verknüpfen dürfen, das sind Eigenschaften, die über ein Messverfahren definiert sind. Für einen Schöpfungsakt dürfte dies kaum gegeben sein, was in der Natur einer kreativen Entstehungsweise liegt: Es gibt hier wesentlich Bezüge von physischen Merkmalen eines geschaffenen Objekts zu Zwecken und Absichten eines Schöpfers, also teleologischen Kategorien. Solche sind aber nicht messbar bzw. operationalisierbar.
Eine Art Design-Gesetz lautet: Wenn ein Objekt komplexe zweckmäßige (teleologische) Merkmale hat, ist es geschaffen worden.
Interessant und für manche vielleicht überraschend ist aber die Frage, ob auch Evolutionstheorien wirklich naturwissenschaftlich sind – insbesondere wenn wir ähnlich strenge Maßstäbe für „naturwissenschaftlich“ anlegen wie für den Design-Ansatz. Diese Frage ist nicht nur von abstraktem wissenschaftstheoretischem Interesse. Sie hat eine Auswirkung auf den epistemischen, d. h. potenzielle Erkenntnisse darstellenden Gehalt solcher Theorien: Als Auffassung, dass es bei der Entstehung und Evolution von Lebewesen ausschließlich mit natürlichen Faktoren zugegangen sei, muss die Evolutionstheorie einen naturwissenschaftlichen Anspruch haben und diesen auch adäquat einlösen können (anders als ein Design-Ansatz). Sonst ist sie rational nicht gerechtfertigt und liefert keinen substanziellen Beitrag zum Verständnis der Welt. Kann sie aber wirklich diesen Anspruch einlösen?
Die Frage hat auch Relevanz für einen ganz anderen Gesichtspunkt: Kritiker von Evolutionstheorien werden des Öfteren als „wissenschaftsfeindlich“ diffamiert, wenn sie mit dieser Kritik direkt oder indirekt Evolution als historischen Gesamtprozess in Frage stellen (vgl. den Beitrag „Evolution und Evolutionstheorien “ in diesem Band1). Dies geht sogar so weit, dass Anhänger von Schöpfungskonzepten als Gefahr für die Gesellschaft bezeichnet werden. Die Argumentation ist dabei etwa wie folgt:
1. Wissenschaft wird als Pfeiler unseres Gemeinwesens und unserer zivilisatorischen Errungenschaften angesehen.
2. Das Für-Wahr-Halten von Evolution wird als einzig legitime wissenschaftliche Haltung angesehen, Skepsis daran sei folglich eine wissenschaftsfeindliche Haltung.
3. Konklusion: Wer Evolution in Frage stellt, stellt daher unser Gemeinwesen bzw. unsere zivilisatorischen Errungenschaften in Frage.
Dieses Argumentationsmuster hat sich beispielsweise die Parlamentarische Versammlung des Europarates im Oktober 2007 zu eigen gemacht.2 Die genannte Argumentation ist aber aus mehreren Gründen unhaltbar:
• Wesentliche Aspekte unserer zivilisatorischen Errungenschaften wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte, Sozialwesen usw. sind keine Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschung, sondern entstammen zumindest teilweise einem christlichen Menschenbild oder anderen philosophischen Ideen (z. B. SCHMIDT 2004). Nur auf einer solchen Grundlage kann auch die moderne Technik, die mit dem naturwissenschaftlichen Fortschritt verbunden ist, allgemein segensreich wirken.
• Die Evolution (im Sinne von Makroevolution) betrifft im besten Fall einen anderen Typus von Naturwissenschaft als den, der für unsere moderne Technik und Zivilisation relevant ist. Bei Evolution geht es um Naturgeschichte (was vor langer Zeit mutmaßlich passiert ist) und das hypothetische natürliche Entstehen sehr komplexer Dinge, während die moderne Technik wesentlich auf experimentellen Methoden beruht (wie funktionieren die Dinge) und ihrem gezielten, planmäßigen Aufbau auf Grundlage unserer Kenntnis der Naturgesetze (Ingenieurskunst), wodurch sogar eine Verbindung zu Intelligent Design besteht. Ablehnung von Evolution bedingt jedenfalls kein Ablehnen experimenteller Wissenschaft und der darauf aufbauenden Technik.
• Makroevolution kann mit guten wissenschaftlichen Gründen in Frage gestellt werden. Kritik an möglicherweise nicht zutreffenden Hypothesen ist keinesfalls wissenschaftsfeindlich, sondern erforderlich für Wissenschaft. Vielmehr ist ein faktisches Kritikverbot an Hypothesen wissenschaftsfeindlich, da es den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess unterminiert. Konkret: Ein prinzipieller Ausschluss von Schöpfung als naturgeschichtliche Hypothese ist wissenschaftsfeindlich.
Evolution betrifft im besten Fall einen anderen Typus von Naturwissenschaft als den, der für unsere moderne Technik und Zivilisation relevant ist.
• Darüber hinaus kann mit guten Gründen die Naturwissenschaftlichkeit und die Erklärungskraft von relevanten Evolutionstheorien in Frage gestellt werden.
Dieser letzte Punkt betrifft das Thema dieses Beitrags. Die Frage nach der Wissenschaftlichkeit von Evolutionstheorien hat in Bezug auf die oben geschilderte polemische Kritik am Design-Ansatz zwei Gesichtspunkte:
1. Wenn Evolution im Kern nicht durch eine naturwissenschaftliche Theorie beschrieben werden kann, kann die Infragestellung einer allgemeinen Evolution (neben den genannten Gründen) nicht als „Angriff gegen die Naturwissenschaft“ gewertet werden.3
2. Der Kontrast „Hier eine (vermeintlich) naturwissenschaftliche Evolutionsvorstellung, dort die nicht-naturwissenschaftliche Schöpfungsthese“ wäre nicht gerechtfertigt.
Ein faktisches Kritikverbot an Hypothesen ist wissenschaftsfeindlich, da es den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess unterminiert.
Daneben besteht die erwähnte epistemische Relevanz dieser Frage: Eine Evolutionstheorie, die keine wirklich naturwissenschaftlichen Erklärungen liefern kann, liefert zumindest keine Erklärungen, die spezifisch genug wären, um einen natürlichen Entstehungsprozess gegenüber Schöpfung zu favorisieren. Sie stellt in diesem Fall lediglich einen naturgeschichtlich-weltanschaulichen Deutungsrahmen bereit.
Definition „Evolution“ und „Evolutionstheorie“
Wenn von „Evolution“ und „Evolutionstheorie“ die Rede ist, muss definiert werden, was damit gemeint ist. Denn diese beiden Begriffe werden für recht verschiedene Inhalte genutzt. In diesem Beitrag soll unter „Evolution“ der hypothetische naturhistorische Prozess verstanden werden, der durch vererbbare Veränderungen der Lebewesen (Arten-, Form- und Funktionswandel) im Laufe von vielen Generationen ausgehend von einfachsten einzelligen Lebensformen zur Vielfalt aller Baupläne des Lebens geführt haben soll. Eine gemeinsame Abstammungsgeschichte aller Lebewesen ist aber nur ein Gesichtspunkt. Der wichtigste Aspekt ist, dass dieser Prozess als ein rein natürlich ablaufender Prozess angesehen wird, innerhalb dessen