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Schöpfung ohne Schöpfer?


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das Auftreten echter4 evolutionärer Neuheiten; das sind neuartige Konstruktionen mit neuartiger Funktionalität (im Vergleich zu mutmaßlichen Vorläuferstrukturen, ausführlicher im Glossar und bei JUNKER 2006a).

      Muss eine zutreffende Erklärung naturwissenschaftlich sein?

      Die Qualifizierung „naturwissenschaftlich“ (im hier definierten Sinne einer Erklärung von Phänomenen mittels Gesetzesaussagen und Randbedingungen) ist letztlich nicht entscheidend, insofern der naturwissenschaftliche Argumentations- und Begründungsmodus nicht der einzige legitime ist. Zum Beispiel wird in der Kriminalistik auch entscheidend auf Motive und andere geistige Merkmale eines Täters Bezug genommen oder auf Zeugenaussagen (d. h. sprachliche Daten). Solche Faktoren sind allesamt nicht naturwissenschaftlich analysierbar. Ähnliches gilt im Bereich der Geschichtsforschung, der Ethik oder in philosophischen Fragen. Auch dort kann es gute Gründe geben, bestimmte Hypothesen anderen vorzuziehen, während es sich nicht um naturwissenschaftliche Fragen handelt.

      Entsprechend steht auch die Frage im Raum, ob es gute Gründe gibt, dass die Entstehung mancher Phänomene der Natur naturwissenschaftlich nicht erklärbar ist. Die entscheidende Frage ist nicht, ob eine Antwort auf Ursprungsfragen „naturwissenschaftlich“ ist oder nicht, sondern ob angesichts der vorliegenden naturwissenschaftlich gewonnenen Indizien gute Gründe für sie sprechen. MONTON (2009, 58) schreibt dazu: „If science really is permanently committed to methodological naturalism, it follows that the aim of science is not generating true theories. … if science is not a pursuit of truth, science has the potenzial to be marginalized, as an irrelevant social practice.“

      Allerdings gibt es hier eine ggf. entscheidende Asymmetrie: Die Evolutionstheorie lebt notwendig von ihrem naturwissenschaftlichen Anspruch, der entsprechend auch einlösbar sein muss. Denn sie besteht wesentlich aus der These, dass es sich bei der Entstehung und Entwicklung des Lebens um rein natürliche Prozesse gehandelt haben muss.

      Die Schöpfungslehre bestreitet diese These und kann folglich auch auf weitere argumentative Ressourcen zurückgreifen als nur auf naturwissenschaftliche.

      Kann die Evolutionslehre ihren naturwissenschaftlichen Einspruch nicht einlösen, fehlt ihr die erforderliche rationale Grundlage. Sie bleibt dann eine bloße weltanschauliche Option, der gegenüber die Schöpfungslehre rational ggf. vorzuziehen ist.

      In Abgrenzung zu Makroevolution wird im Folgenden der Ausdruck „Mikroevolution“ verwendet. Mikroevolution* betrifft die Variation, Anpassung und Spezialisierung innerhalb von Arten oder Grundtypen*. Dazu gehören auch z. B. Fragen der Art, wie sich Häufigkeiten von Allelen (Genvarianten) durch Selektion verändern oder wie Mutationen durch Auslese oder durch genetische Drift im Laufe von Generationen in Populationen fixiert werden; das ist Gegenstand der Populationsgenetik* und gehört damit zu Mikroevolution. Dass der Unterschied zwischen Mikro- und Makroevolution nicht nur graduell ist, wird von vielen Evolutionsbiologen ausdrücklich festgestellt (s. u.).

      Von „Evolutionstheorie“ soll gesprochen werden, wenn es um die Erklärung jenes hypothetischen evolutionären, stammesgeschichtlichen und makroevolutionären Vorgangs – „von der Amöbe bis Goethe“ – geht. Hier wird dann insbesondere zu klären sein, was eine solche Erklärung leisten muss und unter welchen Umständen sie als naturwissenschaftlich gelten kann. Dabei steht die Betrachtung des Aspekts der Innovation (Makroevolution) im Vordergrund.

      Was ist naturwissenschaftlich?

      Eine wirklich naturwissenschaftliche Erklärung beinhaltet den empirischen Nachweis, dass Phänomene, die man beansprucht zu erklären, gemäß Naturgesetzen ablaufen. Dies soll im Folgenden erläutert werden.

      Zunächst wird im Rahmen von Naturwissenschaften empirisch vorgegangen, d. h. die Basis für naturwissenschaftliche Aussagen sind Erfahrungstatsachen, also durch Beobachtung gewonnene Daten. Die Daten werden aber nicht einfach nur gesammelt wie Briefmarken. Sie können naturwissenschaftlich nur verwertet werden, wo sie in einen systematischen, gesetzesartigen Zusammenhang gebracht werden können. Dabei kann es sich um Gesetzmäßigkeiten handeln, die Einzelereignisse exakt erklären können, oder auch um probabilistische* Gesetzmäßigkeiten wie z. B. beim radioaktiven Zerfall, wo exakte Aussagen (nur) über eine hinreichend große Menge von Einzelereignissen gemacht werden können.

      Gesetzesaussagen haben eine Wenn-Dann-Struktur: Immer wenn die Gesetze G und die Randbedingungen R gegeben sind, folgt das Ergebnis E.5 Solche Gesetzmäßigkeiten sind, in reinster Form, vor allem aus der Physik bekannt. Ein geläufiges Beispiel ist das Fallgesetz – in populärer Formulierung: Immer wenn ein Gegenstand losgelassen wird, fällt er (unter definierten Randbedingungen) mit einer bestimmten Geschwindigkeitsentwicklung zu Boden. Unter passenden Bedingungen, wie z. B. einem guten Vakuum, kann dann das Experiment sehr genau und relativ einfach durch die Theorie beschrieben werden. In der Astrophysik kann z. B. die Bewegung der Planetenbahnen gesetzmäßig beschrieben werden (Kepler’sche Gesetze). Gesetze beschreiben nicht nur einige wenige Einzelphänomene, sondern häufig umfassende Typen von Phänomenen. So beschreibt das Gravitationsgesetz z. B. die Natur schwarzer Löcher, Bewegungen von Planeten, Monden, Kometen und anderen Himmelskörpern, das Fallen von Gegenständen im Schwerefeld der Erde oder die Kräfte, die aufgrund unseres Körpergewichts auf unsere Gelenke wirken. Solche Gesetze sind dabei auch quantitativ fassbar und können (erstaunlicherweise!) meist durch einfache Formeln ausgedrückt werden.

      Insofern natürliche Phänomene und Prozesse mittels Gesetzen beschrieben werden können, können auch Vorhersagen gemacht werden: Z. B. kann auf Grundlage des Fallgesetzes und der Kenntnis der Randbedingungen (z. B. Vakuum und die Größe der Schwerkraft) die Geschwindigkeitsentwicklung eines fallenden Gegenstands ziemlich präzise vorhergesagt werden. Das gilt natürlich auch für astronomische Ereignisse wie z. B. Sonnenfinsternisse oder wann der Mars das nächste Mal der Erde besonders nahe kommt (und so eine Marsreise am günstigsten wäre). In einigen Fällen sind solche Vorhersagen sogar auf viele Nachkommastellen genau experimentell bestätigbar.

      Mit der Möglichkeit von Vorhersagen sind Tests von Hypothesen oder Modellen möglich. Die Testbarkeit anhand weiterer empirischer Daten gehört unverzichtbar zum naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozess. Auch aus einem anderen Grund ist eine Gesetzesstruktur für naturwissenschaftliche Erklärungen unverzichtbar: Nur solche Prozesse, die gemäß Naturgesetzen ablaufen, sind natürliche Prozesse, zumindest im Sinne der modernen Naturwissenschaften. Eine naturwissenschaftliche Erklärung von Phänomenen beinhaltet daher den Nachweis eines naturgesetzmäßigen Zustandekommens der Phänomene. Solange dieser Nachweis nicht erfolgt ist, ist zumindest formal auch kein Nachweis erfolgt, dass es sich um natürliche Prozesse bzw. um natürlich zustande gekommene Phänomene handelt.6

      Insofern natürliche Phänomene und Prozesse mittels Gesetzen beschrieben werden können, können auch Vorhersagen gemacht werden.

      WIDENMEYER (2013, 9) fasst zusammen: Naturwissenschaft hat es „mit wenn-dann-Strukturen, also den regelmäßigen Beziehungen oder den regelmäßigen, definierten Verhaltensweisen der Gegenstände unserer sinnlichen Wahrnehmungswelt zu tun“. Für das richtige Verständnis der Naturwissenschaft und der Reichweite naturwissenschaftlicher Aussagen folgt: „[A]lles, was nicht letztlich auf solche regelmäßigen wenn-dann-Eigenschaften zurückgeführt werden kann, überschreitet die Grenzen der empirischen Naturwissenschaft hinsichtlich ihrer Fähigkeit, diese zu erfassen, zu beschreiben oder gar zu erklären.“ Kurz: Aussagen, die nicht auf eine Gesetzesstruktur zurückgeführt werden können, können daher nicht als naturwissenschaftlich gelten.

      Eine naturwissenschaftliche Erklärung von Phänomenen beinhaltet den Nachweis eines naturgesetzmäßigen Zustandekommens der Phänomene.

      Diese zentrale Rolle von Gesetzmäßigkeiten bei naturwissenschaftlichen Erklärungen wird auch im Hempel-Oppenheim-Schema ausgedrückt (kurz: HO-Schema). Dieses Schema wurde von Carl Gustav HEMPEL und Paul OPPENHEIM 1948 vorgeschlagen und vielfach aufgegriffen. Es besteht aus einem Explanans (Erklärung bzw. Prämissen), das sich aus Gesetzesaussagen und empirischen Randbedingungen (sog. Antecedensaussagen) zusammensetzt, und dem Explanandum, den zu erklärenden Sachverhalt (Ereignisaussage). „Das Ereignis