wie eine Maschine auf einen Urheber zurückführen. Warum soll beispielsweise die funktionale Komplexität bei Lebewesen kein Indiz für einen Schöpfer sein, wo dieses Kennzeichen in Bereich der Technik ein unstrittiges Indiz ist?
3. Verschiedene nicht-empirische, d. h. philosophische oder methodologische Argumente gegen einen Design-Ansatz erweisen sich bei genauer Analyse als unbegründet.
Kurzer Überblick über das Buch
Im längeren Teil I dieses Buches werden grundlegende wissenschaftstheoretische Fragen zu historischen und kausalen Evolutionstheorien behandelt. Evolutionstheoretische Modellierungen werden in Bezug auf ihre Argumentationsstruktur untersucht und es wird herausgearbeitet, dass Evolutionstheorien, die Innovationen in der Biologie zum Gegenstand haben, derzeit nicht als naturwissenschaftliche Theorien formuliert werden können. Die Besonderheiten von Ursprungsforschung und der Rekonstruktion der Naturgeschichte im Vergleich zur naturwissenschaftlichen Hypothesenbildung werden diskutiert. Eine wichtige Einsicht ist: Evolutionstheorien bilden ein konzeptionelles Gerüst für die Formulierung historischer und kausaler Evolutionstheorien. Dieses ist Ergebnis einer Wahl bzw. einer Konvention, die grundsätzlich auch anders ausfallen könnte – und auch anders ausfallen sollte, falls es dafür gute Gründe gibt.
Bereits in Teil I wird an passenden Stellen darauf hingewiesen, dass und warum es in Ursprungsfragen bei der Erklärung naturwissenschaftlicher Daten angebracht ist, auch eine Schöpfung in Betracht zu ziehen, also eine geistige bzw. kreative Verursachung, die wir auch sonst in vielen Bereichen des Lebens im Allgemeinen und in Wissenschaftsfragen im Besonderen als Erklärung heranziehen. Dieser Erklärungsansatz, von uns als „Design-Ansatz“ bezeichnet und unter dem Schlagwort „Intelligent Design“ bekannt, wird in Teil II des Buches entfaltet und in mehreren Beiträgen gegen verschiedene Arten von Kritik verteidigt. Über diesen Ansatz sind zahlreiche Missverständnisse im Umlauf; am meisten verbreitet ist wohl der Vorwurf, hier werde ein Lückenbüßer bemüht. Dagegen werden an geeigneter Stelle mehrere Einwände vorgebracht. Soviel vorab: Die Erklärung durch geistige Verursachung (Schöpfung) ist nicht in den Lücken einer naturalistischen Ursprungshypothese zu verorten und ergänzt eine solche auch nicht, sondern sie ist eine Alternative zu einer solchen Hypothese, die einen völlig andersartigen Prozess darbietet. Die Vorstellung, mit einer Erklärung durch Schöpfung würden Lücken geschlossen, übersieht, dass ein anderer Erklärungstyp anstelle eines gescheiterten naturwissenschaftlichen Erklärungsversuchs vorliegt.
Ein wissenschaftlicher Ansatz ist generell ergebnisoffen, was natürlich dann auch für den Design-Ansatz gilt. Es werden daher Kriterien formuliert, anhand derer untersucht werden kann, ob eine geistige oder nicht-geistige (natürliche) Ursache für die Entstehung eines Naturgegenstandes wahrscheinlicher ist. Das Ergebnis steht im Einzelfall erst fest, wenn aussagekräftige Indizien geprüft wurden. Das ist anders als in einem naturalistischen Ansatz, in dem die Suche auf natürliche, intelligenzfreie Ursachen beschränkt ist und jegliche Bezugnahme auf einen zielorientiert handelnden Akteur als überflüssig betrachtet wird. Ansätze, die sich stattdessen auf eine naturalistische Weltanschauung festlegen, tun dies entsprechend auf Kosten zweier grundlegender wissenschaftlicher Grundsätze: Ergebnisoffenheit und Orientierung an Tatsachen.
In Teil III werden schließlich einige neuere Buchpublikationen, die sich mit den Themen dieses Sammelbandes befassen, vorgestellt.
Ein Teil der Beiträge dieses Bandes wurde in den vergangenen Jahren bereits in ähnlicher Form publiziert, meistens als Internetartikel auf der Homepage der Studiengemeinschaft Wort und Wissen (wort-und-wissen.org) und einige in der Zeitschrift „Studium Integrale Journal“ (si-journal.de). Für die Publikation in diesem Sammelband wurden alle Beiträge jedoch gründlich überarbeitet und teilweise erweitert. Da alle Beiträge ursprünglich als Einzelbeiträge entstanden sind und jeder Beitrag ohne Kenntnis der anderen lesbar sein sollte, haben wir einige Redundanzen in Kauf genommen.
Wir haben darauf geachtet, wichtige Begriffe im Text zu erklären; es sind einige Begriffsklärungen aber auch in einem Glossar zusammengefasst. An einigen Stellen verweisen Sterne bei den Begriffen auf die Aufnahme im Glossar.
Reinhard Junker und Markus Widenmeyer, im Januar 2021
Quellen
AYALA F (1994) Darwin’s Revolution. In: CAMPBELL J & SCHOPF J (eds) Creative Evolution?! Boston, Mass.
DAWKINS R (1987) Der blinde Uhrmacher. Ein neues Plädoyer für den Darwinismus. München.
GOULD SJ (1991) Eine Anhörung für Vavilov. In: GOULD SJ: Wie das Zebra zu seinen Streifen kommt. Frankfurt, S. 132–142.
RAMMERSTORFER M (2006) Nur eine Illusion? Biologie und Design. Marburg.
SCHMIDTGALL B (2018) Die Intoleranz des Naturalismus. https://www.wort-und-wissen.org/disk/die-intoleranz-des-naturalismus/
TODD SC (1999) A view from Kansas on that evolution debate. Nature 401, 423.
1 TODD (1999)
2 Der Naturalismus ist die Auffassung, dass es nur den Bereich des Natürlichen gibt, also den Bereich des Materiellen oder Physikalischen. Entsprechend lehnt der Naturalist Übernatürliches ab. Beispiele für Übernatürliches sind Gott, die Seele des Menschen, echte Willensfreiheit oder objektive Ethik.
3 Es mag sein, dass eine Antwort nicht gelingt; es geht hier darum, alle denkbaren Antwortmöglichkeiten einzubeziehen.
4 RAMMERSTORFER (2006) hat dazu einige interessante Zitate zusammengetragen, die hier z. T. wiedergegeben wurden.
5 Vgl. SCHMIDTGALL (2018)
6 Historische Evolutionstheorien haben Rekonstruktionen der hypothetischen Evolution zum Inhalt, während kausale Evolutionstheorien zum Ziel haben, natürliche Mechanismen des Formenwandels zu beschreiben.
Evolution und Evolutionstheorien
Irrtümliche Selbstverständnisse und Fehldarstellungen naturalistischer Ursprungsmodelle
Henrik Ullrich
In der Debatte um Evolution, Schöpfung und Intelligent Design* (ID) werden die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der eigenen Wirklichkeitssicht und des argumentativen Schließens häufig nicht benannt. Darauf haben mehrere Autoren hingewiesen. Eine Reflexion über die erkenntnistheoretischen Grundlagen und Grenzen evolutionstheoretischer Modellierungen und die angemessene Präsentation ihrer tatsächlichen Erklärungskraft sind Grundvoraussetzungen für einen der Sache angemessenen Disput. Eine klare Bestimmung des Forschungsgegenstands „Evolution“, der zugrunde liegenden theoretischen Konzepte und der Rolle der naturwissenschaftlichen Methoden ist unverzichtbar. Sonst resultiert eine wissenschaftlich und wissenschaftstheoretisch nicht gedeckte Bedeutungszuweisung für die Ausdrücke „Evolution“ und „Evolutionstheorie“. Die Folge ist ein unkritischer, dogmatischer oder gar quasireligiöser Gebrauch dieser Begriffe.
Kann die moderne Biologie als erfolgreiche Wissenschaft vom Leben überleben, wenn Evolution als Tatsache in Frage gestellt wird und sich nicht als „realhistorischer Prozess“ bestätigen lässt? Die Beantwortung dieser Frage ist – aus wissenschaftspsychologischen bzw. -soziologischen Gründen – mit Schwierigkeiten behaftet. Denn es ist zum eingeschliffenen Ritual eines Abwehrkampfes geworden, jede Infragestellung von Evolution und jede Kritik an evolutionstheoretischen Entwürfen pauschal als Angriff auf die gesamte Biologie und die Wissenschaft insgesamt zu verurteilen. Die Ergebnisse des in diesem Beitrag skizzierten Ganges durch die wissenschaftstheoretischen Grundlagen der Biologie und die Analyse evolutionär-ateleologischer* Ursprungsmodelle widersprechen diesen Pauschalverurteilungen nachdrücklich.
Die Leiden der Debatte um Evolution, Schöpfung und Intelligent Design
Die Debatte um Evolution,