Филип Уилкинсон

Big Ideas. Das Geschichts-Buch


Скачать книгу

alt="image"/>

      DIE MACHT RUHT NICHT IN DEN HÄNDEN WENIGER, SONDERN VIELER

      DIE ATHENISCHE DEMOKRATIE (UM 507 V. CHR.)

       IM KONTEXT

      FOKUS

       Griechische Politik und Philosophie

      FRÜHER

      13.–14. Jh. v. Chr. Mykenische Siedlung in Athen, Befestigung der Akropolis

      um 900 v. Chr. Politische Verbindung kleiner Städte in Attika zu einem Stadtstaat mit Zentrum in Athen

      um 590 v. Chr. Durch Reformen des Solon können alle Bürger am Staat partizipieren

      SPÄTER

      86 v. Chr. Feldherr Sulla und die Römer plünderten Athen

      um 50 v. Chr. Beginn der philhellenischen Bewegung in Rom; Athen wird von kaiserlichen Gönnern gefördert

      529 n. Chr. Der christliche Kaiser Justinian I. schließt Platons Akademie und vertreibt heidnische Gelehrte

      Der Begriff »Demokratie« kommt vom griechischen demos (Volk) und kratos (Herrschaft). Die Demokratie, die sich um 507 v. Chr. in Athen entwickelte und ihre Blütezeit – wenn auch mit einigen Unterbrechungen – von 462 bis 322 v. Chr. erlebte, war das Modell für die heute überwiegende Regierungsform: 2015 waren 125 der 195 Staaten der Erde Wahldemokratien. Die antike athenische Demokratie unterschied sich jedoch von der modernen.

image

       Oligarchen und Hopliten

      Nach dem Dunklen Zeitalter in Griechenland – der Zeit vom Zusammenbruch der mykenischen Kultur um 1100 v. Chr. bis zum 9. Jh. v. Chr. – entwickelten sich die meisten Stadtstaaten zu Oligarchien, in denen mächtige Adlige die Regierung innehatten und ihren eigenen Interessen dienten. In Athen kontrollierte der Areopag – ein Rat und Gericht aus Männern von adliger Geburt – den Staatsapparat. Sie ernannten die Beamten und sprachen Recht, während die unteren Schichten (thetes) von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen waren.

      »Der Athener genießt die Erzeugnisse anderer Länder ebenso wie die seines eigenen Landes.«

       Perikles

      Das im 8. und 7. Jh. v. Chr. entstehende Modell der »Hopliten« (Bürgersoldaten) störte jedoch die Machtverhältnisse, da es zu einem gewissen Egalitarismus führte. Hopliten waren schwer bewaffnete Fußsoldaten, freie Bürger, die in der Phalanx kämpften – einer Formation, bei der die Soldaten in engen Reihen standen und jeder mit seinem Schild den Hopliten zu seiner Linken schützte. Jeder, der sich Waffen und Rüstung leisten konnte, riskierte für die Verteidigung des Staates sein Leben. Dadurch entstand eine Mittelschicht, die im Gegenzug für den Militärdienst volle Bürgerrechte und politische Repräsentation forderte. Gleichzeitig verlangten die unteren Schichten Landreform und Abschaffung der Schuldknechtschaft. Die Spannungen zwischen ihnen und den höheren Klassen drohten den Staat zu lähmen.

       Solon und Kleisthenes

      In Athen wurden diese Spannungen um 594 v. Chr. durch die Reformen des Staatsmanns Solon gelindert. Er schaffte die Schuldknechtschaft ab und schränkte die Adelsmacht ein. Zudem nahm er einen Schuldenschnitt, die sog. »Lastenabschüttelung« vor. Gleichzeitig besänftigte er die Oberschicht, indem er eine nach Vermögensklassen abgestufte Oligarchie einführte. Der Adel konnte in die höchsten Ämter gewählt werden, die Mittelschicht in die niedrigeren Ämter, und die Armen konnten als Geschworene gelost werden. Späteren Betrachtern wie Aristoteles galt Solon als der erste Wegbereiter der Demokratie.

image

      Der Parthenon, 447–438 v. Chr. als Tempel der Göttin Athene erbaut, wird oft als Symbol der Demokratie und der westlichen Zivilisation gesehen

      Im späten 6. Jh. v. Chr. geriet Athen unter die Kontrolle des Tyrannen Peisistratos und seiner Söhne. Daraufhin verbündeten sich einige Adlige unter Führung von Kleisthenes mit Angehörigen niedriger Schichten und übernahmen die Macht. Die Errichtung einer wirklichen Demokratie in Athen wird für gewöhnlich auf diesen Zeitpunkt (507 v. Chr.) datiert. Kleisthenes führte eine direkte Demokratie ein, bei der alle athenischen Bürger in der Volksversammlung (Ekklesia) die Politik bestimmten. Er organisierte die Bürger nach neu geschaffenen Phylen und durchbrach die traditionellen Bindungen, auf denen die athenische Adelsgesellschaft beruhte. Zudem reformierte er die Boulé (Rat der 500), die Gesetze entwarf und der Volksversammlung vorlegte. Die Befehlsgewalt über das Heer wurde auf vom Volk gewählte Generäle (strategoi) übertragen. 462 v. Chr. wurde Ephialtes zum Anführer der demokratischen Bewegung in Athen. Zusammen mit Perikles entmachtete er den Areopag und übertrug dessen Befugnisse an die Boulé, die Ekklesia und die Geschworenengerichte. Als Ephialtes 461 v. Chr. ermordet wurde, übernahm Perikles die politische Führung und wurde einer der einflussreichsten Politiker im antiken Griechenland.

       Eine perfekte Demokratie?

      Athen hatte nun eine direkte Demokratie, aber vielen Menschen war die Beteiligung daran verwehrt, da sie nicht als echte Bürger galten. Politische Rechte waren auf erwachsene athenische Männer beschränkt; Frauen, Fremde und Sklaven waren ausgeschlossen. Im 4. Jh. v. Chr. betrug die Gesamtbevölkerung Attikas, der Region um Athen, 300 000 Menschen, von denen aber nur 30 000 Männer stimmberechtigt waren. Theoretisch wurden Männer mit 18 Jahren zu stimmberechtigten Bürgern, aber da sie für gewöhnlich zwei Jahre Militärdienst leisten mussten, wurden sie erst mit 20 in die Listen für den Rat eingetragen. Volle politische Rechte erlangten sie erst mit 30.

image

      Die athenische Verfassung beruhte auf einer sorgfältigen Gewaltenteilung. Dies war unabdingbar, um die direkte Demokratie praktisch umsetzbar zu machen. Es ermöglichte auch allen Bürgern (Männern über 20) die Ausübung eines Amts und verhinderte Machtmissbrauch

      Während der Zeit zwischen dem griechischen Sieg in den Perserkriegen (479 v. Chr) und dem Beginn des Peloponnesischen Kriegs (431 v. Chr.) erreichte Athen den Höhepunkt seiner Macht. 447 v. Chr. benutzte Perikles die Kasse des Attischen Seebunds (des antipersischen Bündnisses, das zum Werkzeug der athenischen Vormachtstellung geworden war), um auf dem Felsenhügel der Akropolis einen prächtigen Tempel zu bauen: den Parthenon. Das athenische Bürgerrecht war sehr begehrt und 451 v. Chr. verabschiedete Perikles ein Gesetz, dass dieses Bürgerrecht Männern vorbehalten war, deren Eltern beide aus Attika stammten.

      »Jenen, die sich dem gewerblichen Leben zugewendet haben, fehlt es gleichwohl nicht an Einsicht für die Angelegenheiten des Staates.«

       Perikles

       Ein Zentrum der Philosophie

      Athen war nicht nur der mächtigste Stadtstaat im antiken Griechenland, sondern auch die Brutstätte einer revolutionären neuen Richtung in der Philosophie, zum großen Teil bedingt durch Sokrates (ca. 469–399 v. Chr.). Frühere griechische Philosophen, die sog. Vorsokratiker, hatten im 6. und 5. Jh. v. Chr. selbst eine Revolution des menschlichen Denkens hervorgebracht. Sie lehnten übernatürliche Erklärungen der Schöpfung, die erklärende Funktion der Mythologie und die Autorität der Überlieferung ab und setzten sich zum Ziel, die Ursprünge und Mechanismen der Welt durch Verstand und Beobachtung