Чарльз Дарвин

Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen)


Скачать книгу

zu beweisen scheinen, daß dies bei gewissen Familien von Shorthorn-Rindvieh vorkommt. Colonel Marshall527 hat neuerdings nach sorgfältiger Untersuchung gefunden, daß die Todas, ein Bergvolk Indiens, aus 112 männlichen und 84 weiblichen Individuen von allen Altern bestehen, das ist im Verhältnis von 133,3 Männern zu 100 Weibern. Die Todas, welche bei ihren ehelichen Verbindungen polyandrisch sind, übten während früheren Zeiten ausnahmlos weiblichen Kindesmord; diese Sitte ist aber jetzt eine beträchtliche Zeit lang außer Gebrauch gekommen. Von den innerhalb der letzten Jahre geborenen Kindern sind die Knaben zahlreicher als die Mädchen, und zwar im Verhältnis von 124 zu 100. Colonel Marshall erklärt diese Thatsache in der folgenden ingeniösen Weise: »Wir wollen behufs der Erläuterung drei Familien als Repräsentanten des Mittelzustandes des ganzen Stammes annehmen. Eine Mutter erzeuge sechs Töchter und keine Söhne, eine zweite Mutter habe nur sechs Söhne, während die dritte drei Söhne und drei Töchter habe. Nach dem Gebrauchthum des Stammes tödtet die erste Mutter vier Töchter und erhält zwei; die zweite erhält ihre sechs Söhne; die dritte tödtet zwei Töchter und behält eine, dazu noch ihre drei Söhne. Wir haben dann von den drei Familien neun Söhne und drei Töchter, auf denen die Fortpflanzung des Stammes ruht. Während aber die Männer zu Familien gehören, bei denen die Neigung, Söhne zu producieren, groß ist, haben die Frauen die entgegengesetzte Anlage. Dieser Einfluß verstärkt sich mit jeder Generation, bis dann endlich, wie wir es factisch finden, Familien dazu kommen, beständig mehr Söhne als Töchter zu haben.«

      Wir haben nach den verschiedenen, im Vorstehenden angeführten Quellen wohl Grund zur Annahme, daß Kindesmord, in der oben besprochenen Weise ausgeführt, dahin neigt, eine Rasse zu bilden, welche männliche Nachkommen produciert; ich bin aber weit davon entfernt zu vermuthen, daß dieser Gebrauch, sofern der Mensch in Betracht kommt, oder irgend ein analoger Vorgang bei andern Arten, die einzige bestimmende Ursache eines Überschusses der Männchen sei. Es dürfte hier bei abnehmenden Rassen, welche bereits in gewissem Grade unfruchtbar geworden sind, irgend ein unbekanntes, zu diesem Resultate führendes Gesetz bestehen. Außer den früher angezogenen Ursachen dürfte die größere Leichtigkeit der Geburt bei Wilden und ihre geringere damit verbundene Schädigung ihrer männlichen Kinder dazu führen, das Verhältnis der lebendiggebornen Knaben zu den Mädchen zu erhöhen. Es scheint indessen kein irgend nothwendiger Zusammenhang zwischen den Lebensgewohnheiten der Wilden und einem merkbaren Überschuß der männlichen Individuen zu bestehen; d. h. wenigstens, wenn wir uns nach den Charakteren der dürftigen Nachkommenschaft der vor Kurzem noch existierenden Tasmanier und der gekreuzten Nachkommenschaft der jetzt die Norfolk-Insel bewohnenden Tahitianer ein Urtheil bilden dürfen.

      Da die Männchen und Weibchen vieler Thiere in Bezug auf ihre Lebensweise etwas von einander verschieden sind, auch in verschiedenem Grade Gefahren ausgesetzt sind, so ist es wahrscheinlich, daß in vielen Fällen beständig mehr Individuen des einen Geschlechts als des andern zerstört werden. So weit ich aber die Complication der Ursachen verfolgen kann, würde ein unterschiedloses wenn auch bedeutendes Zerstören eines der