in ihren gegenseitigen Kämpfen benutzt werden. Aber man hat niemals beobachtet, daß sie miteinander kämpfen; auch konnte Mr. Bates nach einer sorgfältigen Untersuchung zahlreicher Arten keine hinreichenden Belege in dem verstümmelten oder zerbrochenen Zustande der Hörner dafür finden, daß sie zu diesem Zwecke benutzt worden wären. Wenn die Männchen die Gewohnheit gehabt hätten, mit einander zu kämpfen, so würde wahrscheinlich die Größe der Thiere selbst durch natürliche Zuchtwahl vermehrt worden sein, so daß sie die der Weibchen überträfen. Mr. Bates hat aber die beiden Geschlechter in über hundert Species von Copriden mit einander verglichen und findet bei gut entwickelten Individuen keine ausgesprochene Verschiedenheit in dieser Beziehung. Überdies giebt es einen zu der nämlichen großen Abtheilung der Lamellicornier gehörigen Käfer, nämlich Lethrus, dessen Männchen, wie man weiß, mit einander kämpfen; doch sind diese nicht mit Hörnern versehen, wenn auch ihre Mandibeln viel größer sind als die der Weibchen.
Die Schlußfolgerung, welche am besten mit der Thatsache übereinstimmt, daß die Hörner so immens und doch nicht in einer feststehenden Weise entwickelt worden sind, – wie sich durch ihre außerordentliche Variabilität in einer und derselben Species und durch ihre außerordentliche Verschiedenartigkeit in nahe verwandten Species zeigt, – ist die, daß sie zur Zierde erlangt worden sind. Diese Ansicht wird auf den ersten Blick äußerst unwahrscheinlich erscheinen; wir werden aber später bei vielen Thieren, welche in der Stufenleiter viel höher stehen, nämlich bei Fischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln finden, daß verschiedene Arten von Leisten, Höckern, Hörnern und Kämmen allem Anscheine nach nur für diesen einen Zweck entwickelt worden sind.
Die Männchen von Onitis furcifer (Fig. 21) und einigen andern Arten der Gattung sind mit eigentümlichen Vorsprüngen an den Oberschenkeln der Vorderbeine und mit einer großen Gabel oder einem Paar Hörnern an der unteren Fläche des Thorax versehen. Nach andern Insecten zu urtheilen, dürften dieselben das Männchen darin unterstützen, sich am Weibchen festzuhalten. Obgleich die Männchen auch nicht eine Spur von Hörnern an der oberen Fläche ihres Körpers darbieten, so ist doch bei den Weibchen ein Rudiment eines einfachen Horns auf dem Kopf (Fig. 22 a) und einer Leiste ( b) am Thorax deutlich sichtbar. Daß die unbedeutende Thoraxleiste beim Weibchen ein Rudiment eines dem Männchen eigenthümlichen Vorsprungs ist, welcher freilich bei dem Männchen dieser besonderen Species vollständig fehlt, ist klar. Denn das Weibchen von Bubas bison, einer Onitis sehr nahe verwandten Form, hat eine ähnliche geringe Leiste am Thorax und das Männchen hat an derselben Stelle einen großen Vorsprung. So kann ferner darüber kein Zweifel sein, daß der kleine Höcker ( a) am Kopfe des weiblichen Onitis furcifer, ebenso wie bei den Weibchen zweier oder dreier verwandter Species, ein rudimentärer Repräsentent des am Kopfe stehenden Horns ist, welches den Männchen so vieler lamellicorner Käfer wie z. B. Phanaeus (Fig. 18), häufig zukommt.
Fig. 21 Onitis furficer Männchen, von unten gesehen
Fig. 22. Linke Figur: das Männchen von Onitis furcifer, von der rechten Seite gesehen; die rechte Figur: das Weibchen. – a Rudiment des Horns am Kopfe; b Spur des Horns oder der Leiste am Thorax.
In diesem Falle bewährte sich der alte Glaube, daß Rudimente nur erschaffen worden seien, um das Schema der Natur zu vervollständigen, in einem Grade nicht, daß der gewöhnliche Zustand der Dinge in dieser Familie geradezu vollständig durchbrochen wird. Vernünftigerweise können wir vermuthen, daß die Männchen ursprünglich Hörner trugen und sie in einem rudimentären Zustande auf die Weibchen überlieferten, wie bei so vielen andern Lamellicorniern. Warum die Männchen später die Hörner verloren haben, wissen wir nicht; dies kann aber durch das Princip der Compensation verursacht worden sein, in Folge der Entwicklung der großen Hörner und Vorsprünge an der unteren Fläche; und da diese auf die Männchen beschränkt sind, werden hiernach die Rudimente der oberen Hörner bei den Weibchen nicht zum Verschwinden gebracht worden sein.
Die bisher mitgetheilten Fälle beziehen sich auf die Lamellicornier; aber die Männchen einiger weniger anderen Käfer, welche zu zwei sehr von einander verschiedenen Gruppen gehören, nämlich den Curculioniden und Staphyliniden, sind mit Hörnern versehen, – bei den ersteren an der unteren Fläche des Körpers,625 bei den letzteren an der oberen Fläche des Kopfes und Thorax. Bei den Staphyliniden sind die Hörner der Männchen einer und der nämlichen Species außerordentlich variabel, genau so wie wir es bei den Lamellicorniern gesehen haben. Bei Siagonium haben wir einen Fall von Dimorphismus; denn die Männchen können in zwei Gruppen getheilt werden, welche bedeutend in der Größe ihrer Körper und in der Entwicklung ihrer Hörner von einander abweichen ohne irgendwelche zwischenliegende Stufe. Bei einer Species von Bledius (Fig. 23), welche gleichfalls zu den Staphyliniden gehört, können an der nämlichen Örtlichkeit männliche Exemplare gefunden werden, wie Professor Westwood angiebt, »bei welchen das centrale Horn des Thorax sehr groß ist, während die Hörner des Kopfes ziemlich rudimentär sind, und andere, bei denen die Hörner des Thorax viel kürzer sind, während die Vorsprünge am Kopfe lang sind«.626 Hier haben wir daher dem Anscheine nach ein Beispiel von Compensation, welches auf den eben mitgetheilten Fall von einem Verluste der oberen Hörner bei den Männchen von Onitis Licht wirft.
Fig. 23. Bledius taurus, vergrößert. Figur links: das Männchen; Figur rechts: das Weibchen.
Gesetz des Kampfes. – Einige männliche Käfer, welche zum Kampfe nur schlecht ausgerüstet zu sein scheinen, treten doch mit andern in einen Streit um den Besitz der Weibchen ein. Mr. Wallace627 sah zwei Männchen von Leptorhynchus angustatus, einem schmalen, langen Käfer mit einem sehr verlängerten Rostrum, »die um ein Weibchen kämpften, welches dicht dabei emsig mit Bohren beschäftigt war. Sie stießen einander mit ihren Rüsseln, kratzten und schlugen sich offenbar in der größten Wuth. Das kleinere indessen rannte bald davon und gab sich dadurch als besiegt zu erkennen«. In einigen wenigen Fällen sind die Männchen gut zum Kämpfen ausgerüstet, und zwar durch den Besitz großer, gezähnter Mandibeln, welche viel größer als die der Weibchen sind. Dies ist bei dem gemeinen Hirschkäfer ( Lucanus cervus) der Fall, dessen Männchen ungefähr eine Woche früher als die Weibchen aus der Puppe ausschlüpfen, so daß häufig mehrere Männchen zu sehen sind, welche ein und dasselbe Weibchen verfolgen. Um diese Zeit ereignen sich heftige Kämpfe zwischen ihnen. Als Mr. A. H. Davis628 zwei Männchen mit einem Weibchen in einer Schachtel einschloß, knipp das größere Männchen das kleinere so lange und so heftig, bis dieses seine Ansprüche aufgab. Ein Freund erzählte mir, daß er als Knabe oft die Männchen zusammengebracht, um sie kämpfen zu sehen, und dabei bemerkt habe, daß sie viel kühner und wüthender gewesen seien als die Weibchen, wie es ja auch bei den höheren Thieren bekanntlich der Fall ist. Die Männchen ergriffen seinen Finger, wenn er vor sie gehalten wurde, aber nicht so die Weibchen, obgleich sie stärkere Kiefer haben. Bei vielen der Lucaniden, ebenso wie bei dem vorhin erwähnten Leptorhynchus sind die Männchen größere und kräftigere Insecten als die Weibchen. Die beiden Geschlechter von Lethrus cephalotes (einem der Lamellicornier) bewohnen eine und dieselbe Höhle, und das Männchen hat größere Mandibeln als das Weibchen. Wenn ein fremdes Männchen während der Brunstzeit in die Höhle einzudringen versucht, so wird es angegriffen. Das Weibchen bleibt dabei nicht passiv, sondern schließt die Öffnung der Höhle und feuert sein Männchen dadurch an, daß es dasselbe beständig von hinten hervortreibt. Die ganze Handlung hört nicht eher auf, als bis der Angreifer getödtet ist oder davonläuft.629 Die beiden Geschlechter eines andern lamellicornen Käfers, des Ateuchus cicatricosus, leben paarweise