Schwingungen der Ränder der Luftöffnungen hervorgebracht, welche durch einen aus den Tracheen ausgestoßenen Luftstrom in Bewegung gesetzt werden; doch wird diese Ansicht neuerdings bestritten. Dr. Powell scheint bewiesen zu haben,583 daß er durch die Schwingungen einer durch einen speciellen Muskel in Bewegung gesetzten Membran hervorgebracht wird. Beim lebenden Insect kann man während des Stridulierens diese Membran schwingen sehen, und beim todten Insect wird der richtige Ton gehört, wenn der etwas eingetrocknete und hart gewordene Muskel mit einer Stecknadelspitze angezogen wird. Beim Weibchen ist der ganze complicierte Stimmapparat zwar vorhanden, aber viel weniger als bei dem Männchen entwickelt und wird niemals zum Hervorbringen von Lauten benutzt.
In Bezug auf den Zweck dieser Musik sagt Dr. Hartmann,584 wo er von der Cicada septemdecim der Vereinigten Staaten spricht: »Das Trommeln ist jetzt (6. und 7. Juni 1851) in allen Richtungen zu hören. Ich glaube, daß dies die hochzeitliche Aufforderung seitens der Männchen ist. In dichtem Kastaniengebüsch ungefähr von Kopfhöhe stehend, wo Hunderte von Männchen um mich herum waren, beobachtete ich, daß die Weibchen sich um die trommelnden Männchen versammelten«. Er fügt dann hinzu: »In diesem Jahre (August 1868) brachte ein Zwergbirnbaum in meinem Garten ungefähr fünfzig Larven von Cicada pruinosa hervor, und ich beobachtete mehrere Male, daß die Weibchen sich in der Nähe eines Männchens niederließen, während es seine schallenden Töne ausstieß.« Fritz Müller schreibt mir aus Süd-Brasilien, daß er oft einem musikalischen Streite zwischen zwei oder drei Männchen einer Cicade zugehört habe, welche eine besonders laute Stimme hatten und in einer beträchtlichen Entfernung von einander saßen. Sobald das erste seinen Gesang beendigt hatte, begann unmittelbar darauf ein zweites, dann ein anderes. Da hiernach so viele Rivalität zwischen den Männchen existiert, so ist es wahrscheinlich, daß die Weibchen sie nicht bloß an den von ihnen ausgestoßenen Lauten erkennen, sondern daß sie, wie weibliche Vögel, von dem Männchen mit der anziehendsten Stimme angelockt oder angeregt werden.
Von ornamentalen Verschiedenheiten zwischen den beiden Geschlechtern bei den Homoptern habe ich keinen gut markierten Fall gefunden. Mr. Douglas theilt mir mit, daß es drei britische Arten giebt, bei denen das Männchen schwarz oder mit schwarzen Binden gezeichnet ist, während die Weibchen blaß gefärbt oder düsterfarbig sind.
Ordnung: Orthoptera (Grillen und Heuschrecken). – Die Männchen der drei durch ihre Springfüße ausgezeichneten Familien dieser Ordnung sind merkwürdig wegen ihrer musikalischen Fähigkeit, nämlich die der Achetiden oder Grillen, der Locustiden und der Acridiiden oder Heuschrecken. Die von einigen Locustiden hervorgebrachten Geräusche sind so laut, daß sie während der Nacht in einer Entfernung von einer englischen Meile gehört werden,585 und die von gewissen Species hervorgebrachten Laute sind selbst für das menschliche Ohr nicht unmusikalisch, so daß sie die Indianer am Amazonenstrom in Käfigen von geflochtenen Weiden halten. Alle Beobachter stimmen darin überein, daß die Geräusche dazu dienen, die stummen Weibchen zu rufen oder anzuregen. In Bezug auf die Wanderheuschrecke Rußlands hat Körte586 einen interessanten Fall von der Wahl eines Männchens Seitens des Weibchens gegeben. Während sich die Männchen dieser Art ( Pachytylus migratorius) mit dem Weibchen paaren, bringen sie aus Ärger oder Eifersucht ein Geräusch hervor, sobald sich ein anderes Männchen nähert. Wird das Heimchen oder die Hausgrille während der Nacht überrascht, so gebraucht es seine Stimme, um seine Genossen zu warnen.587 Das Katy-did ( Platyphyllum concavum, eine Form der Locustiden) in Nord-Amerika steigt nach der Beschreibung588 auf die oberen Zweige eines Baumes und beginnt am Abend »ein lärmendes Geschwätz, während rivalisierende Laute von den benachbarten Bäumen ausgehen, so daß die Gebüsche von dem Rufe des Katy-did-she-did die ganze liebe lange Nacht hindurch erschallen«. Mr. Bates sagt, indem er von der europäischen Feldgrille (einer der Achetiden) spricht: »Man hat beobachtet, wie sich das Männchen am Abend vor den Eingang zu seiner Höhle stellt und seine Stimme erhebt, bis sich ein Weibchen nähert; hierauf folgt den lauteren Tönen ein leises Geräusch, während der erfolgreiche Musiker mit seinen Antennen den neugewonnenen Genossen liebkost.«589 Dr. Scudder war im Stande, eines dieser Insecten dazu zu bringen, ihm zu antworten, dadurch, daß er mit einer Feder auf einer Feile rieb.590 In beiden Geschlechtern ist von von Siebold ein merkwürdiger Gehörapparat entdeckt worden, welcher in den Vorderschienen seinen Sitz hat.591
Fig. 11. Gryllus campestris (nach Landois). Die Figur rechts stellt die untere Seite eines Stücks der Schrillader dar, bedeutend vergrößert und die Zähne ( st) zeigend.
Die Figur links ist die obere Fläche der Flügeldecke mit den vorspringenden glatten Adern ( r)), gegen welche die Zähne ( st), gerieben werden.
In den drei Familien werden die Geräusche auf verschiedene Weise hervorgebracht. Bei den Männchen der Achetiden besitzen beide Flügeldecken dasselbe Gebilde, und dies besteht bei der Feldgrille ( Gryllus campestris, Fig. 11), wie es Landois beschrieben hat592 aus 131 bis 138 scharfen Querleisten oder Zähnen ( st) auf der unteren Seite einer der Adern der Flügeldecken. Diese gezahnte Ader (Schrillader Landois) wird mit großer Schnelligkeit quer über eine vorspringende glatte harte Ader ( r) auf der oberen Fläche des entgegengesetzten Flügels gerieben. Zuerst wird ein Flügel über den andern gerieben und dann wird die Bewegung umgekehrt. Beide Flügel werden zu derselben Zeit etwas in die Höhe gehoben, um die Resonanz zu verstärken. In einigen Species sind die Flügeldecken an ihrer Basis mit einer glimmerartigen Platte versehen.593 Ich habe hier nebenstehend eine Zeichnung (Fig. 12) der Zähne von der unteren Seite der Aderung einer anderen Species von Gryllus, nämlich von G. domesticus, gegeben. Was die Bildung dieser Zähne betrifft, so hat Dr. Graber gezeigt,594 daß sie mit Hülfe der Zuchtwahl sich aus den äußerst kleinen Schuppen und Haaren entwickelt haben, mit denen die Flügel und der Körper bedeckt sind; ich kam in Bezug auf diejenigen der Coleoptern zu demselben Schlusse. Dr. Graber zeigt aber ferner, daß ihre Entwicklung zum Theil eine directe Folge des aus der Reibung eines Flügels auf dem andern entstehenden Reizes ist.
Fig. 12. Zähne der Aderung von Gryllus domesticus (nach Landois)
Bei den Locustiden weichen die Flügeldecken der beiden einander gegenüberstehenden Seiten in ihrer Bildung ab (Fig. 13) und können nicht, wie es in der letzten Familie der Fall war, indifferent auch in umgekehrter Weise benutzt werden. Der linke Flügel, welcher als ein Violinbogen wirkt, liegt über dem rechten Flügel, welcher als Violine selbst dient. Einer der Nerven ( a) an der unteren Fläche des ersteren ist fein gesägt und wird quer über die vorspringenden Nerven an der oberen Fläche des entgegengesetzten oder rechten Flügels hingezogen. Bei unserer englischen Phasgonura viridissima schien es mir, als ob die gesägte Ader gegen die abgerundete hintere Ecke des entgegengesetzten Flügels gerieben würde, deren Rand verdickt, braun gefärbt und sehr scharf ist. Am rechten Flügel, aber nicht am linken, findet sich eine kleine Platte, so durchscheinend wie ein Glimmerplättchen und von Adern umgeben, welche der Spiegel genannt wird. In Ephippiger vitium, einem Mitgliede derselben Familie, finden wir eine merkwürdige untergeordnete Modification; die Flügeldecken sind hier bedeutend an Größe reduciert, aber, »der hintere Theil des Prothorax ist in