welche andern Vierhändern oder andern Säugethieren eigen sind. Professor Vlacovich105 untersuchte vierzig männliche Leichen und fand bei neunzehn unter ihnen einen Muskel, den er den ischiopubicus nennt; bei drei andern war ein Band vorhanden, welches diesen Muskel ersetzte, und bei den übrigen achtzehn fand sich keine Spur davon. Unter dreißig weiblichen Leichen war dieser Muskel auf beiden Seiten nur bei zweien entwickelt, aber bei drei andern fand sich das rudimentäre Band. Es scheint daher dieser Muskel beim männlichen Geschlecht viel häufiger zu sein als beim weiblichen, und aus dem Princip, nach welchem der Mensch von einer niederen Form abstammt, läßt sich diese Thatsache wohl verstehen. Denn bei mehreren niederen Thieren ist der Muskel nachgewiesen worden und dient bei allen diesen ausschließlich nur den Männchen beim Reproductionsgeschäft.
Mr. J. Wood hat in einer Reihe werthvoller Aufsätze106 eine ungeheure Anzahl von Muskelvarietäten beim Menschen ausführlich beschrieben, welche normalen Bildungen bei niederen Thieren gleichen. Betrachtet man nur die Muskeln, welche denen gleichen, die bei unsern nächsten Verwandten, den Vierhändern, regelmäßig vorhanden sind, so sind diese schon zu zahlreich, um hier auch nur angeführt zu werden. Bei einem einzigen männlichen Leichnam, welcher eine kräftige körperliche Entwicklung und einen wohlgebildeten Schädel besaß, wurden nicht weniger als sieben Muskelabweichungen beobachtet, welche sämmtlich deutlich Muskeln repräsentieren, welche verschiedenen Arten von Affen eigen sind. So hatte dieser Mensch z. B. auf beiden Seiten des Halses einen echten und kräftigen Levator claviculae, so wie er sich bei allen Arten von Affen findet und von welchem man sagt, daß er bei ungefähr einer unter sechzig menschlichen Leichen vorkommt.107 Ferner hatte dieser Mensch »einen speciellen Abductor des Metatarsalknochens der fünften Zehe, einen solchen wie er nach den Demonstrationen von Professor Huxley und Mr. Flower gleichförmig bei den höheren und niederen Affen existiert«. Ich will nur noch zwei weitere Fälle anführen. Der Acromio-basilaris findet sich bei allen, in der Thierreihe unter dem Menschen stehenden Säugethieren und scheint zu dem Gang auf allen Vieren in Beziehung zu stehen;108 beim Menschen erscheint er an einer von ungefähr sechzig Leichen. Von den Muskeln der unteren Gliedmaßen fand Mr. Bradley109 einen Abductor ossis metatarsi quinti an beiden Füßen beim Menschen; bis dahin war kein Fall von seinem Vorkommen beim Menschen berichtet worden; er findet sich aber stets bei den anthropomorphen Affen. Die Hände und Arme des Menschen sind außerordentlich charakteristische Bildungen, doch sind ihre Muskeln äußerst geneigt zu variieren, so daß sie dann den entsprechenden Muskeln bei niederen Thieren gleichen.110 Derartige Ähnlichkeiten sind entweder vollständig und vollkommen oder unvollkommen, im letzteren Fall aber offenbar von einer Übergangsbeschaffenheit. Gewisse Abweichungen sind häufiger beim Mann, andere häufiger bei der Frau, ohne daß wir im Stande wären, irgend einen Grund hierfür anzuführen. Nach der Beschreibung zahlreicher Abänderungen macht Mr. Wood die folgende bezeichnende Bemerkung: »bemerkenswerthe Abweichungen von dem gewöhnlichen Typus der Muskelbildungen bewegen sich in bestimmten Richtungen, welche für Andeutungen irgend eines unbekannten Factors gehalten werden müssen, der für eine umfassende Kenntnis der allgemeinen und wissenschaftlichen Anatomie von hoher Bedeutung ist«.111
Daß dieser unbekannte Factor Rückschlag auf einen früheren Zustand der Existenz ist, kann als im höchsten Grade wahrscheinlich angenommen werden.112 Es ist völlig unglaublich, daß ein Mensch nur in Folge eines bloßen Zufalls abnormer Weise in nicht weniger als sieben seiner Muskeln gewissen Affen gleichen sollte, wenn nicht ein genetischer Zusammenhang zwischen ihnen bestände. Stammt auf der andern Seite der Mensch von irgend einer affenähnlichen Form ab, so läßt sich kein triftiger Grund beibringen, warum gewisse Muskeln nach einem Verlauf von vielen tausend Generationen nicht plötzlich in derselben Weise wiedererscheinen sollten, wie bei Pferden, Eseln und Maulthieren dunkelfarbige Streifen auf den Beinen und Schultern nach einem Verlauf von Hunderten oder wahrscheinlich Tausenden von Generationen plötzlich wieder erscheinen.
Diese verschiedenen Fälle von Rückschlag sind denen von rudimentären Organen, wie sie im ersten Capitel mitgetheilt wurden, so nahe verwandt, daß viele von ihnen mit gleichem Recht in jedem der beiden Capitel hätten untergebracht werden können. So kann man sagen, daß ein menschlicher Uterus, welcher Hörner besitzt, in einem rudimentären Zustande das Organ repräsentiert, wie es gewisse Säugethiere im normalen Zustande besitzen. Manche Theile, welche beim Menschen rudimentär sind, wie das Schwanzbein bei beiden Geschlechtern und die Brustdrüsen beim männlichen Geschlecht, sind immer vorhanden, während andere, wie das supracondyloide Loch, nur gelegentlich erscheinen und daher in die Kategorie der Rückschlagsfalle hätten aufgenommen werden können. Diese verschiedenen auf Rückschlag ebenso wie auf Verkümmerung im strengen Sinne zu beziehenden Bildungen decken die Abstammung des Menschen von irgend einer niederen Form in einer nicht mißzuverstehenden Weise auf.
Fußnote
94 Mémoire sur les Microcéphales. 1867, p. 50, 125, 169, 171, 184-198.
95 Professor Laycock faßt die Charaktere der thierähnlichen Idioten in der Art zusammen, daß er sie theroid nennt (Journal of Mental Science, July 1863). Dr. Scott (The Deaf and Dumb, 2. ed. 1870. p. 10) hat oft beobachtet, wie Geistesschwache ihre Nahrung beriechen, s. über denselben Gegenstand und über das Behaartsein der Idioten: Dr. Maudsley, Body and Mind, 1870, p. 46-51. Auch Pinel hat ein auffallendes Beispiel von Behaartsein bei einem Blödsinnigen mitgetheilt.
96 In meinem »Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication«, 2. Aufl. Bd. II, S. 65 schrieb ich den nicht seltnen Fall von überzähligen Brustdrüsen bei Frauen dem Rückschlage zu. Ich war hierzu, als zu einem wahrscheinlichen Schlusse, dadurch geführt worden, daß die überzähligen Drüsen meist symmetrisch auf der Brust stehen, und besonders noch dadurch, daß in einem Falle, bei der Tochter einer Frau mit überzähligen Brustdrüsen eine einzelne fungierende Milchdrüse in der Weichengegend vorhanden war. Ich bemerke aber jetzt (s. z. B. Preyer, Der Kampf um's Dasein, 1869, p. 45), daß mammae erraticae auch an andern Stellen vorkommen, so am Rücken, in der Achselhöhle und am Schenkel; die Drüsen gaben im letztern Falle so viel Milch, daß das Kind damit ernährt wurde. Die Wahrscheinlichkeit, daß die über zähligen Milchdrüsen in Folge von Rückschlag erschienen, wird hierdurch bedeutend vermindert; nichtsdestoweniger erscheint mir dies noch immer wahrscheinlich, weil häufig zwei Paar symmetrisch auf der Brust gefunden werden; von mehreren Fällen dieser Art ist mir selbst Mittheilung geworden. Es ist bekannt, daß mehrere Lemure normal zwei Paar Milchdrüsen an der Brust haben. Es sind fünf Fälle vom Vorhandensein von mehr als einem Paare Brustdrüsen (natürlich rudimentären) beim männlichen Geschlecht (Mensch) mitgetheilt worden; s. Journal of Anat. and Physiology, 1872, p. 56, in Bezug auf einen von Dr. Handyside angeführten Fall von zwei Brüdern, welche diese Eigenthümlichkeit darboten; s. auch einen Aufsatz von Dr. Bartels in Reichert und Dubois-Reymond's Archiv, 1872, p. 304. In einem der von Dr. Bartels erwähnten Fälle besaß ein Mann fünf Milchdrüsen, eine davon in der Mittellinie oberhalb des Nabels; Meckel von Hemsbach glaubt, daß dies durch das Vorkommen einer medianen Mamma bei gewissen Fledermäusen illustriert wird. Im Ganzen dürfen wir wohl bezweifeln, ob sich in beiden Geschlechtern beim Menschen jemals überzählige Brustdrüsen überhaupt hätten entwickeln können, wenn nicht seine früheren Urerzeuger mit mehr als einem einzigen Paare versehen gewesen wären. In meinem oben angeführten Werke (Bd. II, p. 14) schrieb ich auch, wennschon mit großer Zögerung, die häufigen Fälle von Polydactylismus beim Menschen dem Rückschlage zu. Zum