oder in Städten, das Kreuzen mit fremden Einwanderern u. s. w., alles dies einen Einfluß auf das Verhältnis der Geschlechter zu einander. In Bezug auf den Menschen vermuthet man ferner, daß Polygamie die Geburt einer größeren Proportion von Mädchen veranlasse; aber Dr. Campbell490 hat diesem Gegenstande in den Harems von Siam eingehende Aufmerksamkeit gewidmet und ist zu dem Schlusse gelangt, daß das Verhältnis der männlichen zu den weiblichen Geburten dort dasselbe ist wie bei monogamen Verbindungen. Kaum irgend ein Thier ist in solchem Maße polygam gemacht worden wie das englische Rennpferd, und doch werden wir sofort sehen, daß dessen männliche und weibliche Nachkommen fast genau gleiche Zahlen darbieten. Ich will nun die Thatsachen mittheilen, welche ich in Bezug auf die proportionalen Zahlen der Geschlechter bei verschiedenen Thieren gesammelt habe, und will dann kurz erörtern, in wie weit bei Bestimmung des Resultats Zuchtwahl in's Spiel gekommen ist.
Pferde. – Herr Tegetmeier hat die Güte gehabt, aus dem »Racing Calendar« die Geburten von Rennpferden während einer Periode von vierundzwanzig Jahren, nämlich von 1846 bis 1867 für mich in Tabellen zu bringen; das Jahr 1849 ist weggelassen, da in diesem Jahre die Erhebungen nicht veröffentlicht wurden. Die Totalzahl aller Geburten betrug 25,560,491 wovon 12,763 männliche und 12,797 weibliche waren, oder die männlichen standen im Verhältnis von 99,7 zu 100 weiblichen. Da diese Zahlen ziemlich groß sind und aus allen Theilen von England während des Verlaufs mehrerer Jahre zusammengetragen sind, so können wir mit vielem Vertrauen schließen, daß bei dem domesticierten Pferde oder mindestens beim Rennpferde die beiden Geschlechter in fast gleicher Anzahl erzeugt werden. Die Schwankungen in den Verhältniszahlen während der aufeinanderfolgenden Jahre sind denjenigen sehr gleich, welche beim Menschen vorkommen, wenn ein kleiner und dünn bevölkerter Bezirk in Betracht gezogen wird; so verhielten sich im Jahre 1856 die männlichen Pferde wie 107,1 und im Jahre 1867 nur wie 92,6 zu 100 weiblichen. In den tabellarisch geordneten Erhebungen variiert das Verhältnis periodisch, denn die Männchen überwogen die Weibchen während sechs aufeinanderfolgender Jahre; und die Weibchen überwogen die Männchen während zweier Perioden, jede von vier Jahren; dies kann indessen wohl zufällig sein, wenigstens kann ich nichts der Art beim Menschen in der zehnjährigen Tabelle aus dem Registrar's Report für 1866 entdecken.
Hunde. – Während eines Zeitraums von zwölf Jahren, von 1857 bis 1868, sind die Geburten einer großen Anzahl von Windspielen aus ganz England in das Journal »The Field« eingeschickt worden; und ich bin wiederum Herrn Tegetmeier dafür verbunden, daß er mir die Resultate sorgfältig in Tabellen gebracht hat. Die verzeichneten Geburten betrugen im Ganzen 6878, von denen 3605 männliche und 3273 weibliche waren; sie standen also zu einander im Verhältnis von 110,1 männlichen zu 100 weiblichen Geburten. Die größten Schwankungen kamen vor im Jahre 1864, wo sich die Zahlen wie 95,3 männlich, und im Jahre 1867, wo sie sich wie 116,3 männliche zu 100 weiblichen verhielten. Das oben angegebene mittlere Verhältnis von 110,1 zu 100 ist für den Windhund wahrscheinlich nahezu correct; ob es aber auch für andere domesticierte Rassen gelten dürfte, ist in ziemlichem Grade zweifelhaft. Mr. Cupples hat sich bei mehreren großen Hundezüchtern erkundigt und dabei erfahren, daß alle ohne Ausnahme der Ansicht sind, daß die Weibchen in der Mehrzahl geboren werden; er vermuthet, diese Annahme könne wohl dadurch entstanden sein, daß die Weibchen weniger hoch geschätzt werden, und daß die damit zusammenhängende Enttäuschung auf das Gemüth einen stärkeren Eindruck mache.
Schaf. – Das Geschlecht der Schafe wird von den Landwirthen erst mehrere Monate nach der Geburt ermittelt, zu der Zeit, wenn die Männchen castriert werden, so daß die folgenden Erhebungen nicht die Verhältniszahlen zur Zeit der Geburt geben. Überdies finde ich, daß mehrere große Schafzüchter in Schottland, welche jährlich einige tausend Schafe erziehen, fest überzeugt sind, daß während des ersten oder der zwei ersten Jahre eine größere Zahl von Männchen als von Weibchen stirbt; es würde hiernach zur Zeit der Geburt das Verhältnis der Männchen etwas größer sein als zur Zeit der Castration. Dies ist ein merkwürdiges Zusammentreffen mit dem, was, wie wir gesehen haben, beim Menschen eintritt; und wahrscheinlich hängen beide Fälle von einer gemeinsamen Ursache ab. Ich habe von vier Herren in England, welche während der letzten zehn bis sechszehn Jahre Niederungsrassen, hauptsächlich Leicesterschafe gezüchtet haben, Zahlenangaben erhalten; die Zahl der Geburten beträgt im Ganzen 8965; davon sind 4407 männliche und 4558 weibliche, dies ergiebt also ein Verhältnis von 96,7 männlichen zu 100 weiblichen Lämmern. In Bezug auf die Cheviot-Rasse und die in Schottland gezüchteten Schafe mit schwarzem Gesicht habe ich von sechs Züchtern, worunter zwei in großem Maßstabe züchten, hauptsächlich aus den Jahren 1867 bis 1869 Angaben erhalten, einige reichen aber bis 1862 zurück. Die Gesammtzahl aller notierten Geburten beläuft sich auf 50.685 und besteht aus 25.071 männlichen und 25.614 weiblichen, so daß die Männchen im Verhältnis von 97,9 zu 100 Weibchen stehen. Nehmen wir die englischen und schottischen Erhebungen zusammen, so erhebt sich die Gesammtzahl auf 59.650, von denen 29.478 männliche und 30.112 weibliche Geburten sind, also im Verhältnis von 97,7 männlichen zu 100 weiblichen. Bei Schafen sind also ganz bestimmt im Alter, wo die Männchen castriert werden, die Weibchen in der Mehrzahl; wahrscheinlich gilt dies aber nicht für die Zeit der Geburt.492
In Bezug auf Rinder habe ich Zahlenangaben von neun Herren erhalten, zusammen 982 Geburten betragend, also zu wenig, um zuverlässige Grundlagen zu geben. Es waren 447 Stierkälber und 505 Kuhkälber geboren, also in dem Verhältnis von 94,4 männlichen auf 100 weibliche. Der Rev. W. D. Fox theilt mir mit, daß unter 34 im Jahre 1867 auf einer Farm in Derbyshire geborenen Kälbern nur ein einziges Stierkalb sich fand. Mr. Harrison Weir schreibt mir, daß er sich bei mehreren Schweinezüchtern erkundigt hat; die meisten schätzen das Verhältnis der männlichen zu den weiblichen Geburten wie 7 zu 6. Derselbe Herr hat viele Jahre lang Kaninchen gezüchtet und dabei beobachtet, daß eine viel größere Zahl von männlichen als weiblichen Jungen geboren werden. Schätzungen sind aber nur von geringem Werthe.
Über Säugethiere im Naturzustande bin ich nur sehr wenig zu erfahren im Stande gewesen. In Bezug auf die gemeine Ratte habe ich widersprechende Angaben erhalten. Mr. R. Elliot von Laighwood theilt mir mit, ein Rattenfänger habe ihm versichert, daß er immer die Männchen in bedeutender Mehrzahl gefunden habe, selbst unter den Jungen in den Nestern. In Folge hiervon untersuchte Mr. Elliot später selbst einige Hundert alter Ratten und fand die Angabe bestätigt. Mr. F. Buckland hat eine große Anzahl weißer Ratten gezogen, und auch er ist der Meinung, daß die Männchen bedeutend an Zahl die Weibchen überwiegen. In Bezug auf Maulwürfe wird gesagt, daß »die Männchen weit zahlreicher seien als die Weibchen«493 und da das Fangen dieser Thiere eine besondere Beschäftigung mancher Leute ist, so kann man sich vielleicht auf die Angabe verlassen. Bei der Schilderung einer Antilope von Süd-Afrika ( Kobus ellipsiprymnus) bemerkt Sir A. Smith,494 daß in den Herden dieser und anderer Species die Männchen im Vergleiche mit den Weibchen geringer an Zahl sind; die Eingeborenen glauben, daß auch bei der Geburt der Thiere dies Verhältnis herrsche; Andere glauben, daß die jungen Männchen von den Herden weggetrieben werden, und Sir A. Smith sagt, daß er zwar selbst niemals Herden gesehen habe, welche nur aus jungen Männchen bestanden hätten, daß aber Andere versichern, daß dies vorkomme. Es scheint wohl wahrscheinlich zu sein, daß wenn die jungen Männchen von den Herden fortgetrieben sind, sie sehr leicht den vielen Raubthieren des Landes zur Beute fallen.
Fußnote
481 Twenty-ninth Annual Report of the Registrar-General for 1866. In diesem Berichte ist (p. XII) eine specielle zehnjährige Tabelle gegeben.
482 in Bezug auf Norwegen und Rußland s. einen Auszug von Prof. Faye's Untersuchungen in: British and Foreign Medico-Chirurgical Review, April 1867, p. 343, 345. In Bezug