Гарриет Бичер-Стоу

Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert)


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— o Himmel — laß uns fortlaufen!“

      „Halt‘s Maul! Rühr‘ dich nicht! Sie kommen richtig auf die Tür zu!“

      Die Jungen kauerten sich auf den Fußboden nieder, spähten durch Ritzen auf dem Fußboden und warteten in Furcht und Elend.

      „Sie halten — — nein — sie kommen — da sind sie! Kein Wort mehr, Huck! Mein Gott — ich wollt‘, ich wär‘ hier raus!“

      Zwei Männer traten ein. Beide Jungen sagten zu sich selbst: „‘s ist der alte taubstumme Spanier, der ein paarmal letzthin im Dorfe war — den anderen hab‘ ich nie gesehn.“

      Der „andere“ war ein zerlumpter, ungekämmter Strolch mit wenig einladenden Gesichtszügen. Der Spanier war in eine „Serape“ gehüllt, er hatte einen struppigen weißen Bart, langes, weißes Haar flatterte unter dem Räuberhut hervor, er trug grüne Augengläser. Indem sie hereinkamen, sprach der „andere“ mit leiser Stimme; sie setzten sich auf die Erde, das Gesicht zur Tür, den Rücken gegen die Wand, und der Sprecher fuhr fort. Sein Benehmen wurde ungenierter und seine Sprache entschiedener.

      „Nein,“ sagte er, „hab‘ drüber nachgedacht — ‘s geht nicht; ‘s ist zu gefährlich.“

      „Gefährlich,“ höhnte der taubstumme Spanier zur höchsten Überraschung der Jungen. „Waschlappen!“

      Diese Stimme ließ die Jungen erzittern wie Espenlaub. Es war der Indianer-Joe! Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann fuhr Joe fort: „Was ist wohl gefährlicher als der letzte Streich — und doch ist nichts passiert.“

      „Das ist ‘n Unterschied. Weit draußen am Fluß und kein Haus in der Nähe! Wer sollt‘ denn wissen, daß wir was versucht haben, wo wir doch nichts erreicht haben!“

      „Na, wie kann was gefährlicher sein, als bei Tage hierher kommen? Wer uns säh‘, müßt‘ doch Verdacht haben.“

      „Weiß wohl. ‘s gab aber keinen besseren Platz nach dem mißglückten Streich. Muß fort von hier. Wollt‘s auch gestern schon, ‘s war aber nicht möglich, von hier auszuziehen, solange diese Teufelsjungen da oben ganz in der Nähe spielten.“

      „Diese Teufelsjungen“ zuckten unter dieser Bemerkung zusammen und dachten, wie gut es doch sei, daß sie sich noch zur rechten Zeit an den Freitag erinnert und beschlossen hatten, bis Samstag zu warten. Sie wünschten nur, ein Jahr gewartet zu haben.

      Die beiden Männer holten ein paar Lebensmittel hervor und hielten eine Mahlzeit. Nach langem, gedankenvollen Schweigen sagte Joe: „Paß auf, Kerl, mache, daß du wieder stromaufwärts kommst, wo du hingehörst. Warte dort, bis du von mir hörst. Werd‘ mir mal die Gelegenheit ansehen im Dorf. Wenn ich ‘n bißchen rumgeschnüffelt hab‘ und alles sich gut anläßt, wolln wir das ‚gefährliche Stückchen‘ ausführen. Dann nach Texas! Wollen‘s zusammen machen!“

      Das war befriedigend. Beide fingen an zu gähnen, und Joe sagte:

      „Bin todmüde! Die Reihe ist an dir, zu wachen.“

      Er warf sich nieder und begann bald zu schnarchen. Der andere stieß ihn ein paarmal an, und er wurde ruhig. Plötzlich begann der Wächter zu nicken; sein Kopf sank tiefer und tiefer; dann schliefen beide.

      Die Jungen taten einen langen, erleichterten Atemzug. Tom flüsterte:

      „Jetzt gilt‘s — komm!“

      Huck aber meinte: „Kann nicht — wär‘ tot, wenn sie aufwachten!“

      Tom drängte, Huck hielt zurück. Schließlich erhob sich Tom leise und furchtsam und schlich allein davon. Aber der erste Schritt, den er tat, erzeugte auf dem Holzboden ein solches Krachen, daß er halbtot vor Angst wieder niederkauerte. Er machte keinen zweiten Versuch. Die Jungen lagen da, die schrecklichen Augenblicke zählend, bis es ihnen schien, die Zeit habe aufgehört und die Ewigkeit beginne. Und dann erleichterte sie der Gedanke, daß schließlich die Sonne untergehen müsse. Jetzt rührte sich der eine Schläfer. Joe richtete sich auf, starrte um sich, lächelte verächtlich auf seinen Spießgesellen nieder, dessen Kopf auf seine Knie gesunken war, stieß ihn mit dem Fuße an und rief: „Auf! Bist mir ‘n schöner Wächter, Kerl!“

      „Na ja, was denn — ‘s ist ja nichts passiert.“

      „Na — hast du denn jetzt ausgeschlafen?“

      „‘s geht halb und halb.“

      „Jetzt heißt‘s aber aufbrechen. Was machen wir nur mit dem bißchen Geld, was wir noch haben?“

      „Weiß nicht — lassen‘s hier, wie sonst, denk‘ ich. Wer sollt‘s fortnehmen, wenn wir weg sind? Sechshundertundfünfzig in Silber ist auch zu viel zum Mitschleppen.“

      „Na ja — ist recht — wenn wir doch noch mal herkommen müssen.“

      „Dann ist‘s aber doch besser, in der Nacht herzukommen, wie sonst.“

      „Ja — aber denk‘ mal, ‘s könnt‘ doch ‘ne ziemliche Zeit dauern, bis ich zu dem Streich kommen kann, ‘s könnt sich was zutragen und ‘s liegt hier grad‘ an keinem guten Platz. Wollen‘s doch lieber richtig vergraben — und tief vergraben.“

      „‘s ist ‘n guter Gedanke,“ sagte der andere, ging durch den Raum, kniete nieder, riß einen der Herdsteine auf und holte einen Sack heraus, der vielversprechend klang. Er nahm zwanzig bis dreißig Dollar für sich und ebensoviel für Joe heraus und gab den Sack letzterem, der in der Ecke kniete, mit seinem Messer die Erde aufwühlend.

      Die Jungen vergaßen alle Angst, all ihre Verlegenheit bei diesem Anblick. Mit glänzenden Augen verfolgten sie jede Bewegung. Der Glanz da unten übertraf all ihre Vorstellungen! Sechshundert Dollar war Geld genug, ein halbes Dutzend kleiner Jungen reich zu machen! Hier ließ sich unter den glücklichsten Aussichten nach Gold graben, da gab‘s kein Kopfzerbrechen, wo man graben müsse. Jeden Augenblick stießen sie einander an — ein leichtes Verständigungsmittel, denn ihr einziger Gedanke war: Freust dich, daß wie hier sind.

      Joes Messer stieß auf etwas.

      „Holla,“ sagte er.

      „Was gibt‘s?“ fragte der andere Strolch.

      „‘n halb verfaulter Balken — nee, glaub‘, ‘s ist ‘n Kasten. Hier, hilf mal, wollen sehn, was es gibt. Ho, da hab‘ ich ‘n Loch hineingebrochen.“

      Er griff mit der Hand hinunter und zog sie wieder heraus.

      „Mensch — ‘s ist Geld!“

      Die beiden untersuchten die Handvoll Münzen. Es war wirklich Gold. Die Jungen oben waren ebenso erregt und entzückt wie sie.

      Joes Spießgeselle sagte: „Wollen gleich ganze Arbeit damit machen. Dort liegt ‘ne alte verrostete Hacke in der Ecke, dort auf der anderen Seite vom Herd — sah sie vorhin.“

      Er lief hin und brachte Hacke und Schaufel der Jungen. Joe nahm die Hacke, betrachtete sie mit kritischer Miene, schüttelte den Kopf, murmelte etwas vor sich hin und begann damit zu hantieren.

      Die Kiste war bald ausgegraben. Sie war nicht sehr groß; sie hatte Eisenbänder und war sehr stark gewesen, bevor der Zahn der Zeit sie angefressen hatte. Der Kerl betrachtete den Schatz eine Weile aufmerksam, schweigend, aber vergnügt.

      „Kerl, ‘s sind gewiß tausend Dollar,“ sagte er.

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      „‘s hat ja immer schon geheißen, daß Murrels Bande vorigen Sommer hier gehaust hat,“ bemerkte der Fremde.

      „Weiß wohl,“ entgegnete Joe, „und mir scheint, ‘s sieht ganz danach aus.“

      „Jetzt brauchst du deinen Streich nicht mehr auszuführen, sollt‘ ich denken.“

      Der Indianer runzelte die Stirn und sagte: „Du kennst mich