Гарриет Бичер-Стоу

Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert)


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heut abend das Stehen noch einmal recht probieren.«

      Frohlockend kam das Heidi mit seiner Nachricht zu Klara zurück, und diese versprach gleich, sovielmal versuchen zu wollen, auf ihren Füßen zu stehen, als der Großvater nur wolle, denn sie freute sich ganz ungeheuer, diese Reise nach der schönen Geißenweide hinauf zu machen. Das Heidi war so voller Jubel, daß es gleich dem Peter entgegenrief, sobald es ihn am Abend beim Herunterkommen erblickte:

      »Peter! Peter! Morgen kommen wir auch mit und bleiben den ganzen Tag dort oben.«

      Als Antwort brummte der Peter wie ein gereizter Bär und schlug mit Wut nach dem unschuldigen Distelfink, der neben ihm trabte. Aber der flinke Distelfink hatte die Bewegung zur rechten Zeit wahrgenommen. Er machte einen hohen Satz über das Schneehöppli weg, und der Hieb sauste in die Luft hinaus.

      Klara und Heidi bestiegen heute voll herrlicher Erwartungen ihre zwei schönen Betten, und so erfüllt waren sie von ihren Plänen für morgen, daß sie beschlossen, die ganze Nacht wach zu bleiben und immerfort davon zu sprechen, bis sie wieder aufstehen durften. Kaum lagen sie aber auf ihren guten Kissen, so hörten die Gespräche plötzlich auf, und Klara sah im Traume ein großes, großes Feld vor sich, das war ganz himmelblau anzusehen, so dicht besät war es von lauter Glockenblumen; und das Heidi hörte den Raubvogel oben in den Höhen, wie er herunterschrie: »Kommt! Kommt! Kommt!«

      Es geschieht, was keiner erwartet hat

       Inhaltsverzeichnis

      In aller Frühe trat der Öhi am andern Morgen aus der Hütte und schaute ringsum, wie der Tag sich gestalten wolle. Auf den hohen Bergspitzen lag ein rötlich-goldener Schein; ein frischer Wind fing an, die Äste der Tannen hin und her zu wiegen; die Sonne wollte kommen.

      Eine Weile noch stand der Alte und schaute andächtig zu, wie nach den hohen Berggipfeln die grünen Hügel golden zu schimmern begannen und dann aus dem Tale leise die dunkeln Schatten wichen und ein rosiges Licht hineinfloß und nun Höhen und Tiefen im Morgengolde erglänzten; die Sonne war gekommen.

      Jetzt holte der Öhi den Rollstuhl aus dem Schopf heraus, stellte ihn, zur Reise gerüstet, vor die Hütte hin und trat dann hinein, um den Kindern zu sagen, wie schön der Morgen erwacht sei, und sie herauszuholen.

      Eben jetzt kam der Peter herangestiegen. Seine Geißen kamen nicht zutraulich wie gewohnt an seiner Seite und nahe vor und hinter ihm den Berg herauf; sie schossen scheu umher, dahin und dorthin, denn der Peter hieb alle Augenblicke ohne jede Veranlassung um sich wie ein Wütender, und wo er traf, tat es nicht wohl. Der Peter war auf dem höchsten Punkt des Zornes und der Erbitterung angelangt. Seit Wochen hatte er nie mehr das Heidi für sich gehabt, so wie er's gewohnt war. Kam er am Morgen von unten herauf, so wurde schon immer das fremde Kind in seinem Stuhle herausgetragen, und das Heidi gab sich mit ihm ab. Kam er am Abend von oben herunter, so stand noch der Rollstuhl mit seiner Inhaberin unter den Tannen, und das Heidi machte sich mit ihr zu schaffen. Nie war es noch zur Weide hinaufgekommen den ganzen Sommer, und nun heute wollte es kommen, aber mitsamt dem Stuhle und der Fremden darin und wollte die ganze Zeit nur mit dieser sich abgeben. Das sah der Peter voraus, und das hatte seinen inneren Grimm auf den höchsten Punkt gebracht. Jetzt erblickte er den Stuhl, der so stolz da auf seinen Rollen stand, und schaute ihn an wie einen Feind, der ihm alles zuleide getan hatte und heute noch viel mehr tun wollte. Der Peter schaute um sich - alles war still, kein Mensch zu sehen. Wie ein Wilder stürzte er jetzt auf den Stuhl, packte ihn an und stieß ihn mit so erbitterter Gewalt dem Bergabhange zu, daß der Stuhl förmlich davonflog und augenblicklich verschwunden war.

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      Jetzt stürzte der Peter die Alm hinan, als hätte er selber Flügel bekommen, und er setzte kein einziges Mal ab, bis er oben zu einem großen Brombeerstrauch gelangte, hinter dem er verschwinden konnte, denn er begehrte nicht, daß der Öhi ihn erblickte. Er wollte aber doch gern sehen, was der Stuhl mache, und der Strauch auf dem Bergvorsprunge war gut gelegen. Der Peter konnte halb verborgen die Alm hinabschauen und, kam der Öhi zum Vorschein, hurtig sich ganz verstecken. So tat er, und was erschauten seine Blicke! Weit unten schon stürzte sein Feind dahin, von immer größerer Gewalt getrieben. Jetzt überschlug er sich, wieder und wieder, dann machte er einen hohen Satz, dann schlug es ihn wieder auf die Erde nieder, und überschlagend rollte er seinem Verderben entgegen.

      Schon flogen da und dort die Stücke von ihm weg, Füße, Lehnen, Polsterfetzen, alles hoch in die Luft geworfen. Der Peter empfand eine so unbändige Freude an dem Anblick, daß er mit beiden Füßen zugleich in die Luft springen mußte. Er lachte laut auf, er stampfte vor Wonne, er sprang in Sätzen im Kreise herum, er kam wieder an denselben Platz und guckte den Berg hinab. Ein neues Gelächter erscholl, neue Luftsprünge; der Peter war völlig außer sich vor Vergnügen über diesen Untergang seines Feindes, denn er sah lauter gute Dinge vor sich, die nun kommen würden. Jetzt mußte die Fremde abreisen, denn sie hatte kein Mittel mehr, sich zu bewegen. Das Heidi war wieder allein und kam mit ihm auf die Weide, und am Abend und Morgen war es für ihn da, wenn er kam, und alles war wieder in der alten Ordnung. Aber der Peter bedachte nicht, wie es geht, wenn man eine böse Tat begangen hat, und was dann nachher kommt.

      Jetzt kam das Heidi aus der Hütte gesprungen und rannte dem Schopf zu. Hinter ihm her kam der Großvater mit Klara auf dem Arm. Die Schopftür stand weit offen, die beiden Bretter daneben waren weggestellt, bis in den hintersten Winkel war es taghell. Das Heidi guckte hin und her, lief um die Ecke, kam wieder zurück, die ungeheuerste Verwunderung lag auf seinem Gesichte. Nun trat der Großvater heran.

      »Was ist das? Hast du den Stuhl weggerollt, Heidi?« fragte er.

      »Ich suche ihn ja allenthalben, Großvater, und du hast gesagt, er stehe neben der Schopftür«, sagte das Kind, immer noch nach allen Seiten mit den Augen herumsuchend.

      Der Wind war unterdessen stärker geworden; eben klapperte er an der Schopftür herum und warf sie auf einmal krachend gegen die Wand zurück.

      »Großvater, der Wind hat's gemacht«, rief das Heidi, und seine Augen blitzten auf bei der Entdeckung. »Oh, wenn er den Stuhl bis ins Dörfli hinabgejagt hätte, dann bekäme man ihn erst viel zu spät wieder, und wir könnten gar nicht gehen.«

      »Wenn er dort hinuntergerollt ist, so kommt er gar nicht mehr zurück, dann ist er in hundert Stücken«, sagte der Großvater, um die Ecke tretend und den Berg hinabschauend. »Aber kurios ist's doch zugegangen«, setzte er hinzu, indem er auf das Stück zurücksah, das der Stuhl erst um die Ecke der Hütte herum zu machen hatte.

      »Oh, wie schade, jetzt können wir gar nicht gehen und vielleicht gar nie«, jammerte Klara. »Nun muß ich gewiß heimgehen, wenn ich keinen Stuhl mehr habe. Oh, wie schade! Wie schade!«

      Aber das Heidi schaute ganz vertrauensvoll zu seinem Großvater auf und sagte:

      »Gelt, Großvater, du kannst schon etwas erfinden, daß es nicht so geht, wie die Klara meint, und daß sie nicht auf einmal heim muß?«

      »Jetzt gehen wir für diesmal auf die Weide, wie wir uns vorgenommen haben; dann wollen wir sehen, was weiter kommt«, sagte der Großvater. Die Kinder jubelten.

      Er trat nun wieder in die Hütte zurück, holte einen guten Teil der Tücher heraus, legte sie auf den sonnigsten Platz an die Hütte hin und setzte Klara darauf. Dann holte er den Kindern ihre Morgenmilch und führte Schwänli und Bärli vor den Stall hinaus.

      »Warum der nur so lange nicht von da unten heraufkommt«, sagte der Öhi vor sich hin, denn Peters Morgenpfiff war ja noch gar nicht ertönt.

      Jetzt nahm der Großvater Klara wieder auf den einen Arm, die Tücher auf den andern.

      »So, nun vorwärts!« sagte er vorangehend; »die Geißen kommen mit uns.«

      Das war dem Heidi eben recht. Einen Arm um Schwänlis und einen um Bärlis Hals gelegt, wanderte das Heidi hinter dem Großvater her, und die Geißen hatten solche Freude, einmal wieder mit dem Heidi