herab. Das niedere Gebirge hat hier einen ganz eigenthümlichen Charakter, es ist überall in Riffe und Spalten getheilt, als wäre es erst kürzlich dem Wasser entstiegen.
Mehrere Stunden fuhren wir beinahe wie in einem Wolkenbruche, das Wasser floß in Bächen an der Straße, dazu stürmte der Wind auf unsern Wagen ein, daß wir wahrhaftig schon fürchteten, nicht umgeworfen, wohl aber umgeblasen zu werden. Zum Glücke sind die Straßen im Toscanischen besser, als im römischen Gebiete, und über die Flüsse führen fest gemauerte Brücken.
26. November 1842.
Heute hatten unsere armen Thiere einen bösen Tag. Beständig bergauf, bergab, an schrecklichen Abgründen vorüber, führte der Weg lange durch eine einsame und unfruchtbare Gegend, bis sich endlich eine halbe Stunde vor dem Dorfe Buonconvento die Scene änderte, und ein großes Hügelland mit schönen Ebenen, mit der herrlichen Stadt Siena, vielen großen und kleinen Ortschaften, mit Meierhöfen oder schönen Bauernhäusern und einzelnen, auf Hügeln stehenden Kirchen, vor uns entfaltete. Ueberall zeigte sich Wohlstand und Kultur.
Die meisten Mädchen und Weiber sahen wir mit dem Flechten der Strohbänder beschäftiget. Hier trägt alles Strohhüte, die Männer so gut wie die Weiber und Kinder. Um 5 Uhr Abends erreichten wir endlich Siena.
Unsere armen Pferde waren von den bösen Wegen über die Appenninen so erschöpft, daß uns der Fuhrmann ersuchte, hier einen Rasttag halten zu dürfen. Mir war diese Unterbrechung der Reise höchst willkommen, denn Siena verdient schon eine genaue Besichtigung.
27. November 1842.
Die Stadt hat 16,000 Einwohner. Eine lange, schöne Straße schneidet sie beinahe in zwei Hälften. Die übrigen Gassen sind klein, unregelmäßig und sehr schmutzig. Der Platz „del Campo" ist sehr groß; einige Palläste, im gothischen Style erbaut, geben ihm ein gar schönes Ansehen. In seiner Mitte steht eine Granitsäule, auf welcher Romulus und Remus, von der Wölfin gesäugt, in Metall vorgestellt sind. Ähnliche Säulen, nur minder hübsch, sah ich in dieser Stadt mehrere. In Rom, wo sie gewiß mehr an ihren Platz gewesen wären, fand ich keine einzige. — Die Häuser in den Gassen Sienas haben alle ein düsteres Ansehen, viele darunter sind wie Festungen gebaut, von lauter Quadersteinen und mit Schießscharten versehen.
Das schönste Gebäude ist der Dom. Ich kam aus der Stadt der Kirchen, und fand diesen Bau dennoch so überraschend, daß ich lange betrachtend vor ihm stehen blieb. Er gilt in der That für eines der schönsten Bauwerke Italiens. Auf einer kleinen Anhöhe, inmitten eines großen Platzes stehend, ist er von außen und innen mit schwarzem und weißem Marmor bekleidet. Besonders schön machen sich die hohen Wölbungen der Fensternischen, die von mehreren Säulen getragen werden. In der Sakristei sind die Freskogemälde nicht nur der richtigen Zeichnung, sondern auch der Frische der Farben wegen, ja nicht zu übersehen.
Man schreibt die Arbeit Raphael, die Frische der Farben der Erde von Siena zu. Die Chorbücher, welche in dieser Sakristei aufbewahrt werden, enthalten die schönsten Miniatur-Gemälde auf Pergament.
Im Hospital, gleich in der Nähe, sind einige Krankensäle ebenfalls mit so herrlichen Fresken bedeckt, die aus derselben Zeit zu stammen scheinen.
Man rühmt ganz besonders die Grazie und Schönheit des hiesigen weiblichen Geschlechtes. Da heute gerade Sonntag war, ging ich zur Hauptmesse, um die graziösen Schönheiten zu sehen, — fand aber deren nicht mehr und nicht weniger, wie in jeder andern Stadt. Grazie und Schönheit sind gar seltene Gäste. —
Nachmittags besuchte ich die Promenade, den Prato di Lizza. Ich fand sehr wenig Menschen. Von den Wällen der Stadt hat man eine schöne Aussicht.
28. November 1842.
Die Gegend bleibt nun immer schön. Das Gebirge verflacht sich mehr und mehr, die Thäler erweitern sich, und nur hin und wieder erheben sich Hügel mit Bäumen, Wiesen und Feldern bedeckt. Im Toscanischen sieht man viele Cypressen, die mir, seit ich Konstantinopel und Smyrna verließ, nicht mehr zu Gesichte kamen. Das Land scheint bedeutend bevölkert; man sieht viele Ortschaften.
Um 5 Uhr Abends fuhren wir in Florenz ein, doch erst nach anderthalb Stunden stieg ich im Gasthofe der Witwe Mocalli ab. Bis man mit dem Besichtigen der Pässe, dem Durchsuchen der Effekten und allen dergleichen Geschäften fertig wird, vergeht immer eine lange Zeit.
Die Gegend von Florenz ist äußerst lieblich, aber nicht erhaben. Der prächtige Arno durchströmt die Stadt; vier steinerne Brücken, von denen eine gedeckt und beiderseits mit Buden versehen ist, führen über ihn. Florenz zählt 8000 Häuser mit 90,000 Einwohnern. Das Äußere der hiesigen Palläste ist höchst originell. Meistens aus großen, dunkelgefärbten Quadersteinen erbaut, gleichen sie beinahe Festungen, und machen einen wahrhaft erhabenen Eindruck.
Die Kathedrale soll die schönste Kirche der Christenheit seyn, ich fand sie zu einfach, ganz besonders im Innern. Die Wände sind nur mit Kalk übertüncht, die Fenster mit gemalten Gläsern versehen, was außerordentliche Dunkelheit hervorbringt. Am besten gefielen mir die Thüren der Sakristei mit den berühmten Kunstwerken des Luca del Robbia, und der reich geschmückte, großartige Hochaltar.
Neben dem Dome steht das Battisterio, ein einstmaliger Tempel des Mars, mit acht ausgezeichnet schönen erzenen Thüren, von denen Michael Angelo sagte, sie seien würdig, das Paradies zu schließen.
Der Campanile ist mit färbigem Marmor belegt, und sieht, obwohl er schon fünfhundert Jahre zählt, noch so schön und neu aus, als wäre er kürzlich geendet worden.
Die übrigen bedeutenden Kirchen sind folgende: St. Lorenzo, inwendig ebenfalls ganz weiß mit grau angestrichenen Säulen. Sie enthält schöne Öhlgemälde, die Kapelle der Mediceer, ein prachtvolles Werk, mit den edelsten Steinarten ausgelegt, und die Monumente mehrerer Glieder des ebengenannten Fürstenhauses. St. Croce, eine schöne und freundliche Kirche, voll von Monumenten der berühmtesten Männer. Man nennt sie auch das italienische Pantheon. Die Bildhauerarbeiten sind vortrefflich, die Gemälde hübsch. Hier ruht Michael Angelo. Unter einer Seitenkapelle hat die Familie Buonaparte eine Gruft. In einer andern verschlossenen, ziemlich großen Seitenkapelle stehen vorzügliche Monumente von weißem Marmor.
St. Anunziatti ist reich an den herrlichsten Fresken; besonders schön sind jene, welche sich im Vorhofe der Kirche rings an den Wänden befinden, und mit einer Glasgallerie umgeben sind. Im Innern gleich links die kostbare Kapelle der heil. Jungfrau dell' Anunziata, worin der Altar, die ungeheuern Kandelaber, die Engel, die Draperie, kurz Alles von reinem Silber ist. Überdieß enthält diese reich dekorirte Kirche noch schöne Bilder und viel Marmor.
St. Michele ist von außen mit sehr schönen Statuen geschmückt. Im Innern findet man mehrere Werthvolle Gemälde, und einen besonders schönen Altar unter einem Baldachin, beide von weißem Marmor, nach gothischem Geschmack.
St. Spirito enthält viele Bildhauerwerke, besonders einen Christus von weißem Marmor.
Alle diese Kirchen sind der gemalten Fenster wegen etwas dunkel.
Unter den Pallästen sind die vorzüglichsten: Der Pallast Pitti, auf einer kleinen Anhöhe. Er macht den großartigsten Eindruck. Von lauter Granitfelsenstücken zusammen gefügt, scheint er für die Ewigkeit erbaut. Ich muß sagen, von allen Pallästen, die ich sah, gefiel mir dieser am besten, so etwas Außerordentliches wird man wohl nirgend mehr finden. Überhaupt sprechen mich die Gebäude in Florenz ganz vorzüglich an, sie haben nach meiner Meinung einen viel eigenthümlichern und ehrwürdigern Charakter, wie die Palläste des neueren Rom.
Die Bildergallerie zählt 500 Stücke, beinahe lauter Meisterwerke, darunter Raphaels Madonna della Sedia. Nebst den Gemälden stehen noch in jedem Saale Prachtstücke von Tischen aus den edelsten Steinarten.
Hinter dem Pallaste erhebt sich etwas terrassenartig der Garten Boboli. Er enthält viele Statuen, welche mit vielem Geschmacke in herrlichen Alleen, Bosketten oder auf schönen freien Plätzen vertheilt sind. Die Aussicht von den höhern Punkten ist herrlich.
Der Pallast degli Uffici, am Arno, ist durch seine Großartigkeit und die eigenthümliche Bauart höchst imposant. In zwanzig Sälen und Kabineten und drei