könnte so sein«, erwidert Frank Gellert ausgedehnt. »Ich hab’ jedenfalls sofort auf Italien als Herkunftsland getippt.«
»Und was fällt dir zu Italien ein, Frankie?«
»Well«, erwidert der Top-Agent vorsichtig, »eine ganze Menge – ich fürchte, das gleiche wie Ihnen, Sir.« Nach kurzer Pause setzt er hinzu: »Ich hab’ die beiden Fünfzig-Dollar-Noten sofort aus dem Verkehr gezogen und die Banker garantiert zum Schweigen gebracht.«
Der Vice-Director lächelt unwillkürlich über Gellerts Formulierung, die nur bedeuten kann, daß er die Leute unter Druck gesetzt oder bestochen hat.
»Die beiden Scheine sind an Sie unterwegs«, fährt der Mann der CIA-Außenstelle fort. »Der Kurier müßte heute noch in Washington eintreffen und Ihnen persönlich die Post übergeben.«
»Bestens.« Partaker zögert kurz. »Sehen Sie eine Parallele zu den gefälschten englischen Banknoten während der letzten Kriegsjahre?«
»Daran hab’ ich ja sofort gedacht«, erwidert der Mann aus Bern.
»Wo war seinerzeit die Fälscherwerkstatt untergebracht?«
»Zunächst … in einem Camp bei Oranienburg, nördlich von Berlin.«
»In der heutigen Sowjetzone«, stellt Partaker fest. »Könnten die Russen auch hier eine faule Erbschaft angetreten haben?«
»Das ist nicht auszuschließen«, entgegnet Gellert vorsichtig. »Eine Möglichkeit. Aber es gibt noch weitere, und eine ist schweinischer als die andere.«
»Gut, Frankie, bleib am Ball! Absolute Priorität! Du hast jede Unterstützung – und dichte diesen Shit ab, das ist momentan das wichtigste.«
Noch kocht das Desaster auf kleiner Flamme, aber wenn es ein Testversuch für Dollarblüten via Schweiz gibt, dann würde der Markt schon in Kürze mit Falschgeld überschwemmt sein. Partaker neigt nicht zur Panik, aber er verfügt über den sechsten Sinn der fünften Kolonne. Schon jetzt liegt die Front der CIA im Osten. Amerika hat gegen Hitler gesiegt und dabei die Sowjetunion groß gemacht. Die Amerikaner zahlten die Kosten; die Russen machten die Beute. Polen, zum Beispiel, die tschechoslowakische Republik, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Litauen, Estland, Lettland und das nördliche Ostpreußen. In Finnland ist der Sowjeteinfluß übermächtig. In Griechenland kämpfen kommunistische Aufständische, unterstützt von roten Anrainern, um die Macht. In Deutschland haben die Russen den alliierten Kontrollrat verlassen und Berlin blockiert. Die Zivilbevölkerung in den Westsektoren und die alliierten Truppen müssen notdürftig über eine Luftbrücke versorgt werden. Riesig ist die Kriegsgefahr, aber während sich in den USA der Präsidentenwahlkampf dem Höhepunkt nähert, ist das mächtige Land fast handlungsunfähig.
Ein Wechsel im Weißen Haus wird allgemein erwartet. Alle Voraussagen deuten auf einen überwältigenden Sieg des Republikaners Thomas E. Dewey gegen den demokratischen Präsidenten Harry S. Truman aus Missouri hin. Selbst seine Freunde und Anhänger würden bei einem Galopprennen eher auf ein dreibeiniges Pferd setzen als auf den automatisch zur Nummer Eins aufgerückten Roosevelt-Nachfolger. Wer immer hinter den dubiosen Dollar-Duplikaten steckt, hat jedenfalls den richtigen Zeitpunkt gewählt für einen Anschlag auf die amerikanische Währung.
Zwei Stunden nach diesem Telefongespräch landet in einer Militärmaschine ein erschöpfter Kurier aus Bern. Er fährt ins Pentagon und ist offensichtlich erleichtert, den Vice-Director Partaker anzutreffen, um ihm einen versiegelten Brief zu übergeben. Der Umschlag enthält zwei Fünfzig-Dollar-Scheine ohne Begleittext; Banknoten mit dem Bild des berühmten US-Generals Grant.
Partaker kann sich die Mühe sparen, sie gründlich zu untersuchen; er verläßt sich auf die Feststellung Frank Gellerts und noch mehr auf die Aussagen schweizerischer Bankexperten. Trotzdem ist eine eigene Laboruntersuchung unerläßlich. Der Vice-Director besorgt sich fünf weitere Fünfzig-Dollar-Noten, mischt die sieben Scheine wie ein Kartenspiel, läßt sie von Spezialisten auf ihre Echtheit prüfen.
Er verfolgt, wie sie unter der Quarzlampe Schein für Schein untersuchen, beobachtet die chemischen Papiertests, den Farb- und Druckvergleich, die Überprüfung von mehr als dreißig Raffinessen, die es unmöglich machen, Dollar-Falsifikate in Umlauf zu bringen, ohne daß die Fälschung – zumindest von Fachleuten – sofort erkannt wird.
»Alle sieben Scheine sind echt«, stellt der Laborleiter nach gründlicher Untersuchung fest. »Das steht außer Frage. Ich kann Sie wirklich beruhigen«, setzt er hinzu, ohne zu ahnen, wie beunruhigend diese Mitteilung für den Vicechef sein muß. »Warum sind Ihnen diese Banknoten eigentlich verdächtig erschienen?«
»I don’t know«, knurrt Partaker. »Vielleicht habe ich geträumt – oder ich werde alt.« Die Grimasse seines zerklüfteten Gesichts soll ein Lächeln sein. »Sagen Sie es bloß nicht weiter, Mann! Es wird sich früh genug herumsprechen.«
Seine Hoffnung, daß keinem der Experten die Nummerngleichheit zweier Scheine auffalle, ist aufgegangen. Partaker nimmt sich vor, seinen Helfern bei Gelegenheit dafür die Leviten zu lesen, in der jetzigen Situation kann er sich zu dieser Nachlässigkeit allerdings beglückwünschen. Selbst im eigenen Haus will er so wenige Mitwisser wie möglich haben.
Am späten Nachmittag ruft ihn Gellert aus Bern noch einmal an. Partaker weiß sofort, was das zu bedeuten hat. Vier weitere Doppelscheine wurden inzwischen gefunden und sichergestellt. Die Wechselstelle liegt wiederum bei einer Außenstelle der Nobis-Bank im Tessin, diesmal in Locarno. »Mit weiteren Funden ist zu rechnen«, schließt der Agent seine explosive Mitteilung. »Es stinkt ganz gewaltig.«
Der CIA-Gewaltige muß sofort handeln. Zunächst unterrichtet er den CIA-Präsidenten über die drohende Blüten-Invasion und zieht offiziell den Fall an sich. Er erhält Vollmacht, unverzüglich Bundesbank und Bundespolizei in die Ermittlungen einzuschalten, falls es notwendig erscheint. Das Federal Bureau of Investigation (FBI) und CIA ziehen am gleichen Strick, doch häufig an verschiedenen Enden. Insofern ist es ein Glücksfall, daß der Leiter des Falschgelddezernats beim FBI, Craig Ginty, ein Gefährte aus alter Donovan-Zeit ist. Ihm kann Partaker vertrauen; zudem wurde Craig von der Bundespolizei vorübergehend an eine Sonderkommission der US-Army ausgeliehen, die feststellen sollte, ob von der Falschgeld-Affäre der Briten auch die amerikanische Währung betroffen sei.
Das kleine italienische Lokal in Georgetown, Ecke 31. und Dumberton Street, ein intimer Familienbetrieb mit vorzüglicher Küche, hat erst vor drei Wochen eröffnet und ist, zum Glück für die Gäste, die hier verwöhnt werden, noch wenig bekannt. James Partaker hat einen Tisch in der Nische reservieren lassen und betritt als erster das Lokal, zwei Minuten vor der verabredeten Zeit. Pünktlich, wie es in diesem Metier Pflicht ist, erscheint sein untersetzter Gast mit dem schütteren Haar und dem runden Gesicht. Ohne lange Begrüßung nimmt er Platz. »Ich hoffe, du hast mich nicht eingeladen«, sagt er beim Hinsetzen, »um einen neuerlichen Abwerbungsversuch zur CIA zu unternehmen, Skinny.«
»Das hab’ ich aufgegeben, Craig. Aber ich erinnere mich, daß wir alte Freunde sind.«
»Kumpane und Komplizen«, schränkt Ginty ein und lächelt mit seinem Faunsgesicht.
»Aber wir sind nicht schlecht miteinander gefahren, oder?« versetzt der CIA-Vice.
Der FBI-Mann nickt zustimmend.
»Wir sollten uns wirklich öfter sehen, Craig …«
»Nichts dagegen«, erwidert der Pausbäckige. »Aber seit wann hast du soviel Zeit?«
»Wir brauchen uns diesbezüglich nichts vorzuwerfen«, erwidert der Gastgeber. »Aber das muß sich künftig ändern. Ich hab’ durch Zufall dieses Lokal entdeckt, und ich kenne deine Vorliebe für italienische Spezialitäten.« Er lächelt süffisant. »Ich will dir unbedingt diese ausgezeichneten Cannelloni auf sizilianisch vorführen, gefüllt mit delikater Geflügelleber, raffiniert gewürzt. Ich wette, du hast noch nie bessere gegessen.«
»Danke, Skinny«, entgegnet der Freund, ein Vielfraß und doch ein Feinschmecker, auch wenn er fürchten muß, daß sich Partakers Delikatessen hinterher wieder auf den Magen schlagen.
Wenn