Sturmerprobt: Die PEKING gehört zu den berühmten Flying-P-Linern der Reederei F. Laeisz, die bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts hinein regelmäßig Kap Hoorn umfahren haben.
Am 25. Februar 1911 lief bei Blohm & Voss im Hamburger Hafen einer der letzten großen Hamburger Viermaster vom Stapel: die PEKING. Für die Reederei F. Laeisz segelte sie bis zum Jahr 1932 unzählige Male zwischen Hamburg und Südamerika, um wertvollen Salpeter nach Europa zu bringen. In ihrer über 100-jährigen Geschichte hat sie 34 Mal Kap Hoorn umrundet, zwei Weltkriege überstanden und mehr als 40 Jahre als Museumsschiff am Pier von Manhattan verbracht. Sie wurde von den Menschen dort viel beachtet, war aber zuletzt vom Alter schwer gezeichnet.
2017 gelang es mit Unterstützung des Deutschen Bundestags, die PEKING nach Deutschland zu holen, um sie zu restaurieren und schließlich als Museumsschiff in ihren Heimathafen Hamburg zurückzubringen. In den vergangenen drei Jahren hat sie sich auf der Peters Werft in Wewelsfleth in den prächtigen „Hamborger Veermaster“ zurückverwandelt, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts für seine Schnelligkeit und Zuverlässigkeit bekannt war und der als eines der letzten Handelsschiffe unter Segeln den Atlantik bereiste.
In Zukunft wird die PEKING beim Deutschen Hafenmuseum auf dem Grasbrook liegen, das Hamburgs Aufstieg zum Welthafen und die Entwicklung der Seefahrt darstellt. Mit der PEKING erhält Hamburg ein neues Wahrzeichen. Allen, die sich mit Tatkraft und Ausdauer für ihre Rückkehr und Restaurierung eingesetzt haben, danke ich sehr herzlich.
Dieses Buch schildert die wechselvolle Reise der PEKING und gibt einen Einblick in die Geschichte der Hafen- und Handelsstadt Hamburg. Ich danke dem Autor Dr. Matthias Gretzschel für seine Arbeit und wünsche den Leserinnen und Lesern viel Freude mit dieser Chronik.
DR. PETER TSCHENTSCHER
Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg
Wewelsfleth: Die PEKING noch ohne Rahen während der Restaurierung auf der Peters Werft.
Die PEKING in altem Glanz erstrahlen zu lassen und wieder zurück in ihre Heimatstadt zu holen, ist ein wahres Gemeinschaftswerk. In diesem Buch wird die ganze Geschichte erzählt, angefangen bei der Gründung der Reederei F. Laeisz im frühen 19. Jahrhundert über den Bau und das wechselvolle Schicksal der PEKING bis hin zum Abschluss der Restaurierung und zur Übergabe des glanzvoll erneuerten Schiffs an die Stiftung Historische Museen Hamburg auf der Peters Werft in Wewelsfleth am 11. Mai 2020. Und schließlich gibt es einen Ausblick auf die nahe Zukunft, in der die PEKING die wichtigste Attraktion des künftigen Deutschen Hafenmuseums sein wird. „Die PEKING – Schicksal und Wiedergeburt eines legendären Hamburger Segelschiffes“ ist kein trockenes Fachbuch, sondern bietet eine spannende Lektüre. Reich bebildert beschreibt es das Leben eines Schiffes, das geprägt ist durch die zeitgeschichtlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts bis zum heutigen Happy End. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern viel Freude damit.
NIKO SCHÜES
Inhaber der Reederei F. Laeisz,
Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Hamburg Maritim
Begegnung auf dem Südatlantik: Für die Passagiere des Luxusdampfers CAP ARCONA war es faszinierend, die PEKING unter vollen Segeln vorüberziehen zu sehen. Das Bild entstand wahrscheinlich 1929.
Die PEKING ist in traurigem Zustand, als sie auf der Caddell-Werft in Staten Island für den Transport im Dockschiff vorbereitet wird.
Im Sommer 2020 ist die Restaurierung der PEKING auf der Peters Werft in Wewelsfleth abgeschlossen.
So wie auf dem berühmten Gemälde von Johann Georg Stuhr (Ausschnitt) dürfte der Hafen auch noch Mitte des 18. Jahrhunderts ausgesehen haben, als Johann Laeisz nach Hamburg kam. Zunächst fand er Arbeit beim Wiederaufbau der durch Blitzschlag zerstörten Michaeliskirche (rechts).
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EIN HUTMACHER ENTDECKT DAS ÜBERSEEGESCHÄFT
Wie Ferdinand Laeisz eine Handelsfirma aufbaut
Was den Schwaben Johann Laeisz (sprich Leiss) um die Mitte des 18. Jahrhunderts dazu veranlasst, Süddeutschland zu verlassen, um sein Glück in der Freien und Hansestadt Hamburg zu suchen, wissen wir nicht. Hamburg ist damals schon recht groß, 1787 leben bereits mehr als 100 000 Menschen innerhalb der Mauern, die die Stadt einst vor den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges bewahrt hat. Hamburg prosperiert, überall wird gebaut. Die wichtigste Baustelle befindet sich in der Neustadt, wo die 1750 durch Blitzschlag zerstörte Michaeliskirche neu errichtet wird. Das barocke Gebäude, das dort nach den Plänen von Ernst Georg Sonnin in den Himmel wächst und 1762 feierlich eröffnet wird, gilt mit seinem 1786 vollendeten, markanten klassizistischen Turm schon bald als Wahrzeichen, als weithin sichtbare Landmarke, an der sich die in den Hafen einlaufenden Schiffe orientieren. Auch Johann Laeisz findet Arbeit auf dem Bau der neuen Hauptkirche, wo er als Zimmerpolier tätig wird. Er lebt sich ein, heiratet und wird 1763 Vater eines Sohnes, den er Johann Hartwig nennt. Dieser eröffnet als junger Mann einen Laden, in dem er Kolonialwaren verkauft, also Produkte wie Kaffee, Tee oder Gewürze, die per Schiff aus fernen Weltgegenden nach Europa gebracht werden und nicht selten als Luxusgüter gelten.
Die Stadtrepublik Hamburg besitzt zwar keine Kolonien, verfügt aber über umfangreiche Handelskontakte, sodass der Umschlag von überseeischen Produkten im Hafen immer weiter zunimmt. Die Geschäfte scheinen gut zu gehen, Johann Hartwig Laeisz wird zwar nicht reich, aber ist immerhin gut situiert und gründet eine Familie. 1791 heiratet er Catharina Maria Greve und wird in den folgenden Jahren Vater von zehn Kindern. Der 1793 geborene Anton Bernhard eröffnet eine Buchhandlung, was in dieser von der Aufklärung geprägten Zeit eine gute Geschäftsidee ist, zumal in Hamburg. 1805 hat Friedrich Christoph Perthes am Jungfernstieg die erste reine Sortimentsbuchhandlung Deutschlands eröffnet, was die Hansestadt zum Trendsetter im Buchhandel macht.
Der zehn Jahre jüngere Carl Martin wird ein vielbeschäftigter Maler und Zeichner. Seine Stadtansichten und Landschaftsmotive lassen sich offenbar gut verkaufen. Der 1801 geborene Ferdinand scheint hingegen seinen Platz im Leben erst einmal suchen zu müssen. Dabei wird gerade er es sein, der später den enormen wirtschaftlichen Erfolg seiner Familie begründet. Als er die Nicolaischule zu Ostern 1815 verlässt, ist er 14 Jahre alt und will zur See fahren. Er heuert auf dem Blankeneser Schoner ELISABETH an, doch die Reise steht unter keinem guten Stern. „Aber nur einmal bin ich mit dem Schiffe in See gewesen, dann mussten wir wegen Havarie zurücklaufen, und mit meiner Seefahrerei war es zu Ende, da meine Eltern darauf drangen, ich solle ein Handwerk erlernen“, schreibt Ferdinand Laeisz in seinen Lebenserinnerungen. So tritt er bei dem Buchbinder Cornelius in die Lehre, macht aber keine guten Erfahrungen, da er wenig lernt und schlecht behandelt wird. Nach Abschluss der vierjährigen Lehre geht er erst einmal auf Wanderschaft, reist durch Deutschland, probiert sich dabei aus, macht Erfahrungen und lernt etwas von der Welt kennen. Zum Beispiel die Mode jener Zeit, in der die wohlhabenden Bürger immer mehr dazu übergehen, Zylinderhüte zu tragen. 1821 arbeitet er in einer ziemlich großen Buchbinderei in Berlin, die ihr Betätigungsfeld deutlich erweitert hat. Darüber schreibt er: „Dazu lernte ich auch nebenbei alle möglichen Galanteriearbeiten, und als damals gerade die