Regina Mars

Heiße Keramik


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wo er sein eigenes Herz vermutete. »Fest versprochen.«

      »Da bin ich ja beruhigt.« Gordan verzog den Mund. »Hab mir solche Sorgen um meine zarten Gefühle gemacht. Komm mit!«

      Gib mir keine Befehle, wollte Robin sagen, aber Gordan war schon unterwegs. Er steuerte eine Bank an, auf der bereitwillig Platz gemacht wurde.

      »Gordan, schön dich mal wiederzusehen«, hörte er. »Bist du immer noch knapp bei Kasse?«

      »Geht so«, hörte er den alten Lügner murmeln. »Wird schon wieder.«

      Für Robin machten sie auch Platz. Leider gab es sehr wenig Platz. Eingequetscht zwischen einer bebrillten Frau und Gordan saß er da und fühlte sich so bedrängt, als würde er in einem Akkordeon hocken. Egal, Hauptsache, es gab Bier. Lisbeth war neugierig und mitteilungsfreudig, aber kellnern konnte sie. In Lichtgeschwindigkeit stand ein eiskaltes Bier vor ihm, dessen Schaum verlockend an den Seiten des Kruges herablief.

      »Prost!«, rief Gordan in die Runde.

      »Prost!«, kam es von allen Seiten. Robin machte mit und dann versenkte er die Nase im Schaum. Wundervoll. Die Luft war abgekühlt, aber seine Kleider klebten ihm immer noch auf der Haut. Ob sein Rücken genau so ansprechend aussah wie die der Fußballer? Er hatte an Muskeln zugelegt, seit er wieder regelmäßig Polo spielte und wenn er sich im Spiegel sah, war er äußerst zufrieden …

       Konzentrier dich! Du hast einen Plan!

      Ob Gordan auch etwas plante? So, wie er ächzend das Bier abstellte, sich den Schaum aus dem frisch rasierten Gesicht wischte und die Ellenbogen auf die Platte stützte, wirkte er einfach nur entspannt. Und anziehender, als Robin bisher gedacht hatte. Okay, im allerersten Moment, als er die Werkstatt betreten hatte, da hatte er auch gedacht … Nein, nicht mal gedacht. Er hatte etwas gespürt. Tief in den Lenden. Dieser kräftige, struppige Muskelprotz, der mit beiden Händen Ton durchgeknetet hatte, der hatte eigentlich ganz …

      Konzentration, habe ich gesagt!, bellte der vernünftige Teil von ihm. Der arme Kerl. Robin stellte ihn sich wie einen bebrillten, schmächtigen Winzling vor, der ständig von seinen großen Geschwistern Lust, Langeweile und Bierdurst ausgelacht wurde.

      »Schmeckt’s, Goldstück?« Lisbeth grinste ihn im Vorbeigehen an.

      »Ausgezeichnet.« Er lächelte. Goldstück war auch besser als Kleiner. Ein wenig. Er war auf dem richtigen Weg, eindeutig. Bevor sein Glück sich wenden konnte, drehte er sich zu Gordan um.

      »Was ist, Goldstück?« Ein herablassendes Lächeln. Oder ein freundliches? Schwer zu sagen.

      »Kann ich dich etwas fragen? Oder nein, eigentlich habe ich gleich zwei Fragen.«

      »Dann will ich auch zwei Bier. Ne, frag ruhig. Kann nur nicht versprechen, dass die Antwort dir gefällt.«

      »Das wird sie nicht, zweifellos.« Er seufzte. »Warum bist du plötzlich so friedlich? Hast du irgendetwas vor?«

      »Ich?« Der Mann schien ernsthaft verwundert. »Ne. Was soll ich denn vorhaben? Mein einziger Plan ist, dich für zwei, drei Biere blechen zu lassen und dann nach Hause zu gehen.«

      »In dein Atelier?«

      »Ja.« Gordan verzog den Mund und sah in seinen Bierkrug. Eine schöne, starke Nase hatte er. Wie ein Felsvorsprung über den vollen Lippen. Der Kontrast zwischen hart und weich war wirklich ganz anziehend. »Ja, wie du gesehen hast, penne ich in meinem Atelier.«

      »Ich habe ein Zimmer im Goldenen Ochsen«, sagte Robin, bevor er sich stoppen konnte. »Falls du mal wieder auf einer richtigen Matratze schlafen willst.«

      Ein Moment der Stille, in dem Robin sich dafür verfluchte, so ein Angebot gemacht zu haben. Trottel, dachte er. Aber Gordans harter Oberschenkel presste sich gegen seinen und die Hitze, die zwischen ihnen entstand, vernebelte sein Gehirn.

      »Bietest du mir nur die Matratze an oder noch mehr?« Eine kräftige Augenbraue hob sich.

      Robins Ohren wurden heiß. Mist. »Mehr, wenn du willst.«

      Ein trockenes Lachen. »Und dann? Überredest du mich dazu, dass ich neue Plastiken mache, während du mich reitest?«

      Wer konnte eigentlich mithören? Sie sprachen ziemlich gedämpft, aber die Gefahr bestand, dass jemand viel zu viel erfuhr. Egal, er konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Todesmutig legte er die Hand auf den Schenkel des Primaten. »Würde das funktionieren?«

      Ein trockenes Lachen. »Nein. Nichts, was du tust, kann mich dazu bringen, die Plastiken zu machen.« Er packte Robins Finger und legte sie zurück auf den Tisch.

      »Warum? Was …« Robin unterdrückte ein frustriertes Stöhnen. »Hasst du Geld, Gordan? Ist das so ein Künstlerding?«

      »Nein.« Gordans Stimme wurde noch leiser. Ein heiseres Flüstern. Einen Moment lang stellte Robin sich vor, dieses Flüstern im Dunkeln zu hören. Also nicht dem Dunkel des Biergartens, sondern dem Dunkel seines Hotelzimmers … »Ich hätte gern Geld, Kleiner. Tilmann hat immer gewollt, dass ich Erfolg habe. Und ich hab auch nie davon geträumt, in meinem Atelier zu pennen und … Ich würde Erica gern helfen. Ich …« Er verstummte.

      »Noch zwei Bier, Lisbeth!«, rief Robin.

      6. Tiefschürfende Gespräche

      »Er ist einfach so verdammt niedlich«, murmelte Gordan in sein Bier. »So süß. Auf seiner Nase, da sind … da sind so kleine Fältchen, wenn er lächelt. In einem voll schönen Muster. So in etwa.« Er versuchte, es auf der Tischplatte nachzuzeichnen, aber das war schwer, mit acht Fingern an einer Hand. Mindestens.

      »Hm«, brummte Robin. Sein Kopf ruhte auf dem Bierkrug. Dem siebten? Dem neunten? Gordan wusste es nicht. Dafür wusste er, dass der Kleine ihn besoffen machen wollte, um ihn auszuhorchen. Und, dass es ihm egal war. Freibier war gut und Gordans Geheimnisse eh nicht so geheim. Er hatte schon der halben Stadt vorgejammert, wie süß die Fältchen auf Tilmanns Nase waren.

      Inzwischen war der Biergarten halb leer. Die Gespräche wurden spärlicher und lauter. Mindestens zwei andere Besucher beschwerten sich ebenfalls über ihre Ex-Partner. »Der Sack, der blöde!«, sagte eine blondgelockte Frau und übertönte das malerische Grillenzirpen aus der Hecke und das Plätschern des Springbrunnens. Es musste nach Mitternacht sein.

      »Wie lange wart ihr zusammen?«, lallte der Goldjunge. »Bestimmt ewig, oder?«

      »Sieben Jahre. Die besten sieben Jahre, die ich je …« Gordan verstummte. Nachdenklich lehnte er das Kinn auf die Hand. Fast hätte er sie verfehlt. »Er war so süß. Er ist … Weißt du, eine Zeit lang lief es richtig gut für uns. Ich war noch in Berlin, da habe ich studiert. Bildende Kunst. Ich hatte meine erste Ausstellung und … Ich dachte, jetzt geht’s aufwärts. Die Vernissage lief super, alle haben gemurmelt und wichtig getan und versucht, nicht zu begeistert zu wirken und dann … dann kommt dieser superniedliche Kerl auf mich zu und sagt ›Hallo Künstler‹ und grinst. Und ich bin einfach«, er seufzte, »verpufft.«

      »Verpufft.« Ein feiner Mundwinkel verzog sich. »Schwer vorstellbar. Ein Kerl wie du. Du weißt schon, so … menschenäfflich.« Er wedelte mit den Fingern, um Gordans Gestalt zu umschreiben.

      »Haarloser Frosch«, murrte Gordan. »Sei ruhig, ich versuch, dir gerad was Wichtiges mitzuteilen. Für dein Leben, jawohl.«

      »Warum sollte ich den Rat von jemandem annehmen, der pleite ist und unter seiner Werkbank schläft?«

      »Weil ich älter bin als du. Und viel weiser.«

      »Wenn du so weise wärst, hättest du weniger gesoffen.« Der Goldjunge rülpste diskret. »Von dir kann ich gar nichts lernen. Höchstens, wie man ein unhöflicher Grantelarsch ist.«

      »Was ist das denn für ein bekloppter Ausdruck?« Gordan rülpste indiskret. »Du kannst eine Menge von mir lernen. Weißt du, wie es sich anfühlt, geliebt zu werden?«

      Kam