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Religionsunterricht


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in einer bestimmten Tradition, eben der jüdisch-christlichen Überlieferung, welche die praktisch zu bewahrheitende Verheißung der Versöhnung, der Erlösung und universaler Vollendung einbringt.24 Glaube und Bildung werden dadurch aufeinander beziehbar und bestimmen sich gegenseitig. Bildung läuft ohne eine das Bildungsstreben sinnvoll kontextualisierende Vision wahren Lebens „letztlich ins Leere“, wie umgekehrt der Glaube eines Menschen verkümmert, wenn er nicht dadurch in die personale Identität integriert wird, dass „man ihn seinerseits bildet“25. Religiöser Bildung obliegt es dann aber auch, an der Unverfügbarkeit und Geschenktheit der Glaubensentscheidung festzuhalten und zugleich die pädagogische Relevanz von Momenten der Gratuität, der Zwecklosigkeit, der Nichtfunktionalität auszuweisen.26 Erst durch seine religiöse Dimensionierung gewinnt der Bildungsbegriff sein eigentliches „Potenzial von Widerstand“ gegenüber einer rein formalen, objektivierenden Wissenschaftsperspektive und gegenüber allen Versuchen,27 Bildung auf Qualifizierung für ökonomische Prozesse zu reduzieren.

      4 Kritisch-selbstreflexive Bildung

      In dem Maße, in dem der Religionsunterricht diese konstruktiv-diakonischen, kritischen wie selbstreflexiven Momente integral zu realisieren versucht, in dem Maße wird er im Rahmen des schulischen Bildungsauftrags seine Rolle spielen können. Freilich wird dazu die konstitutive Öffnung auf die in sich höchst vielfältige Gruppe der Konfessionslosen gehören, die nach allen Prognosen in der Mitte des 21. Jahrhunderts mit Abstand die Mehrheit bilden werden. Indem die Religionspädagogik dies als Artikulationsfeld ihres Bildungsbegriffs begreift, avanciert eine solche Aufgabe zum Laboratorium der Zukunftsfähigkeit des Religionsunterrichts überhaupt.

      Der Autor: Dr. theol. habil. Bernhard Grümme, Jahrgang 1962, Professor für Religionspädagogik und Katechetik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhruniversität Bochum, seit Oktober 2019 Dekan der Fakultät; wichtigste Publikationen: Vom Anderen eröffnete Erfahrung. Zur Neubestimmung des Erfahrungsbegriffs in der Religionsdidaktik, Freiburg i. Br.–Basel–Wien 2007; Menschen bilden? Eine religionspädagogische Anthropologie, Freiburg i. Br.–Basel–Wien 2012; Aufbruch in die Öffentlichkeit. Reflexionen zum ›public turn‹ in der Religionspädagogik, Bielefeld 2018.

      Weiterführende Literatur:

      – Helmut Peukert, Bildung in gesellschaftlicher Transformation, Paderborn 2015. Eine der maßgeblichen Begründungen und Konzeptionierungen religiöser Bildung, die auch an erziehungswissenschaftliche und philosophische Diskussionen anschlussfähig ist.

      – Michael Domsgen, Religionspädagogik (LETh 8), Leipzig 2019. Ein Neuentwurf der Religionspädagogik, welcher den Religionsunterricht in die Konstellation anderer Lernorte des Glaubens einbettet – und dabei den zunehmend wichtiger werdenden Horizont der Konfessionslosigkeit grundlegend berücksichtigt.

      1 Vgl. Michael Domsgen, Religionspädagogik (LETh 8), Leipzig 2019, 147–245.

      2 Vgl. Bernhard Grümme, Religionspädagogische Denkformen. Eine kritische Revision im Kontext von Heterogenität (Quaestiones disputatae 299), Freiburg i. Br.–Basel–Wien 2019.

      3 Vgl. Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen (Die deutschen Bischöfe 80), Bonn 2005.

      4 Vgl. Rudolf Englert / Eva-Maria Kenngott / Thorsten Knauth (Hg.), Konfessionell – interreligiös – religionskundlich. Unterrichtsmodelle in der Diskussion (Praktische Theologie heute 136), Stuttgart 2015; Jan Woppowa / Tuba Isik / Katharina Kammeyer / Bergit Peters (Hg.), Kooperativer Religionsunterricht. Fragen – Optionen – Wege (Religionspädagogik innovativ 20), Stuttgart 2017.

      5 Vgl. Thomas Meckel, Grundgesetz, in: WiReLex, 2019 (online unter: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/200561/ [Abruf: 03.01.2020]).

      6 Vgl. Bernhard Grümme, Öffentliche Religionspädagogik. Religiöse Bildung in pluralen Lebenswelten (Religionspädagogik innovativ 9), Stuttgart 2015, 5–100.

      7 Thomas Meckel, Religionsunterricht im Recht. Perspektiven