Regina Mars

Rob


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dit tue ich.« Sie seufzte. »Aber Harriet will sie besuchen, also …« Sie wedelte mit den schlanken Fingern. »Ick habe keine Wahl.«

      »Doch, hast du. Sag Nein.«

      Sie lachte. »Robbel, du hast keine Ahnung, wie dit läuft, oder? Wenn ick jetzt nicht mitkomme, leide ick da noch Jahre drunter. Wenn Harriet den beiden Trollen alleine gegenübertreten muss … Ne, da bringe ick es lieber jetzt hinter mich. Mit ein bisschen Glück streiten sie sich wieder und wir müssen ein halbes Jahr nicht hin.«

      »Ehrlichkeit reinigt die Seele«, sagte Zebulon. Was auch immer das bedeutete. »Du musst ehrlich zu Harriet sein. Ihr deine Bedürfnisse mitteilen. Man sollte seinen Partner nie zu etwas zwingen, zu dem er nicht bereit ist.« Ach, das meinte er. »Sag ihr einfach, dass du nicht mitkommst, weil du ihre Eltern hasst.«

      Eva lachte erneut. »Ja, klar. Dit müsste ick ihr mal sagen. Dann könnte ick eine lustige Mordszene schreiben.«

      Zebulon wirkte schockiert. »Eva, das ist nicht witzig.«

      »Echt? Finde ick schon.« Sie kicherte. »Ne, so einfach ist dit leider nicht. Ick will meine Frau behalten, also komme ick zu ihren entsetzlichen Eltern mit und lächle.«

      »Oder du lässt es«, sagte Rob. So wie er es seit Jahren ließ, jemandem so nahe zu kommen, dass er seine furchtbaren Eltern kennenlernen musste. Und es ging ihm gut damit. Flüchtige Bekanntschaften waren immer besser als jemand, der einem das Herz brechen konnte. Immer. Die Einzigen, denen er wirklich vertraute, saßen hier am Tisch. Und die verschwanden in die Beziehungshölle, einer nach dem anderen. Erst Eva, dann Jannik, sogar Milan. »Ich wette, Valentin ist bald auch verpartnert.«

      »Als ob dieser Trottel das hinkriegen würde«, knurrte Zebulon. »Er ist dabei, das größte Geschenk von allen wegzuwerfen und merkt es nicht einmal.«

      »Du auch, Zebulon?« Rob griff sich an die Brust. »Willst du dich etwa auch verpartnern und mich als letzten Single zurücklassen? Muss ich bald der Einzige sein, der ein ausschweifendes Sexleben und absolute Freiheit genießt?« Er schloss die Augen. »Entsetzlich.«

      »So entsetzlich wie deine Prosa, du Schmonzetten-Luder«, grollte Zebulon. »Wie kannst du im echten Leben noch schwulstiger daherlabern als in deinen Romanen?«

      »Was, liest du etwa meine Romane? Welche? ›Mein grausamer Milliardär‹? ›Herr ihres Herzens‹? ›Bestraft aus Liebe‹?«

      Zebulons Wangen bekamen einen Grünstich. »Hör auf zu reden. Es wird nicht besser.«

      »Welches hast du nun gelesen?«

      »Keins. Ich habe in eine Leseprobe irgendeines deiner entsetzlichen Machwerke, die du unter einem ebenso entsetzlichen Frauennamen veröffentlichst, hineingeschaut. Und es sofort bereut.«

      »Ich habe mal kurz auf deinen Blog geschaut und es noch mehr bereut. Was hast du gegen Touristen?« In jedem zweiten Satz hatte Zebulon davon geschwärmt, wie frei von dieser Plage der Menschheit die Strände der obskuren Insel des Archipels Raja Ampat waren, auf der er sich gerade aufgehalten hatte.

      »Touristen zerstören alles, was gut ist.« Heiliger Zorn entflammte Zebulons Züge. »Sie zertrampeln Kulturen, kommerzialisieren unberührte Regionen und sind immer im Weg.«

      »Du bist doch selbst ein Tourist«, sagte Rob.

      »Das nimmst du zurück«, grollte Zebulon.

      »Warum denn, Touristenboy?«

      »Weil ich ein Forscher bin, du verlogenes Milliardärsschreiberlein! Ein Entdecker! Ich reise, um meinen Horizont zu erweitern, um meiner Seele Nahrung zu geben, nicht, um …«

      »Ick muss dann mal los.« Eva holte das Portemonnaie aus ihrer Tasche.

      »Ich auch.« Milan winkte der Kellnerin.

      »Ja, gute Idee.« Jannik lächelte nervös. »Schatz?«

      »Okay.« Luisa schmiegte sich an seinen Arm.

      Zwei Minuten später waren sie allein. Irritiert blickte Zebulon Rob von der anderen Seite des Tisches aus an.

      »Sind die wegen uns gegangen?«, fragte Zebulon.

      »Nein, nur wegen dir. Wenn du zu einem Vortrag ansetzt, flüchtet halt alles.« Rob nahm einen Schluck Weizenbier. »Reiß dich mal zusammen, Zebi.«

      »Wer die Wahrheit nicht verträgt, flüchtet vor ihr.« Majestätisch strich der Jutesack seinen geknüpften Leinenpulli zurecht. Der Körper darunter sah nicht einmal schlecht aus. Es war Zebulons Charakter, der ihn so unattraktiv machte.

      »Wer dein Gelaber nicht erträgt, flüchtet«, korrigierte Rob. »Und? Manobar? Nachher?«

      »Das letzte Mal, als du mich an diesen gottverlassenen Ort geschleppt hast …«

      »Ja, ja, bist du auf einen Pauschaltouristen reingefallen. Du hast mir immer noch nicht gedankt, dass ich dich mitgenommen habe. Wenn ich dich nicht ab und zu in die Manobar schleppen würde, würdest du nie flachgelegt.«

      »Im Gegenteil, mein Lieber.« Das »Lieber« klang irgendwie unlieb. »Ich garantiere dir, dass ich auf meinen Reisen äußerst befriedigende Abenteuer hatte.«

      »Ach, echt? Ich dachte, wenn du andere Rucksackträger triffst, gibt's nur einen Schwanzvergleich, wer das entlegenste Dorf auf der am weitesten entfernten Insel gefunden hat.«

      »Manchmal endet das in einem realen Schwanzvergleich.«

      War das ein Witz? Und ein Lächeln? Rob richtete sich auf und grinste.

      »Mensch, Zebi! Herzlichen Glückwunsch!«

      »Wozu?«

      »Dass du dir unter all den Leinensäcken und der Selbstgerechtigkeit einen Funken Humor bewahrt hast. Dafür geb ich dir ein Bier aus!«

      »Tatsächlich.« Misstrauisch war gar kein Ausdruck.

      »In der Manobar.«

      »Das war ja klar.« Zebulon seufzte. »Nur, wenn du es unterlässt, dich über meine Reisen lustig zu machen.«

      »Gut, dann darfst du nicht über meine Romane reden. Oder darüber, dass ich dreimal so viel schreibe wie du.«

      »Worüber sollen wir dann reden?«

      2. Saufgelage

      Sie sprachen über Valentin. Den Weg zur Bar über und auch, als sie längst drinnen standen, von wummernder Musik umgeben, männlichen Schweiß- und Deogeruch in der Nase und Bierflaschen in der Hand. Es war so laut, dass der Boden unter ihren Schuhsohlen vibrierte. Und ziemlich leer. Auf der Tanzfläche befanden sich nur drei magere Studenten und es gab sogar freie Tische. Trotzdem lehnten sie sich an die rotgestrichenen Wände und beobachteten, wie die Tänzer sich verrenkten.

      »Er wirft es einfach weg«, murrte Zebulon. Nach dem dritten Bier nuschelte er bereits. Leichtgewicht. »Der Vollidiot. Wie oft verliebt man sich in jemanden, der einen auch liebt? Das ist so unwahrscheinlich, vor allem für jemanden wie Valentin …«

      »Valentin ist okay«, murrte Rob. Er musste Zebulon ziemlich nah kommen, um ihn zu verstehen. War nicht so schlimm wie erwartet. Anscheinend hatte der heute keine Räucherstäbchen abgefackelt, nur irgendetwas, das nach Zartbitterschokolade roch. Etwas Dunkles, Herbes, das an Kaminfeuer erinnerte. »Valentin ist total okay, deshalb braucht er keinen Kerl, der ihm vorschreibt, was er zu tun hat.«

      »Wer sagt, dass dieser Mitbewohner ihm etwas vorschreibt?« Zebulon sah ihn böse an. »Sag die Wahrheit: Wie oft warst du schon verliebt und wurdest zurückgeliebt? Ich wette, das war nicht so oft, oder? Das ist so ein Glücksfall, es ist eine Schande, dass er das wegwirft …«

      »Und wie oft ist dir das passiert, bei deinen Backpacker-Schwanzvergleichen?« Rob nahm einen Schluck Bier, um den bitteren Geschmack in seiner Kehle zu betäuben. Immer, wenn er an Julius dachte, kroch der in seinen Mund.

      »Öfter