Walter Simon

GABALs großer Methodenkoffer


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im Kapitel B 3).

      Humanisierung der Arbeit

      Herzbergs Motivations-Hygiene-Theorie bot in den 1970er-Jahren die theoretische Grundlage für die unter der Losung „Humanisierung der Arbeit“ durchgeführten Veränderungen in der Arbeitsorganisation.

      

Ergänzende und vertiefende Informationen zu Herzbergs Motivationstheorie finden Sie im Kapitel B 3 dieses Buches.

      1.4 Kritik und der Versuch der Integration der Schulen

      Vorwurf: Wichtige Aspekte werden ausgeblendet

      Über die Schule der menschlichen Beziehungen ist unendlich viel geschrieben worden, am meisten über die Hawthorne-Experimente. Viel Kritik wurde von linken und rechten Theoretikern geäußert, von Managementwissenschaftlern und später von den Begründern selbst. So wird der Schule vorgeworfen, dass die menschlichen Beziehungen im Unternehmen als interpersonelle, im günstigsten Fall als Gruppen-, nicht aber als sozialökonomische Beziehungen betrachtet würden. Folglich meinen ihre Vertreter, dass man die sozialen Probleme in den Grenzen eines jeden einzelnen Betriebes lösen kann, ohne Bezug zur sozialökonomischen Struktur der Gesellschaft. Man wirft der Human-Relations-Schule vor, dass sie nur mit direkten Variablen operiert und das äußere Milieu ignoriert.

      Die deutlichste Kritik findet sich in den Arbeiten von Rensis Likert, Douglas McGregor und R. McMurray. Sie kommen zu der Schlussfolgerung, dass man die Bedeutung des moralischen Faktors zur Steigerung der Arbeitsproduktivität nicht überschätzen darf. Likert schreibt (1955, S. 12):

      Moralischer Faktor und Produktivität

      „Auf der Grundlage einer Untersuchung, die ich im Jahre 1937 durchgeführt habe, nahm ich an, dass der moralische Faktor und die Arbeitsproduktivität sich unbestreitbar in einer direkten Abhängigkeit voneinander befinden (…) Umfangreiche Forschungsarbeiten, die seit dieser Zeit durchgeführt wurden, zeigten, dass diese Vorstellung sich als zu vereinfacht erwiesen hat.“

      Ein großer Irrtum

      Nicht minder klar, ja fast resigniert äußert sich der XY-Modellbegründer McGregor (1954, S. 21): „Ich dachte, dass ich vermeiden kann, „Boss“ zu sein (…) Ich dachte, es könnte sein, dass ich so handeln kann, dass alle mich lieben werden, dass gute „human relations“ alle Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten beseitigen. Ich konnte keinem größeren Irrtum anheim fallen. Es bedurfte zweier Jahre, bis ich endlich einzusehen begann, dass ein Leiter die Realisierung der Macht nicht vermeiden kann (…)“

      1.5 Idealtypische (theoretische) und realtypische (empirische) Führungsmodelle

      Vereinigung der Theorien

      Von 1950 an unternahmen amerikanische Wissenschaftler den Versuch, die von Fayol, Weber und Taylor geschaffene „klassische Theorie von Management und Organisation“ mit der „Schule der menschlichen Beziehungen“ zu vereinigen. Warren Bennis vom Massachusetts Institute of Technology bezeichnete diese Gruppe als „Revisionisten“.

      Zwei Gruppen

      Die neuen führungstheoretischen Modelle waren zunächst noch rein theoretischer Natur, wurden aber im Verlauf der 1960er-Jahre empirisch fundiert. Im Rahmen der wissenschaftlichen Systematisierung entstanden mehrere begriffliche Zuordnungen beziehungsweise Klassifikationsgruppen. So unterschied eine von vielen Einteilungen etwa zwischen

      

idealtypischen Ansätzen und

      

realistischen Ansätzen.

      Theoretische Ansätze

      Erstere sind theoretischer Natur, so zum Beispiel die weiter vorn beschriebene Typologisierung von Führungsstilen durch Weber oder die Kontinuum-Theorie von Robert Tannenbaum und Warren Schmidt (s. u.). Hier wird das Führungsverhalten nach dem Ausmaß der Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter angeordnet. Die Verhaltensspanne reicht vom extrem autoritären bis hin zum Laisser-faire-Führungsverhalten.

      Realtypische Ansätze

      Zu den realtypischen Ansätzen gehören die im Kapitel E dieses Buches beschriebenen Führungskonzepte, so etwa das Grid-Modell. Es handelt sich hierbei um den Versuch, empirisch abgesicherte Effizienzaussagen über Führungsstile zu treffen.

      Die folgenden vier Studien erlangten große Bekanntheit.

      Iowa-Studie

      Experimente zum Erziehungsstil

      Den ersten Versuch, empirisch fundierte Aussagen über Führungsstile zu machen, unternahm der aus Deutschland in die USA emigrierte Begründer der modernen Sozialpsychologie Kurt Lewin (1890–1947) mit Schülern. Seine Erziehungsstil-Experimente begründeten seinen wissenschaftlichen Ruhm. Er wollte die Auswirkungen unterschiedlichen Führungsverhaltens auf das Leistungsverhalten von aggressiven Kindern studieren.

      Die zugrunde gelegten Führungsstile waren „autoritär “, „demokratisch“ und „laisser faire“.

Stil Charakteristika Wirkung
Autokratisch
– Entscheidungsgewalt allein beim Leiter– subjektive Lob- und Kritikäußerung– unpersönliche Rolle des Führers – mehr Feindseligkeit, Aggressionen, Rivalität– Unzufriedenheit, größere Nachgiebigkeit gegenüber dem Leiter– dafür Spannungsreduktion an einem „Prügelknaben“
Demokratisch
– Entscheidungen durch die Gruppe– Nennen verschiedener Lösungen– freie Partnerwahl– objektive Lob- und Kritikäußerung– Führer als Gruppenmitglied, jedoch keine aktive TeilnahmeM – mehr Äußerungen mit „Wir-Charakter– mehr Kreativität– Gruppengefühl und Freundlichkeit
Laisser-faire
– Führer hält sich völlig fern vom Gruppengeschehen ähnliche Ergebnisse wie bei der autokratischen Atmosphäre

      Lewin kam zu dem Schluss, dass das unterschiedliche Verhalten in demokratischen, autokratischen und anarchischen Situationen kein Ergebnis der Persönlichkeit oder des Führungsverhaltens, sondern eine Wirkung der Atmosphäre insgesamt (Gesamtsituation!) ist.

      Michigan-Studie

      Mitarbeiter- gegen Leistungsorientierung

      Im Jahre 1947 stellten Forscher der Universität von Michigan die Frage nach dem richtigen Führungsverhalten. Sie gingen jedoch zunächst davon aus, dass Mitarbeiterorientierung (employee orientation) und Leistungsorientierung (production orientation) zwei Extrempunkte einer Dimension sind.

      Das Stilkontinuum

      Hierfür wurde der Begriff Michigan-Stilkontinuum geprägt. Die Managementforscher gingen von der Annahme aus, dass, wenn man das eine Ziel verfolgt, man das andere aus den Augen verliert. Dies verwarfen sie jedoch später und kamen zum gleichen Ergebnis wie die nachstehend beschriebene Ohio-Studie. Ein Mehr an Mitarbeiterorientierung muss also nicht durch ein Weniger an Aufgabenorientierung erkauft werden und umgekehrt genauso. Jedoch waren sie der Meinung, dass langfristig die Mitarbeiterorientierung zu höherer Leistung führt, während die Leistungsorientierung