jener Schlange, welche die Poeten in ihren Dichtungen erfunden haben; denn auch sie zischen gegen uns mit thierischen Zungen, auch sie spritzen ein tödtliches Gift aus, auch sie erzeugen sich nach abgeschnittenen Köpfen auf’s Neue. Aber weil bei dem Wiederaufleben der Krankheit die Medicin nicht fehlen darf, so muß auch der Heilversuch um so eifriger sein, je schwerer die Krankheit ist; denn der Herr unser Gott ist mächtig genug, daß bei den wilden Thieren der Kirche die Wahrheit Das thue, was heidnischer Wahn über den Tod jener Schlange erdichtet hat, und daß das feurige Schwert des hl. Geistes bei Vertilgung der neuen Häresie das Mark der verderblichen Zeugungskraft so vollständig versenge, daß endlich die verschwenderische Fruchtbarkeit durch die Vernichtung der QuelIen zu gebären aufhöre.
2. Er beschreibt verschiedene Ungeheuer von Häresien, die gegenseitig aus einander hervorgiengen .
Nicht neu sind nun in den Kirchen diese Sprossen eines fruchtbaren Samens. Immer duldete der Saatwuchs des göttlichen Ackers diese Kletten und Dornen, und beständig tauchten unter ihm die Keime des erstickenden Unkrautes auf. Denn so entstanden die Hebioniten, so die Sabellianer und Arianer, so ferner die Eunomianer und Macedonianer, die Fotinianer, Apollinaristen und die übrigen Dorngesträuche der Kirchen, dieses Unkraut, welches die Frucht des guten Glaubens ertödtet. Der Erste derselben, Hebion,1 beraubte, da er die Menschwerdung des Herrn zu sehr betonte, ihn der Verbindung mit der Gottheit. Die Spaltung des Sabellius2 aber, welche nachher aus dem Gegensatze mit der vorigen Häresie entstand, vermischte, soviel an ihr lag, die heilige und unaussprechliche Trinität durch eine gotteslästerliche Gleichmachung, während sie behauptete, daß zwischen dem Vater und dem Sohne und heiligen Geiste gar kein Unterschied sei. Auf den Genannten folgte nun die gottlose arianische Verkehrtheit.3 Um nicht in den Schein zu fallen, als vermische sie die heiligen Personen, behauptete diese, daß es in der Trinität verschiedene, einander unähnliche Substanzen gebe. Eunomius4 dagegen, der nachher kam, aber von ganz gleicher Verkehrtheit war, behauptete, obwohl er die Ähnlichkeit in der göttlichen Trinität betonte, doch eine Verschiedenheit in derselben und ließ die Ähnlichkeit zu mit Ausschluß der Gleichheit. Auch Macedonius5 lästerte mit unheilbarer Gottlosigkeit den hl. Geist, nannte ihn, obwohl er zugab, daß Vater und Sohn von gleichem Wesen seien, ein Geschöpf und versündigte sich so an der ganzen Gottheit, weil in der Trinität Nichts verletzt werden kann, ohne dem Ganzen zu schaden. Photinus6 aber wähnte, obwohl er Jesum, der aus der Jungfrau geboren worden, Gott nannte, doch in übler Weise, daß der Anfang des Gottes zugleich sei mit dem Anfange des Menschen. Apollinaris7 dann, welcher den mit Gott vereinigten Menschen gedankenlos auffaßte, glaubte zu seinem Unheil, derselbe habe keine menschliche Seele gehabt; denn es ist kein geringerer Irrthum, unserm Herrn Jesus Christus Ungehöriges zuzuschreiben, als ihm das Zukommende abzusprechen, und was von ihm nicht so ausgesagt wird, wie es ist, das ist eine Schmähung, wenn es auch den Schein der Ehre hat. So erzeugte Jeder durch die Ähnlichkeit mit der einen Häresie eine andere, und Alle hatten zwar unter sich verschiedene, aber immer dem Glauben entgegengesetzte Ansichten. Auch vor Kurzem noch, d. h. in unsern Tagen, sahen wir eine giftige Häresie besonders in der Stadt der Beliger8 auftauchen, deren Irrthum sicher ist, unsicher ihr Name, weil sie, entstanden mit neuem Haupte aus dem alten Stamme der Ebioniten, es sehr zweifelhaft läßt, ob man sie alt oder neu nennen soll. Neu ist sie nämlich durch ihre Verkünder, alt durch ihre Irrthümer. Indem sie also die Lästerung ausspricht, daß unser Herr Jesus Christus als bloßer Mensch geboren worden sei, behauptet sie ferner, es sei Sache des menschlichen Verdienstes, nicht seiner göttlichen Natur gewesen, daß er nachher zu göttlicher Ehre und Macht gelangt sei; folglich habe er die Gottheit nicht immer durch den Besitz der mit ihm vereinigten göttlichen Natur gehabt, sondern sie nachher zum Lohne seiner Mühen und Leiden durch sein Verdienst erlangt. Da sie so in allweg die Lästerung festhält, unser Herr und Erlöser sei nicht als Gott geboren, sondern von Gott aufgenommen, so nähert sie sich jener Häresie,9 die jetzt auftritt, und ist gleichsam ihre Schwester und Blutsverwandte, die sowohl mit den Ebioniten als diesen Neuesten übereinstimmt und, wenn auch der Zeit nach zwischen Beiden, doch der Verkehrtheit nach mit ihnen vereint ist. Obwohl es noch einige, den Genannten Ähnliche gibt, so würde es doch zu weit führen, alle aufzuzählen; denn wir haben jetzt nicht die Erwähnung der alten, sondern die Widerlegung der neuen (Häresien) zur Besprechung genommen.
3. Er kennzeichnet den verpestenden Irrthum der Pelagianer .
Jenes Eine meinen wir wahrhaftig nicht übergehen zu sollen, wie es etwas Besonderes und Eigenthümliches an der obengenannten aus dem Irrthume des Pelagius hervorgegangenen Häresie10 war, daß sie bei ihrer Lehre, der bloße Mensch Jesus Christus habe ohne jede Sündenbefleckung gelebt, soweit gingen, zu behaupten, die Menschen könnten, wenn sie wollten, ohne Sünden sein. Denn sie dachten folgerichtig, es könnten, wenn der bloße Mensch Jesus Christus ohne Sünde gewesen sei, auch alle Menschen ohne Hilfe Gottes Das sein, was jener bloße Mensch ohne Gemeinschaft mit Gott hatte sein können. Und so würden sie also keinen Unterschied sein lassen zwischen den übrigen Menschen und unserm Herrn Jesus Christus, da jeder Mensch in allweg durch seine Anstrengung und seinen Fleiß Das verdienen könnte, was Christus durch seine Mühe und Arbeit verdient hatte. Dadurch geschah es, daß sie in einen noch größern und ungeheuerlichern Wahnsinn stürzten und behaupteten, unser Herr Jesus Christus sei nicht in diese Welt gekommen, um dem Menschengeschlechte die Erlösung zu verschaffen, sondern um Beispiele guter Handlungen zu geben, damit nemlich jene Menschen, welche seiner Anleitung folgten, dadurch, daß sie denselben Weg der Tugend wandelten, auch zu demselben Lohne der Tugend gelangen möchten. So viel an ihnen lag, erklärten sie für eitel jede Gabe der heiligen Ankunft und jede Gnade der göttlichen Erlösung, da sie behaupteten, daß die Menschen durch ihr Leben Dasselbe erreichen könnten, was Gott durch seinen Tod für das Heil der Welt geleistet hätte. Sie fügen noch bei, daß unser Herr und Erlöser nach der Taufe Christus geworden sei, nach der Auferstehung Gott, und schreiben das Eine dem Geheimnisse der Salbung zu, das Andere dem Verdienste des Leidens. Deßhalb merkt auch der neue Urheber einer nicht neuen Häresie, der da behauptet, unser Herr und Erlöser sei als bloßer Mensch geboren worden, daß er ganz Dasselbe sage, was die Pelagianisten früher gesagt hatten, und wie es also seinem Irrthume entspreche, daß Derjenige, welcher durchweg behauptet, der bloße Mensch Christus Jesus habe ohne Sünde gelebt, auch die Gotteslästerung ausspreche, alle Menschen könnten durch sich selbst ohne Sünde sein; und daß nach seinem Beispiele die Andern sagen, die Erlösung des Herrn sei nicht nöthig gewesen, da, wie sie behaupten, die Menschen durch ihre bloße eigene Anstrengung auch zum himmlischen Reiche gelangen können. Das unterliegt keinem Zweifel, sondern steht durch die Thatsache selbst klar zu Tage. Denn daher kommt es, daß er durch seine Fürsprache11 die Klage der Pelagianisten hätschelt, durch seine Schriften die Sache derselben bekräftigt, daß er ihnen fein oder, um mich besser auszudrücken, hinterlistig hilft und der ihm blutsverwandten Gottlosigkeit mit gottloser Liebe beispringt, da er wohl weiß, daß er denselben Sinn und Geist hat, und also es schmerzlich empfindet, wenn die ihm verwandte Häresie von der Kirche getrennt ist, während er dieselbe in allweg mit ihm durch Verkehrtheit verbunden weiß.
4. Leporius widerruft zugleich mit einigen andern den Pelagianismus.
Weil nun aber Solche, die aus dem Stamme dieser verderblichen Dornen hervorgewachsen waren, bereits durch die gütige Hilfe Gottes geheilt sind, so müssen wir auch nun den Herrn bitten, es möge, weil jene alte Häresie und diese neue in Manchem übereinstimmend sind, dem im Übeln gleichen Anfange auch ein im Guten gleicher Ausgang gewährt werden. Leporius nemlich, damals Mönch, jetzt Presbyter, der wie gesagt aus des Pelagius Schule oder vielmehr Verkehrtheit hervorging, in Gallien entweder zuerst oder am meisten als Lehrer der genannten Häresie auftrat und von uns ermahnt, von Gott aber gebessert wurde, hat die unglücklicher Weise empfangene Überzeugung so herrlich verdammt, daß seine Besserung fast ebenso bewunderungswürdig ist, als der unverletzte Glaube Anderer; denn das Erste ist, durchaus in keinen Irrthum zu fallen, das Zweite aber, ihn gut wieder aufzugeben. Dieser also hat, in