er unterhielt sich mit einem anderen hohen Offizier.
Ein Zivilist trat auf Petrow zu. Er nickte in Richtung der Bildschirme. „Was bedeuten diese Linien und Punkte dort?“, fragte er.
Petrow musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen. Er wusste, wen er vor sich hatte. Das war Oberst Malakin, Abteilungsleiter im GRU, dem mächtigen militärischen Geheimdienst und Spionageapparat der Sowjetunion. Zwar hatten die Techniker alles schon erläutert, aber es war besser, dem Oberst auf Wunsch alles noch mal zu erzählen.
„Die Karte dort zeigt die Gesamtübersicht der Weltmeere. Die roten Lämpchen stellten die angenäherte Position feindlicher U-Boote dar. Auf den Bildschirmen können wir Ausschnitte festhalten. Die Linien und Punkte sind jeweils mit bestimmten Seekarten koordiniert, sodass der Beobachter mit einem Blick die entsprechende Seekarte holen kann. Anhand eines Codes kann er dann ziemlich genau die Position des Bootes feststellen.“
Malakin nickte. „Verfügen die Amerikaner auch über ein solches Gerät?“
Petrow zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich nicht, aber vermutlich schon. Sie haben auch Spezialisten dafür.“
Malakin lächelte. „Fragt sich, wessen Spezialisten besser sind.“
„Das wird sich die andere Seite auch fragen. Hoffen wir, dass wir es nicht festzustellen brauchen“, antwortete Petrow.
Malakin starrte ihn mit ausdruckslosem Gesicht an, dann wechselte er das Thema. „Sie fliegen ins Ausland?“
Petrow nickte. „Ja. Nach Damaskus. Ich bin Mitglied einer Delegation, die mit der syrischen Regierung über ein bestimmtes Problem verhandeln wird, das strenger Geheimhaltung unterliegt.“
Malakin ließ sich nicht anmerken, ob ihn die ironische Erwähnung der Geheimhaltung getroffen hatte. „Wie lange werden Sie außer Landes sein?“
„Die Verhandlungen werden sich bestimmt eine Woche hinziehen. Wenn die Gespräche erfolgreich sind, kommen noch einige andere Programmpunkte hinzu. Wir werden militärische Anlagen an der Küste besichtigen.“
„Ich frage deshalb, weil Sie ein wichtiger Mann sind, Genosse Petrow. Wir wollen nicht, dass Ihnen etwas zustößt, denn die Sowjetunion braucht Sie noch.“
Er grinste. „Aber Sie sollten sich keine Sorgen machen – wir werden auch in Syrien gut auf Sie aufpassen!“
3.
Steve McCoys Gegenüber war einige Jahre älter. Er trug einen modisch geschnittenen Anzug und hatte dichtes, schwarzes Haar. Die Brille mit dem schmalen, silbernen Rand verlieh ihm einen intellektuellen Anstrich.
Steve ließ sich auf einen Stuhl sinken und streckte die Beine aus. „Okay, schießen Sie los!“
Der andere lehnte sich hinter seinem Schreibtisch zurück. „Ich heiße Max Taylor und werde von nun an mit Ihnen zusammenarbeiten. Ich bin sicher, dass wir ein gutes Team bilden werden. Ihre Qualitäten kenne ich, mir müssen Sie am Anfang Vertrauen schenken, bis ich Ihnen beweisen kann, dass Sie sich auf mich verlassen können.“
Steve nickte. Das war eine ungewöhnliche Antrittsrede. Aber Taylor schien zu wissen, welche Empfindungen ein Agent hatte, dessen Führung wechselte. „Was ist mit Colonel Greene? Meist hat er bisher meine Einsätze koordiniert.“
„Sie waren ja auch im Urlaub. Das ging alles ziemlich überraschend. Aber Alec Greene ist derzeit unabkömmlich. Er muss sich um einige andere Dinge von höchster nationaler Bedeutung kümmern.“
„Nun gut. Dann müssen wir wohl miteinander auskommen.“
„Keine Sorge, ich bin von Anfang an beim Department und seit einigen Jahren bin ich praktisch die rechte Hand des Colonels. Ich bin über alle Angelegenheiten informiert.“
Steve lächelte. „Na schön, kommen wir zur Sache. Ich habe keine Ahnung, worum es überhaupt geht.“
Taylor machte ein ernstes Gesicht. „Die Aktion scheint schon vermasselt, bevor sie überhaupt begonnen hat. Das ist nicht zu ändern. Trotzdem müssen wir weitermachen, wir haben keine andere Wahl. Das Projekt hat die höchste Dringlichkeitsstufe erhalten, und das Pentagon tritt uns täglich auf die Zehen. Aber bevor ich zu den Einzelheiten komme, möchte ich gern noch mal hören, was am Flughafen in New York passiert ist.“
Steve räusperte sich. „Ich sah, wie ein Mann erschossen wurde. Ich stand oben auf der Balustrade und wartete auf den angekündigten Kurier, denn meine Maschine sollte in wenigen Minuten abfliegen, und ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Informationen. Als ich den Mann aus dem Taxi springen sah, ahnte ich instinktiv, dass es unser Mann war. Er machte nur ein paar Schritte, als ein Plymouth neuerer Bauart mit getönten Scheiben vorfuhr und aus dem Innern mehrere Schüsse fielen. Von meiner Position aus war nicht mal zu erkennen, wie viele Leute in dem Wagen saßen. Ich bin dann sofort hinuntergerannt, aber der Mann war schon tot. Ich stellte fest, dass seine Tasche verschwunden war, das Kettchen war vermutlich mit einer Zange durchtrennt worden.“
„Das heißt, die Aktion war vorbereitet. In dem Menschengewühl, das um den Toten entstand, nutzte ein anderer die Chance aus und trennte den Koffer vom Handgelenk. Halten Sie es für möglich, dass niemand so etwas merkt?“
Steve McCoy nickte. „Sicher. Die Leute achten viel weniger auf solche Dinge als man glaubt. Aber ich bin noch nicht überzeugt davon, dass die Aktion vorbereitet war. Dazu war das Risiko eigentlich zu groß. Es kann doch durchaus sein, dass ein Taschendieb oder ein beliebiger anderer Gauner den Mord ausnutzte und den Koffer an sich nahm. Vielleicht in der Hoffnung, dass sich Geld darin befand.“
„Das ist denkbar. Aber trotzdem bleibt der Mord. Und einen Kurier umzulegen, wäre völlig sinnlos, wenn man nicht an seine Unterlagen heranwollte. Ich gebe zu, dass ein solches Verfahren ungewöhnlich und selten ist, aber es ist schon vorgekommen.“
Steve nickte nachdenklich. „Wir müssen von der schlimmsten Möglichkeit ausgehen. Was also befand sich in dem Koffer?“
Eine kurze Pause entstand, ehe Taylor antwortete. „Alle Unterlagen für Sie! Ihre neue Tarnung. Ein Flugticket von Paris nach Damaskus. Und Ihr neuer Auftrag.“
„Damaskus? Ich wusste nur, dass ich nach Paris fliegen soll.“
„Ja. Die Operation ist an unsere Abteilung übergeben worden, weil sie mit Mitteln gelöst werden muss, die in unseren Bereich fallen. Ich selbst war längere Zeit im Mittleren Osten, sodass der Colonel mir die Einsatzleitung übertragen hat. Die Aufgabe ist nicht einfach, und die örtlichen Vertreter der CIA haben uns ausdrücklich gebeten, einen neuen Mann zu schicken, da sie fürchten, dass sie bei der Gegenseite alle bekannt sind.“
„Aha. Und worum geht es nun?“
„Sie sollen einen Mann aus Damaskus herausholen und ihn sicher auf amerikanisches Gebiet bringen.“
„Kann dieser Mann nicht selber kommen? Die syrischen Grenzen sind doch nicht hermetisch abgeriegelt.“
Taylor blickte ihn ruhig an. „Der Mann ist sowjetischer Wissenschaftler und will zu uns überlaufen. Er ist Mitglied einer größeren sowjetischen Delegation, die sich für ein paar Tage in Damaskus aufhält. Da er ein wichtiger Mann für die Sowjets ist, wird man ihn nicht aus den Augen lassen. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass man ihn im Verdacht hat.“
„Woher wissen Sie, dass dieser Mann überlaufen will?“
„Er hat sich in Leningrad an einen unserer Verbindungsleute gewandt und auch Beweise seiner ehrlichen Absicht geliefert. Wir sind da sehr vorsichtig geworden, seit der sowjetische Geheimdienst mehrfach versucht hat, unseren Geheimdiensten Doppelagenten ins Nest zu schmuggeln. Eine solche Gefahr besteht in diesem Fall nicht, denn dieser Mann ist schon allein aufgrund seiner wissenschaftlichen Arbeit für uns von äußerster Wichtigkeit.“
„Aber wenn die Gegenseite jetzt die Unterlagen unseres Kuriers hat, weiß sie doch, um welchen Mann es sich handelt, und