bei Ihnen melden. Wir haben für Sie ein Zimmer im Hotel New Semiramis gemietet – dort wohnt die Delegation mit dem Wissenschaftler ebenfalls. Sie werden sich mit unserem üblichen Erkennungszeichen für solche Zwecke identifizieren. Der Mann vor Ort weiß, wie das aussieht. Trotzdem eilt die Sache, denn natürlich kann unser Mann jederzeit hochgehen, schließlich weiß die Gegenseite jetzt ganz genau, dass eines ihrer Schäfchen türmen will.“
„Wie heißt die Zielperson?“, fragte Steve McCoy.
„Er heißt Oleg Alexandrowitsch Petrow und ist Fachmann für Schallortungen unter Wasser. Das ist ein Thema, an dem wir brennend interessiert sind, denn es ist für unsere Sicherheit von entscheidender Bedeutung.“
Steve hob die Schultern. „Ich verstehe davon nicht viel, wenn ich ehrlich sein soll.“
Taylor winkte ab. „Das brauchen Sie auch nicht. Ich werde Ihnen aber erklären, warum es so wichtig ist. Ein modernes Atom-U-Boot operiert heute in einer Tiefe bis zu siebenhundert Metern und bei einer Geschwindigkeit von vierzig oder fünfzig Knoten. Opas U-Boot-Abwehr, also Zerstörer mit Wasserbomben, ist damit witzlos geworden. Heute erledigen das Hubschrauber und Anti-U-Boote mit weitreichenden Torpedos. Aber dazu muss man die feindlichen U-Boote erst mal orten, und Schallwellen sind zurzeit das einzig brauchbare Instrument.“
„Und in diesen Dingen kennt Genosse Petrow sich also bestens aus?“
„Ja. Genau. Und nicht nur das, er ist sogar der bedeutendste Wissenschaftler der Sowjets auf diesem Gebiet.“
„Aha.“ Steve McCoy lehnte sich zurück. „Und unsere eigenen Leute? Verstehen die nicht so viel davon?“
Taylor lächelte breit. „Doch. Aber wir möchten gern wissen, was die Kollegen auf der anderen Seite in der Schublade haben. Und das wird uns Petrow sagen.“
„Wie weit reichen solche Ortungsanlagen eigentlich?“
„Das ist sehr unterschiedlich. Ein normales Echolot reicht senkrecht nach unten, es ist also begrenzt. Die modernen Sonarverfahren, also die Horizontalortung, reichen schon sehr weit. Alle größeren Marineeinheiten haben heute solche Anlagen an Bord. Ein Jagd-U-Boot, das in großen Tiefen operiert, hat eine Sonaranlage von der Größe eines Einfamilienhauses. Die damit erzeugten Ultraschallstrahlen können einen in der Nähe schwimmenden Menschen töten. Die Fernortung, die von festen Anlagen aus arbeitet, kann ganze Ozeane abtasten. Denn unter günstigen Bedingungen können sich Schallwellen im Wasser Tausende von Kilometer ausbreiten. Das hängt unter anderem von der Zusammensetzung des Meerwassers ab.“
Steve nickte anerkennend. „Sie sind gut informiert. Gratulation!“
Taylor machte eine abwehrende Handbewegung. „Ich habe ein paar Artikel darüber gelesen, vorher hatte ich auch keine Ahnung. Aber ich glaube, Sie haben jetzt eine Vorstellung, warum diese Angelegenheit für uns so wichtig ist. Wir müssen Petrow kriegen, und ich werde mich dafür einsetzen, dass Sie alle Vollmachten bekommen, die notwendig sind. Geld spielt in diesem Fall keine Rolle. Ihr Verbindungsmann in Damaskus bekommt Anweisung, Ihnen ohne Kommentar behilflich zu sein.“
„Wie ich ihn heraushole, ist meine Sache, nehme ich an? Ich kenne mich ein wenig in der Gegend aus. Das kann man von hier aus auch nicht entscheiden.“
Taylor blickte ihn nachdenklich an. „Sie haben völlig freie Hand. Man hat mir eine Menge über Sie erzählt – ich werde mich darauf einstellen. Tun Sie, was notwendig ist! Melden Sie sich jetzt in der Technik! Sie bekommen eine neue Ausrüstung.“
Steve erhob sich und ging zur Tür, als Taylor ihm zurief: „Noch etwas. Wenn wir Petrow nicht kriegen können – die Sowjets dürfen ihn auf keinen Fall zurückhaben. Sie verstehen, was ich meine?“
Steve hatte schon die Hand auf der Klinke. Seine Augen hatten sich eine Spur dunkler gefärbt. „Ich verstehe sehr gut, was Sie meinen, Mister Taylor. Auch eine solche Entscheidung liegt bei mir.“
4.
Das Mädchen presste das starke Nachtglas fester gegen die Augen. Die Dämmerung setzte ein, und langsam wurde es schwerer, Einzelheiten zu erkennen.
Leila Khalef war dreiundzwanzig Jahre alt, obwohl man sie immer für älter hielt. Das fast blauschwarze Haar fiel ihr in dichten Wellen auf die Schulter, und die ebenmäßigen Gesichtszüge mit den großen, dunklen Augen strahlten eine seltsame Faszination aus. Sie wusste, dass sich die Männer auf der Straße nach ihr umdrehten, aber das störte sie nicht.
Sie schwenkte das Fernglas etwas nach rechts. Dort strahlten jetzt starke Lampen, die die Szenerie erhellten. Neuerdings geschahen merkwürdige Dinge an der syrischen Küste zwischen Latakia und der türkischen Grenze. Links im Bild lag das Schiff mit der Hammer-und-Sichel-Flagge vor Anker. Die Geschäftigkeit hatte dort inzwischen nachgelassen – die Fracht schien entladen zu sein.
Leila Khalef war aus Überzeugung Spionin. Als man ihren Vater wegen angeblicher Umsturzpläne hingerichtet hatte, dauerte es drei Tage, bis sie sich entschlossen hatte. Sie ging in die amerikanische Botschaft in Damaskus und verlangte einen Geheimdienstoffizier zu sprechen. Es hatte lange gedauert, bis sie den Mann überzeugt hatte, aber schließlich wurde sie verpflichtet, und seit über einem Jahr fuhr sie kreuz und quer durch die Gegend, um auf ungewöhnliche Dinge zu achten. Ihre Ausrüstung bestand aus Nachtglas mit Kamera, Teleobjektiv, einem Code zum Verschlüsseln.
Leila Khalef lag auf einem Hügelkamm inmitten von Geröll und Sträuchern. Zum Strand waren es schätzungsweise tausend Meter. Die Hügel an der Küste fielen ziemlich steil ab. Unten erstreckte sich ein riesiges Gelände, das mit hohem Stacheldraht umgeben war. Provisorische Baracken reihten sich aneinander.
Das merkwürdigste aber war eine Art schwimmende Insel dicht vor der Küste. Zuerst hatte sie geglaubt, es sei eine Bohrinsel, aber bei näherem Hinschauen hatte sie doch gemerkt, dass es sich um etwas Besonderes handelte.
Leila tastete zur Seite, bis sie ihren Leinenbeutel näher heranziehen konnte. Sie öffnete ihn und kramte ihre Fotoausrüstung heraus. Mit schnellen Bewegungen schraubte sie das Teleobjektiv auf und sah durch den Sucher. Das Licht würde für den hochempfindlichen Film gerade noch reichen. Es klickte leise, als sie den Auslöser betätigte.
Sie war so in ihrer Arbeit vertieft, dass sie die Schritte in der Nähe überhaupt nicht bemerkte. Deshalb erschrak sie, als eine schneidende Stimme über ihr ertönte: „Was haben wir denn da für ein Täubchen?“
Die Spionin drehte sich langsam um und richtete sich auf. Kaum drei Schritte entfernt stand ein Offizier mit zwei Soldaten, die Gewehre auf sie richteten.
Ihre Gedanken rasten fieberhaft, aber da gab es kein Entkommen – die Situation war eindeutig. Leila stand langsam auf und klopfte sich den Staub von dem kurzen Rock. Dann sah sie den Offizier trotzig an.
Die Soldaten folgten mit ihren Gewehrläufen jede Bewegung, und der Offizier trat einen Schritt näher. Lässig tippte er ihr gegen die Schulter, sodass das Mädchen unwillkürlich zurückwich. Dann bückte er sich und hob die Kamera auf. Er drehte sie in den Händen und betrachtete sie interessiert. „Eine amerikanische Kamera. Die sind hier schwer zu bekommen.“ Er sah sie fragend an.
Leila biss sich auf die Lippen, antwortete aber nicht.
Der Offizier wühlte in dem Leinenbeutel und holte die anderen Gegenstände heraus. Dann nahm er das Nachtglas in die Hand. „Auch ein amerikanisches Fabrikat. Sind Sie Amerikanerin?“
Leila schüttelte den Kopf, aber er beachtete sie nicht, sondern blätterte in ihrem Pass, den er gerade gefunden hatte.
„Sieh mal an“, sagte er leise. „Das Spionieren liegt wohl in der Familie.“
Er hob den Kopf. „Oder war Yassir Khalef nicht Ihr Vater?“
Leila nickte nur kurz und konzentrierte sich auf die beiden jungen Soldaten, aber da war nichts zu machen. Ihre Gewehre rührten sich keinen Millimeter, und einer von ihnen grinste sie frech an.
Der