A. F. Morland

Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane


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Ordnung, Frau Praetorius.“ Theresia eilte aus dem Wohnzimmer.

      Petra konnte es kaum erwarten, bis ihre Männer nach Hause kamen. Ruhelos lief sie auf und ab. Endlich konnte sie die Bedenken ihres Vaters zerstreuen.

      Er konnte nicht länger dagegen sein, dass sie ein Baby bekam. Er durfte es Claus nicht länger verbieten, mit ihr ein Kind zu zeugen.

      Endlich, endlich würde sie Mutter werden. Oh, sie stellte sich das so wunderbar vor. Ohne zu klagen wollte sie alle Beschwerden der Schwangerschaft ertragen – und die Schmerzen der Geburt, denn sie würde dafür reich belohnt werden. Mit einem süßen kleinen Baby, das sie lieben und pflegen durfte, das sie wachsen sehen und die ersten Worte plappern hören würde – Mama, Papa! Dann die ersten Schritte ... Sie würde ihrem Kind unendlich viel Liebe geben, ohne darüber zu vergessen, auch Claus, den Vater des Kindes, über alle Maßen zu lieben und ihm dankbar zu sein für seine Teilnahme am göttlichen Schöpfungsakt, der dieses niedliche Menschlein hervorgebracht hatte. Junge, Mädchen – das war nicht so wichtig. Hauptsache ein Kind, ein gesundes, fröhlich, glückliches Kind ...

      Petra dachte an ihren Abschied von Dr. Yvonne Wismath. „Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute, Frau Praetorius“, hatte die Internistin gesagt.

      „Danke, Frau Doktor“, hatte Petra erwidert.

      Die Ärztin hatte ihr die Hand gereicht. „Nennen Sie mich Yvonne.“

      „Aber nur, wenn Sie mich Petra nennen.“

      „Einverstanden“, hatte Yvonne gesagt. „Ich würde zu gern wissen, wie Ihre Geschichte weitergeht.“

      „Ich halte Sie auf dem Laufenden“, hatte Petra versprochen. „Würden Sie und Ihr Freund uns die Freude machen, uns mal zu besuchen?“

      „Sehr gem.“

      „Ich rufe Sie an, und wir verabreden uns, ja?“

      Yvonne hatte lächelnd genickt. „In Ordnung. Und nun sehen Sie zu, dass Sie mit Ihrer freudigen Botschaft nach Hause kommen.“

      Und nun war Petra daheim – und allein. Ameisen schienen unter ihrer Haut zu krabbeln. Sie war noch nie so ruhelos gewesen. Sie wollte sich so wahnsinnig gern jemandem mitteilen. Wo nur Claus und Papa so lange blieben? Endlich hielt ein Wagen vor dem Haus. Petra eilte zum Fenster. Claus stieg aus seinem Mercedes. Papa war nicht bei ihm, er war wahrscheinlich wieder einmal in der Bank aufgehalten worden.

      Das traf sich ganz gut so. Claus würde die erfreuliche Nachricht als erster erfahren.

      Als ihr Mann das Wohnzimmer betrat, eilte Petra auf ihn zu. „Claus!“

      Er strahlte. „Liebling!“ Er umarmte sie „Ich bin ja so froh, dass du wieder zu Hause bist.“

      „Oh, es war sehr angenehm in der Seeberg-Klinik.“

      „Aber schöner ist es doch zu Hause.“ Er küsste seine Frau zärtlich.

      „Ja“, gab sie zu. „Bei dir. Wo ist Papa?“ Er seufzte. „Ein wichtiger Kunde platzte kurz vor dem Heimgehen in sein Büro, aber ich denke, Papa wird ihn in wenigen Minuten abgefertigt haben. Er macht das sehr geschickt.“

      „Er ist dein großes Vorbild, nicht wahr?“

      „Ich hätte als Kind gern so einen erfolgreichen Vater gehabt. Einen, auf den ich hätte stolz sein können. Der meine war – ich sag’s nicht gern, aber es ist leider eine unbestreitbare Tatsache – ein Versager.“

      „Unser Kind wird auf seinen erfolgreichen Vater stolz sein können“, flüsterte Petra und kraulte seine Nackenhärchen.

      „Unser Kind?“

      „Möchtest du wissen, was die Untersuchung ergeben hat?“, fragte Petra. „Ich platze gleich, wenn ich es dir nicht sage.“ Sie lachte hell. „Keine Frau auf der ganzen Welt ist mehr als ich fürs Kinderkriegen geschaffen, das war die einhellige Meinung aller Ärzte, und das kann ich auch belegen.“ Sie zeigte auf die Mappe, in der sich ihre Befunde befanden.

      „Mir brauchst du sie nicht zu zeigen“, wehrte Claus ab.

      „Du bist mein Mann.“

      „Deinen Vater musst du überzeugen, dass das Kinderkriegen für dich ungefährlich ist, nicht mich.“

      „Er wird nicht länger dagegen sein, dass wir ein Kind bekommen, Liebster. Wir werden endlich eine richtige Familie sein: Vater, Mutter, ein Kind – oder auch zwei. Wir werden die glücklichste Familie unter der Sonne sein.“

      Claus lachte. „Im Übertreiben bist du nicht zu schlagen.“

      „Ich übertreibe nicht. So wird es sein, du wirst schon sehen.“ Petra schlang die Arme um seinen Nacken. „Theresia hat bereits eine Flasche Champagner kalt gestellt. Die werden wir köpfen, sobald Papa nach Hause kommt.“

      Sie wechselte das Thema, sprach von Dr. Yvonne Wismath, mit der sie sich angefreundet hatte. „Sie wird uns demnächst mal zusammen mit ihrem Freund besuchen“, sagte Petra. „Sie ist reizend. Man kann sich wunderbar mit ihr unterhalten. Wir haben uns auf Anhieb blendend verstanden.“

      „Und was ist ihr Freund von Beruf?“, erkundigte sich Claus.

      „Er hat mit Computern zu tun, ist ein richtiges Ass auf seinem Gebiet, ein Spezialist.“

      „Da kann er mir bestimmt ein paar knifflige Fragen beantworten, die mich schon lange beschäftigen.“

      „Sicher.“

      „Her mit dem Mann“, sagte Claus grinsend. „Und wenn man sich mit einer Ärztin gut stellt, kann es auch kein Fehler sein.“

      Petra bohrte ihrem Mann kichernd den Finger in die Rippen. „Ich wusste ja gar nicht, dass du so berechnend bist.“

      „Wie du siehst, hat mir dein Vater schon so manches beigebracht.“

      „Nimm bitte nicht alles von Papa ab, ja?“

      „Nur das Gute“, versprach Claus.

      Eine halbe Stunde später kam Horst Bachmann heim. Das Gespräch mit dem wichtigen Kunden schien sehr gut verlaufen zu sein, er hatte gute Laune, und er freute sich, dass seine Tochter wieder zu Hause war.

      Petra bat Theresia, den Champagner zu servieren. Sie stieß mit ihrem Mann und mit ihrem Vater an und verkündete glückstrahlend, dass ihrer Schwangerschaft nun nichts mehr im Wege stehen könne, und sie zeigte stolz die vielen ausgezeichneten Befunde, deren phantastische Werte sich nach Ansicht der Ärzte sehen lassen konnten.

      Horst Bachmann sagte nichts. Petra drängte ihn vorerst zu keiner Äußerung, sondern überließ ihm die Befunde, damit er sie sich in Ruhe ansehen konnte

      Er blätterte schweigend darin. Petra ließ ihm Zeit. Es war bestimmt nicht einfach für ihn, seine Meinung zu revidieren, aber wenn er die Befunde objektiv betrachtete, konnte er unmöglich bei seiner alten, falschen Meinung bleiben. Er las, blätterte weiter, las, blätterte zurück, las wieder ...

      Die Spannung wuchs. Es war sehr still im Raum, nur das gelegentliche Rascheln von Papier war zu hören.

      Endlich klappte Horst Bachmann die Mappe zu und legte sie auf den Couchtisch. Petra sah ihn erwartungsvoll an, doch er äußerte sich noch immer nicht. Petra trank nervös ein zweites Glas Champagner. Sie hatte ein heftiges Prickeln in der Nase und hätte beinahe geniest. Sie holte schon tief Luft, aber dann verging der Niesreiz, und sie wartete weiter voller Spannung auf ein Wort ihres Vaters.

      Da er so lange nichts sagte und sie mit stummem Ernst auf die Folter spannte, platzte sie mit ihrer Frage in die Stille hinein: „Nun, was sagst du dazu, Papa?“

      Er sah sie an. „Ich weiß, wie viel dir an einem eigenen Kind liegt, mein Herz, und ich kann deine Sehnsucht nach Mutterfreuden sehr gut verstehen. Ich bin kein Unmensch: Ich habe mich nicht aus purem Egoismus dagegen ausgesprochen, dass du schwanger wirst. Es geschah lediglich