Andreas Haller

Golf von Neapel Reiseführer Michael Müller Verlag


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      Der Solfatarakrater oberhalb der Bucht von Pozzuoli

      Im letzten Drittel des 20. Jh. hatten bra­diseis­mische Erdbe­wegungen (→ Link) das historische Zentrum zer­stört und unbewohnbar gemacht. Zwar sind die Restaurierungsarbeiten inzwi­schen abgeschlossen, die Gebäude je­doch gleichen unbeseelten Kulissen − die Rückeroberung durch die Bewohner lässt noch auf sich warten. Geführte Tou­ren durch die Gebäudekeller geben − wie bei San Lorenzo Maggiore in der Alt­stadt von Neapel − Einblicke in die Bau­substanz in vorchristlicher Zeit.

      Zwischen Hafen und Rione Terra liegt das kompakt struk­turierte Ge­schäfts­zentrum mit seinen verkehrs­be­ruhigten Gassen rund um die gast­liche Piazza della Repubblica. Jede Men­ge Ge­schäfte und Straßencafés sind auf kur­zen Wegen erreichbar und v. a. am Abend erstaunlich belebt. Jen­seits des Rione Ter­ra säumt die Küs­ten­linie Rich­tung Neapel der gepflegte Lungo­mare Pertini und lädt zum ent­spannten Bummel ein.

      Die übrigen Attraktionen, allen vo­ran das Amphitheater und der Solfa­tara-Krater, liegen außerhalb des Zen­trums und sind zu Fuß oder mit Bus bzw. Vor­ortbahn erreich­bar. Ähnliches gilt auch für den Lago d’Averno und den Monte Nuo­vo zwischen Pozzuoli und Baia. Letzt­ge­nannte Ziele lohnen auch deshalb ei­nen Ab­stecher, weil sie sich mit kür­ze­ren oder längeren Spa­zier­gängen ver­bin­den lassen − eine der we­ni­gen Op­tio­nen an der ausufernd be­sie­delten Küste.

      Der römische Marktplatz von Pozzuoli

      Macellum (Serapis-Tempel): Die einige Me­ter unterhalb des Straßenniveaus in der Nähe des Hafens gelegene archäo­lo­gi­sche Stätte kann selbst nicht be­tre­ten werden, ist jedoch von drei Sei­ten aus gut einsehbar. Es handelt sich um die Überreste eines rö­mischen Markt­platzes aus dem 1./2. Jh. n. Chr. Die kreis­förmige Empore mit den Säu­len­res­ten wurde lange Zeit etwas vor­schnell als Serapis-Tempel (Tempio di Sera­pide) bezeichnet, da man hier 1750 ei­ne Statue des ägyptisch-hellenis­ti­schen Got­tes fand. Vulkano­logen dien­ten die antiken Säulen als präziser me­tri­scher Index zur Messung bra­di­seis­mi­scher Hebungs- und Sen­kungs­be­we­gun­gen (→ Link).

      Rione Terra: Der wuchtige Altstadt­hü­gel ist seit dem 5. Jh. v. Chr. besiedelt und be­her­bergt zahlreiche Relikte aus zu­rückliegenden Epochen. Als Geo­lo­gen 1970 bra­d­iseismische Erd­bewe­gun­gen ankündigten, wurde die zum da­ma­ligen Zeitpunkt zie­mlich ver­wahr­los­te Altstadt zwangsevakuiert und seit den 1990er-Jahren in müh­seli­ger De­tail­arbeit wieder hergestellt. Zum Zeit­punkt der letzten Recherche 2019 prä­sen­tierte sich der Rione Terra zwar zur Gän­ze wiederhergestellt, aber noch men­schenleer. Zukünftig soll hier ein Tou­ristenquartier mit Gästehäusern und Restaurants entstehen. Sehenswert ist auch die Kathedrale aus der Zeit der spa­nischen Herrschaft (→ unten). Zu em­pfehlen sind darüber hinaus ge­führ­te Rundgänge durch die Keller­ge­schos­se. Sie enthüllen beträchtliche Über­res­te aus römischer Zeit: Funda­mente von Hand­werksbetrieben und Ge­schäften so­wie den Verlauf der Stra­ßen in der An­tike. Dieses „Pompeji unter Tage“ wur­de bei Auf­räum­ar­bei­ten in den 1990er-Jahren wie­der­ent­deckt und für die Nachwelt konserviert.

      ♦ Zugang: Am besten vom Infobüro (→ Link) aus zu Fuß über den gepflasterten Viadukt.

      ♦ Information/Führungen: Sa/So 9−17 Uhr, Füh­rungen auf Englisch um 9 und 15 Uhr. Dau­er: 1 Std. 5 €, erm. 2,50 €. Eine Re­se­r­vie­rung (te­lefonisch, im Internet oder am gleichen Tag im Infopoint am Eingang zum Rione Terra) wird em­pfohlen. Tel. 081-19936286, www.rioneterrapozzuoli.com.

      Anfiteatro Flavio: Abenteuerspielplatz der Antike

      Kathedrale: Die Basilika auf der Spitze des Altstadthügels wurde ebenfalls ein Op­fer des Bradisismus (→ Link) und war deshalb ein halbes Jahr­hun­dert lang nicht zugänglich. Erst 2014 öff­ne­te sie ihre Tore wieder für Gottes­diens­te und Besucher. Heute prä­sen­tiert sich die Hauptkirche des Rione Ter­ra sti­lis­tisch kunterbunt: Moderne Bau­ele­men­te mit viel Stahl und Glas kon­trastieren mit Marmor, Stuck und Deckenfresken aus barocker Zeit. Hin­zu kommen die Res­te des römi­schen Au­gustustempels, in der Haupt­sache Säu­len, die in den bei­den Sei­ten­wän­den als tragende Stüt­zen mit ein­ge­ar­bei­tet sind. 1946 wur­de das alte Dach der Barockkirche bei einem Brand schwer beschädigt und wurde kom­plett er­setzt. Das Museo Diocesano ne­benan prä­sentiert die Kir­chen­schät­ze.

      ♦ Kirche: Sa 9.30−13 und 15−19.30 Uhr, So 9.30−13 und 15−18.30 Uhr. Im Aug. So ge­schlossen, in der Karwoche Sa/So ebenfalls zu.

      ♦ Museum: Sa 9−13 und 15−19 Uhr, So 10−13 Uhr. 5 €, erm. 3 €.

      Anfiteatro Flavio: Die größere von ur­sprüng­lich einmal zwei Arenen in der rö­mi­schen Hafenstadt Puteoli fasste et­wa 20.000 Zuschauer. Der elliptische Bau ist in der Mitte ca. 75 m lang und bis zu 43 m breit. Aus Platzgründen − die gab es offen­sicht­lich bereits in der An­tike − lag dieses Vergnügungs­zen­trum nicht im Stadt­zen­trum, wie es von der Logistik her eigentlich ge­bo­ten gewesen wäre, sondern au­ßer­halb auf der Anhöhe. Der Bau aus dem 1. Jh. n. Chr. wurde in wesentlichen Tei­len in der Mitte des 19. Jh. frei­ge­legt, wobei die Ausgrabungsarbeiten erst kurz nach En­de des Zweiten Welt­kriegs zum Abschluss kamen. Am in­te­ressantesten sind die un­terirdischen Gän­ge, die komplett begehbar sind. Über­all liegen Säulenreste und Ka­pi­telle herum − ein Abenteuerspielplatz für Altertums­interessierte!

      ♦ Tägl. außer Di 9 Uhr bis 1 Std. vor Son­nen­un­ter­gang. 4 €, erm. 2 €. Kombiticket mit Museum und Ausgrabungsstätte Baia und Cuma (gültig an 2 auf­ein­an­der­fol­genden Ta­gen) 8 €, erm. 4 €. Via Terracciano 75 (5 Min. zu Fuß von der Me­tro­hal­te­stelle in Richtung Stadtzentrum), www.pafleg.it.

      Pech und Schwefel