Keimzelle des Apollon-Kults, der sich von Kyme-Cumae in der römischen Welt verbreitete. Die Fundamente des Apollon-Tempels gehören zu den eindrücklichsten Resten der einstigen griechischen Stadt.
Die leider mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwierig erreichbare Ausgrabungsstätte besticht sowohl durch ihre Ausdehnung als auch durch ihre Vielschichtigkeit. Eine 800 m lange Stichstraße führt, flankiert vom fußballfeldgroßen Areal aus römischer Zeit, zum Kassenhaus. Hinter dem Eingang quert man zunächst ein fast haushohes Tuffsteingewölbe, bevor sich die Wege in drei Richtungen verzweigen. Nach links geht es in die Grotte der Sibylle (Antro della Sibilla): Es handelt sich um einen ca. 130 m langen und nur spärlich beleuchteten Gang, von dem diverse Abzweigungen in verliesähnlichen Kammern enden. Am hinteren Ende zur Linken dürfte sich die antike Orakelstätte befunden haben. Der halblinks ansteigende Treppenweg führt, vorbei u. a. an mehreren Aussichtsplattformen und den Resten des Apollon-Tempels, auf die bewaldete Kuppe des Akropolis-Hügels mit den eindrucksvollen Resten des Zeus-Tempels aus dem 6. Jh. v. Chr. Der Ausblick auf die Küste und auf das ländlich geprägte Umland entlohnt für die Mühen des Anstiegs. Die dritte Wegalternative leitet Besucher auf Treppen in einen grottenähnlichen Gang (Crypta Romana). Es handelt sich um einen kleinen Teil des weitläufigen Tunnelverbindungssystems, das der geniale Militärstratege Agrippa (→ Link) im Auftrag des späteren Kaisers Augustus anlegen ließ. Weil das Projekt nicht zum Abschluss geführt wurde, nutzte die frühchristliche Gemeinde diesen Höhlengang als Friedhof. Sollte zukünftig die äußere Römerstadt zur Besichtigung freigegeben werden, können Besucher durch das Grottenverlies direkt zum Forumsareal vorstoßen.
Bücherverbrennungen in der Antike: die Sibylle von Kyme
Im Altertum galt die Sibylle als wahrsagende Tempelpriesterin, die ihr Werk in der Regel zurückgezogen in einer Grotte verrichtete. Der Sibyllen-Kult entstand wahrscheinlich ursprünglich in Persien und gelangte über Griechenland ins Abendland. Im 1. Jh. v. Chr. differenzierte der römische Historiker Marcus Terentius Varro in einem seiner Werke nicht weniger als zehn Sibyllen − die wichtigste in Italien war die Sibylle von Kyme. Seit dem 6. Jh. v. Chr. stand sie dem Orakel an der Küste Kampaniens vor. Vergil und Ovid erwähnten sie in ihren Werken, und Varro überlieferte eine Episode aus dem 5. Jh. v. Chr., demzufolge Sibylle von Kyme einst neun Bücher mit Weissagungen besaß. Die Tempelpriesterin bot dem römischen König Tarquinius Superbus an, die wertvollen Bücher zu kaufen, worauf dieser zunächst ablehnte, dann jedoch zugriff, als sie damit begann, fragliche Werke zu verbrennen. Auf diese Weise gelangte ein Rest dieser Bücher nach Rom und wurde im Jupiter-Tempel auf dem Kapitol sorgfältig verwahrt. In Krisensituationen, Katastrophen und bei Auftreten unheilvoller Omen wurden die Sibyllinischen Bücher regelmäßig zu Rate gezogen; zu ihrer Bewachung wurden zwei, später sogar zehn Wächter bestallt. Sämtliche Schutzpräventionen konnten indes nicht verhindern, dass die Schätze 83. v. Chr. beim Brand des Jupiter-Tempels verloren gingen. Die pragmatischen Römer ersetzten anschließend den Verlust umgehend durch eine neue Sammlung prophetischer Weissagungen.
♦ Besichtigung Parco Archeologico. Tägl. 9 Uhr bis 1 Std. vor Sonnenuntergang. 4 €, erm. 2 €, Kombiticket mit Amphitheater in Pozzuoli sowie Thermen und Kastell in Baia (gültig an 2 aufeinanderfolgenden Tagen) 8 €, erm. 4 €. Via Monte di Cuma 1, www.pafleg.it.
Anfahrt/Verbindungen Pkw. Der Weg nach Cuma ist von Baia (Ortsteil Fusaro) ausgeschildert.
Bahn. Der Circumflegrea-Bahnhof zwischen Küste und Ausgrabungsstätte eignet sich nur bedingt als Option, da die Vorortbahn von Neapel nur von Juli bis Sept. an Sonn- und Feiertagen verkehrt.
Bus. Vom Cumana-Bahnhof in Pozzuoli (Via Miliscola−Fasano) mit der Linie P12R nach Licola. Abfahrten ca. alle 2 Std., 14-mal tägl., sonn- und feiertags 8-mal. Oder mit dem EAV-Bus vom Cumana-Bahnhof Fusaro, die Haltestelle befindet sich schräg gegenüber vom Eingang zum Casino Reale (→ Link).
Essen & Trinken Bar dell’Acropoli. Einkehr mit gemütlichen Sitzplätzen im schattigen Garten an der Bushaltestelle zu Beginn der Stichstraße. Getränke und kleine Snacks, auch Weinverkauf mit guter Auswahl. Via Monte di Cuma 1 (SP Cuma−Licola), Tel. 081-8040382.
Insel Procida
Kühn steht die Abtei des Erzengels Michael an der Felskante und blickt vom höchsten Punkt der Insel über den Golf. Rundherum mittelalterliche Häuser mit Patina, in den Gassen trocknet die Wäsche. Auf halbem Weg zur Kirche blickt man von der Kanonenbastion auf die wunderbare Marina di Corricella mit ihren verschachtelten Würfelhäusern.
Procida: Paradeblick auf die Marina di Corricella
Das kleinste Eiland im Golf von Neapel ist ein Reiseziel für Individualisten. Der Tourismus spielt hier eine Nebenrolle, denn traditionell leben die Procidani von der Seefahrt: Seit Generationen rekrutieren die italienische Marine und Reedereien aus vielen Ländern der Erde Offiziere, Matrosen u. a. Bootspersonal von der Insel. Außerdem nennt die Insel eine nennenswerte Fischfangflotte ihr Eigen. Das bezaubernde Fischerflair lässt sich am besten am Bilderbuchhafen Marina di Corricella erleben, wo Boote vor dem Hintergrund des Festungshügels im klaren Meerwasser vor Anker liegen und die Fischer tagsüber ihre Netze flicken. Fischfangquoten und der verstärkte Rückgriff der Reedereien auf Billiglohnkräfte aus Schwellenländern ließen allerdings in jüngerer Zeit die Einnahmen weniger üppig sprudeln. Vor diesem Hintergrund gewinnt der Tourismus eine neue Bedeutung, wobei mitnichten zu befürchten steht, dass die Öffnung der Insel mit der Preisgabe der eigenen Identität einhergeht. Denn genau das ist es, was Gäste an Procida schätzen und lieben: eine Insel, die sich ihre Ursprünglichkeit bewahrt und den bodenständigen Charme nicht eingebüßt hat. Eine Massendestination wird aus Procida ohnehin niemals werden, dafür fehlen die nötigen Zutaten. Das Eiland verfügt weder über Thermen wie Ischia, noch ist hier etwas vom hochtrabenden Jetset-Esprit Capris zu spüren.
Auf einer Fläche von nur 4,1 km2 leben ca. 10.500 Menschen, was einer relativ großen Bevölkerungsdichte entspricht. Procida ist das geologische Bindeglied zwischen Ischia und der Küste westlich von Neapel mit dem Kap von Miseno. Außerdem ist die Insel ein integraler Teil des Regionalparks Campi Flegrei. Die meisten besuchen das Eiland im Rahmen eines Tagesausflugs und bleiben nur für wenige Stunden. Wer länger verweilt und sogar auf Procida nächtigt, lernt weitere faszinierende Facetten der Inselschönheit kennen: die Abendstimmung an der Marina di Corricella, die Strände rund um die Marina Chiaiolella und die verschwiegenen Zitronengärten im Innern der Insel. Egal, ob Stippvisite oder längerer Ferienaufenthalt − jeder Besucher landet zunächst mit der Fähre an der Marina Grande. Der an der Inselnordseite gelegene Hafen wird von einer Zeile verwitterter Häuser gesäumt, die schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf mehr gibt. Hier konzentriert sich ein gewichtiger Teil der Infrastruktur, häufig geht es laut und hektisch zu, kein Ort zum Bleiben also, weshalb die meisten Besucher umgehend den Schildern Richtung Abbazia San Michele folgen und sich auf den (zuweilen schweißtreibenden) Weg zur Terra Murata begeben. Auf halber Strecke zum Altstadthügel erweitert sich die verkehrsberuhigte Gasse zur Piazza dei Martiri mit der Statue des Risorgimento-Protagonisten Antonio Scialoja in der Mitte. Als Finanzminister