vor dem 11. September 2001 die Cockpit-Türen so umgerüstet, dass kein Passagier auf den Pilotensitz kann – das World Trade Center stünde wohl noch. Oder die ersten Corona-Infizierten hätten Wuhan, den Ort des Ausbruchs, nicht verlassen dürfen – die Pandemie wäre im Keim erstickt worden. Oder man hätte das AKW in Fukushima ein paar Nummern sicherer gebaut – es wäre nicht zur Nuklearkatastrophe gekommen.
»Aber dafür muss man die Zukunft vorhersehen können, und das geht nicht.« Nein, man muss sich die Zukunft zunächst mal nur vorstellen wollen – und merkt dann, dass es klug ist, große Risiken zu erkennen und sie bestmöglich zu vermindern, statt darauf zu vertrauen, dass schon nichts Schlimmes passieren wird. Denn wie hast du es so treffend formuliert? Shit happens.
Gelungene Prävention verhindert Schlimmes, bevor es passiert. Doch ihre Effekte sind unsichtbar, deshalb wird sie unterschätzt.
7. Das Präventionsdilemma
»Einfach so alle Flugzeuge umrüsten? Nen Atommeiler umbauen? Eine Stadt auf Corona-Verdacht von der Außenwelt abriegeln? Was das alles kostet!« Es hat leider viel mehr gekostet, all das nicht zu tun. Zwar gab es jeweils vorher Warnungen, aber man dachte: Wird schon alles gut gehen. Fehler!
Und damit sind wir mitten im Präventionsdilemma: Solange nichts Schlimmes passiert, erscheinen Maßnahmen überflüssig. Und passiert doch etwas, heißt es hinterher: »Warum hat vorher niemand etwas getan?«
Jetzt aber wird es kompliziert: Wenn nur deshalb nichts Schlimmes passiert, weil Präventionsmaßnahmen genau das verhindern, erscheinen sie ebenfalls oft überflüssig – es sieht ja keiner, was ohne sie wäre: »Sparen ist doof!«, sagen innere Schweinehunde – bis mal die Kasse leer ist. »Sport ist Mord!« – bis die Herzkranzgefäße verklumpt sind. »Umweltschutz ist lästig!« – bis wir am Urlaubsstrand in Plastikmüll waten.
Naturkatastrophen kommen plötzlich über uns. Wir können nichts gegen sie tun.
8. Naturkatastrophen
»Aber wir können doch nicht immer alles verhindern!«, entrüstet sich Günter. Das stimmt. Tatsächlich gibt es immer wieder Katastrophen, die wie eine Apokalypse über die Welt kommen: gigantische Vulkanausbrüche, fiese Meteoriteneinschläge, schlimme Erdbeben, tödliche Seuchen oder schreckliche Tsunamis. Die Geschichte unserer Erde ist voll davon.
Als zum Beispiel 1980 der Mount St. Helens ausbrach, der schlimmste Vulkanausbruch des 20. Jahrhunderts, stieß er 1,2 Kubikkilometer heißes, flüssiges Magma aus. Während der neun heftigsten Stunden seines Ausbruchs verteilten sich 540 Millionen Tonnen vulkanischer Asche auf mehr als 60 000 Quadratkilometern. Seine Explosionswolke breitete sich zum Teil mit einer Geschwindigkeit von über 1000 Stundenkilometern aus. Die Zerstörung war gigantisch.
Oder als im Indischen Ozean 2004 die Erde bebte, löste das eine ganze Reihe furchtbarer Tsunamis aus. Dabei starben 230 000 Menschen und 1,7 Millionen Küstenbewohner wurden obdachlos.
Unsere Erdgeschichte ist voller apokalyptischer Katastrophen.
9. Hallo Apokalypse!
Weiter mit den Naturkatastrophen: Als sich zwischen 1918 und 1920 die Spanische Grippe verbreitete, infizierten sich weltweit 500 Millionen Menschen, von denen je nach Schätzung zwischen 20 und 100 Millionen starben. (Damals gab es noch keine Virentests wie heute.)
Oder als vor 66 Millionen Jahren ein 14 Kilometer dicker Asteroid im Norden Mexikos einschlug, hatte er etwa die Explosivkraft von 200 Millionen Hiroshima-Bomben. Dadurch entstand nicht nur der berühmte Chicxulub-Krater mit 180 Kilometern Durchmesser, der Einschlag löste auch eine weltweite Zerstörungswelle aus, der etwa drei Viertel aller damaligen Arten zum Opfer fielen, unter anderem die Dinosaurier.
Unsere Erdgeschichte ist voll von solchen Katastrophen. Und so manche haben zu Massenaussterben geführt. Ursachen waren immer wieder Erdbeben, Meteoriteneinschläge, Klimawandel, Vulkanismus, Seuchen oder Strahlung. All das kann jederzeit wieder passieren, wir können nichts dagegen tun. Natur ist Natur. Sicher ist nur, dass nichts sicher ist. Hallo Apokalypse!
Wer bei Veränderungen freiwillig mitmacht, den treffen sie weniger hart.
10. Freiwillig mitmachen
»Das ist ja schrecklich!«, bibbert Günter. Ja, es kann einem schon mulmig werden bei all den Gefahren da draußen. Das Einzige, was wir bei Naturkatastrophen tun können, ist, uns auf sie einzustellen und uns vor den schlimmsten Folgen zu schützen: Seuchen schnell erkennen und eindämmen, Vulkanaktivitäten auf Ausbruchzeichen überwachen oder in Erdbebengebieten besonders sicher bauen. Logisch, oder? »Logisch.«
Anders ist es, wenn wir das Übel kommen sehen: So manche Krisen, Kriege, Crashs oder koronare Herzkrankheiten lassen sich mit Prävention verhindern – wenn wir vorher nachdenken und klug handeln. Nur müssen dabei halt auch innere Schweinehunde mitmachen, sonst bringt es nix.
»Okay, begriffen«, stimmt Günter zu. »Besser, wir passen auf, stellen uns auf Veränderungen ein und machen freiwillig mit. Dann treffen sie uns nicht so hart.« Genau, Schweinehund.
Der technische Fortschritt bringt immer schneller immer mehr Veränderungen.
11. Technischer Fortschritt
»Welche Veränderungen stehen denn an?«, will Günter wissen. »Und welche Risiken?« Eine ganze Menge. Und auch jede Menge Chancen, die wir ergreifen und nutzen können. Wahrscheinlich wird sich die Welt in den nächsten zehn Jahren stärker verändern als in den 100 Jahren zuvor. Besser gesagt: Die Welt verändert sich nicht einfach, wir verändern sie.
Wo heute noch Menschen arbeiten, werden mehr und mehr Roboter übernehmen. Wo heute noch Daten in Rechenzentren gespeichert werden, geht das zukünftig auf DNA. Wo wir heute noch selber denken, denkt mehr und mehr künstliche Intelligenz. Wo wir heute im Stau stehen, fliegen wir zukünftig mit Flugtaxis drüber. Wo wir heute noch Maschinen aus vielen Einzelteilen zusammenbauen, drucken wir sie zukünftig in einem Stück. Der technische Fortschritt wird immer schneller – und unsere Welt eine andere.
»Klingt nach Science-Fiction!«, lacht Günter. Auch nicht mehr, als Mallorca online zu buchen oder mit dem Navi Auto zu fahren.
Wir können zukünftig völlig neue Möglichkeiten haben, unser Leben zu gestalten.
12. Schöne neue Welt?
»Coole Sache!«, freut sich Günter. Ja, die Chancen stehen gar nicht schlecht, dass die Zukunft rosig wird, wenn wir unsere Möglichkeiten richtig nutzen: Wir werden weniger arbeiten müssen, weiter unseren Lebensstandard erhöhen, immer mehr Krankheiten heilen, weniger Kriege führen, den Hunger besiegen, weltweit Bildung ermöglichen, uns immer besser vernetzen, ach, ein rundum schönes Leben führen.
»Geil!«, grunzt Günter, während er mit der VR-Brille