Kraftfahrzeugversicherung, Kreditversicherung17, Luftfahrtversicherung, private Unfallversicherung, Rechtsschutzversicherung, Sturmversicherung, technische Versicherungszweige (z. B. Maschinen-, Bauleistungs- und Elektronikversicherung), Tierversicherung, Transportversicherung, Unfallversicherung, verbundene Hausratversicherung und verbundene Wohngebäudeversicherung.
Gemessen an den Versicherungsbeiträgen der Erstversicherungsunternehmen war die Lebensversicherung mit einem Beitragsvolumen von ca. 103 Mrd. EUR im Jahr 2019 die größte Versicherungssparte in Deutschland gefolgt von der Schaden- und Unfallversicherung mit 73 Mrd. EUR und der privaten Krankenversicherung mit 41 Mrd. EUR.18 Die verdienten Beiträge für eigene Rechnung der deutschen Rückversicherungsunternehmen betrugen im Jahr 2017 ca. 51 Mrd. EUR.19 Die Rückversicherung ist Gegenstand von Kapitel 9 dieses Buches und wird deshalb hier nicht näher betrachtet.
1.5.2 Kalkulation der Versicherungsprämie
Der Preis eines Versicherungsproduktes20 wird in der versicherungswirtschaftlichen Fachsprache als (Versicherungs-)Prämie oder auch Beitrag21 bezeichnet. Die Prämie muss ausreichend hoch bemessen sein, um mindestens die erwarteten Schäden (bzw. Leistungen des VU an den VN) und Betriebskosten zu decken sowie eine angemessene Rendite auf das von den Eigentümern eingesetzte Kapital gewährleisten zu können. Bei einigen Produkten, wie bspw. Lebensversicherungsprodukten, sind ferner Erlebensfall- oder Ablaufleistungen zu finanzieren, sodass eine weitere Komponente – die sog. Sparprämie – bei der Kalkulation der Versicherungsprämie zu berücksichtigen ist. Zudem ist bei den meisten Produkten die Versicherungssteuer zu entrichten. Der Regelsteuersatz der Versicherungssteuer beträgt 19 % des Versicherungsentgelts.22 Letzteres ist definiert in § 3 des Versicherungssteuergesetzes (VersStG) und umfasst insbesondere die Prämie ohne Versicherungssteuer. Die bedeutendsten Ausnahmen von der Besteuerung sind die Prämien für Lebens- und Krankenversicherungsprodukte. Weitere Ausnahmen sind in § 4 VersStG aufgeführt.
Ausgangspunkt der Kalkulation der Versicherungsprämie ist das Risiko, welches vom VN auf das VU übertragen wird. Die Höhe des Risikos wird durch drei Parameter bestimmt:
1. Der wertmäßigen Höhe der zukünftig möglichen Leistungen des VU an den VN, die meist wesentlich durch mögliche Schadenhöhen bestimmt wird,
2. der Wahrscheinlichkeitsverteilung der zuvor genannten, zukünftigen Leistungen (bzw. Schadenhöhen) und
3. dem Zeitraum, innerhalb dessen diese Leistungen fällig werden können.
Ein hohes Risiko würde bspw. dann für das VU vorliegen, wenn innerhalb eines kurzen Zeitraumes mit hoher Wahrscheinlichkeit hohe Leistungen für den VN erbracht werden müssen.
Um diesen drei zuvor genannten Parametern bei der Prämienkalkulation Rechnung zu tragen, wird für den Teil der Versicherungsprämie, welcher eine Kompensation für das übernommene Risiko bieten soll, erstens durch das sog. versicherungs technische Äquivalenzprinzip gefordert, dass der Barwert der erwarteten (zukünftigen) Zahlungen des VN dem Barwert der erwarteten zukünftigen Leistungen des VU entsprechen soll. Durch die Ermittlung von Erwartungswerten werden somit die Wahrscheinlichkeitsverteilung und zukünftig mögliche Leistungen des VU in die Prämienkalkulation einbezogen. Der Zeitraum wird durch die Berechnung der Barwerte und die damit verbundene Diskontierung berücksichtigt. Im einfachen Fall, in dem nur eine Prämienzahlung zum heutigen Zeitpunkt erfolgt, entspricht dieser Teil der Versicherungsprämie, der auf dem versicherungstechnischen Äquivalenzprinzip basiert und der auch als Netto(risiko)prämie bezeichnet wird, somit dem diskontierten Erwartungswert der zukünftigen Leistungen des VU an den VN.
Wie im ersten Abschnitt dieses Kapitels gezeigt wurde, können die tatsächlich eintretenden Schäden bzw. die tatsächlichen Leistungen des VU an die VN – bspw. aufgrund zufälliger Schwankungen – jedoch auch über den zuvor berechneten Erwartungswerten liegen, sodass das VU auch für diesen Fall vorsorgen und zur Risikokompensation zweitens einen sog. Sicherheitszuschlag (auch Risikozuschlag) auf die Prämie erheben muss.
Die Netto(risiko)prämie und der Sicherheitszuschlag ergeben zusammen die (Brutto-)Risikoprämie23, welche das VU für die Risikoübernahme entschädigt. Werden weiterhin die Betriebskosten (d. h. Verwaltungs- und Vertriebskosten) und der Gewinnzuschlag für die Eigentümer in die Kalkulation einbezogen sowie eine eventuell erforderliche Sparprämie und die Versicherungssteuer berücksichtigt, so gelangt man schließlich zur sog. Bruttoprämie, welche alle zuvor genannten Komponenten umfasst. Abbildung 10 visualisiert den Aufbau der Bruttoprämie.
Abb. 10: Der Aufbau der Bruttoprämie
1.6 Übungsaufgaben
Aufgabe 1
Eine Versicherung habe sechs Gebäude gegen Brand versichert. Wie viele verschiedene Möglichkeiten gibt es, aus der Menge der n = 6 Gebäude χ = 0,1,2,…,6 Gebäude auszuwählen (ohne Wiederholung, ohne Berücksichtigung der Anordnung)?
Lösung:
Aufgabe 2
Gegeben seien vier unkorrelierte, identisch verteilte Risiken. Pro Risiko seien nur zwei Ausgänge bezüglich der Schadenhöhen möglich (0 EUR und 3000 EUR). Die Schadenwahrscheinlichkeit pro Risiko sei konstant und betrage p = 10 %.
a) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeiten, mit denen Gesamtschäden in Höhe von 0, 3000, 6000, 9000 und 12000 EUR eintreten.
Lösung:
b) Bitte berechnen Sie den Schadenerwartungswert für das Kollektiv und pro Kopf.
Lösung:
c) Bitte berechnen Sie die Varianz und die Standardabweichung des Schadens pro Kopf.
Lösung:
d) Betrachten Sie nun acht unkorrelierte, identisch verteilte Risiken und unterstellen Sie ansonsten die gleiche Parameterkonstellation wie zuvor (Schadenhöhen 0 und 3000 EUR, Schadenwahrscheinlichkeit p = 10%).
i. Berechnen Sie erneut den Schadenerwartungswert und die Standardabweichung des Schadens pro Kopf !
Lösung:
ii. Welchen Effekt beobachten Sie beim Vergleich der Standardabweichungen und Schadenerwartungswerte pro Kopf, die Sie für die unterschiedlichen