Alfred Bekker

Sammelband 5 Krimis: Verschwörung der Killer und vier andere Urlaubs-Krimis


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hinauslief: Wir würden eine endlose Adressenliste von Angehörigen und Bekannten abklappern müssen, an deren Erarbeitung Carter und sein Team gerade arbeitete.

      "Da spielt man doch lieber den Rocker aus der Bronx, was?", raunte Milo mir zu, während ich an meinem Kaffee nippte.

      Ich grinste.

      "I'm born to be wild!"

      "Ja sicher! Und gleichzeitig Staatsdiener!"

      Für unseren Dialog ernteten wir einen tadelnden Blick von Mister McKee.

      Max Carter trug uns anschließend das Protokoll vor, dass die Lippenlese-Experten von dem Gespräch zwischen Taylor und Almali erstellt hatten. Es war sehr lückenhaft. Es fiel mehrmals der Name Raymond Zapata.

      Zusammenfassend ließ sich sagen, dass die ursprüngliche Vermutung richtig gewesen war. Es war Taylors Auftrag gewesen, in Zapatas Namen eine Verbindung zu einer mächtigen mediterranen und von christlichen Libanesen beherrschten Organisation herzustellen. Und auch die dahinterstehende Absicht wurde klar.

      Jemand, den Taylor einfach nur "unseren Konkurrenten" genannt hatte, sollte aus dem Rennen um das Geld der Süchtigen geworfen werden.

      Und zwar endgültig.

      Max Carter spielte uns eine Sequenz aus den Videoaufnahmen vor, in der Taylor sich mit der Handkante am Hals entlang fuhr. Eine eindeutige Geste.

      Leider hatten wir keine Ahnung, wer da als ungenannter Konkurrent in Frage kam. Da gab es mehrere Möglichkeiten.

      Einige Bosse in Little Italy kamen ebenso in Frage wie ein paar große Fische aus Chinatown.

      In diesem Augenblick klingelte eines der zahlreichen Telefone auf Mister McKees Schreibtisch.

      Unser Chef nahm den Hörer ans Ohr, sagte ein paar Mal "ja" und legte danach wieder auf.

      "Das war ein Kollege von der SRD", berichtete er. "Der Ohrabdruck, der an der Tür von Doretta Tomlins Wohnung gefunden wurde, ist mit der entsprechenden Datei abgeglichen worden."

      "Sagen Sie bloß, wir hatten Glück, und der Kerl wurde schon einmal erfasst", stieß Leslie Morell hervor.

      Mister McKee nickte.

      "Er heißt George Tamales. Er wurde mal unter dem Verdacht festgenommen, an einem Einbruch beteiligt gewesen zu sein. Der Ohrabdruck bewies damals seine Unschuld. Glücklicherweise wurde er nicht aus der Datei gelöscht..."

      12

      GEORGE TAMALES WAR kein unbeschriebenes Blatt. Er war als Mann fürs Grobe bekannt, hatte einige Jahre lang ein Inkassobüro betrieben, das unter anderem auch für verschiedene Unterweltgrößen die Schulden eingetrieben hatte. Ob eine Verbindung zu Raymond Zapata bestand, war bislang nicht bekannt.

      Die Erlöse seiner Drogengeschäfte steckte Tamales in einen Boxclub, der in der 92.Straße lag. Offenbar hoffte er darauf, irgendwann einmal den neuen Muhammad Ali zu entdecken und in dessen Windschatten den ganz großen Reichtum zu ernten.

      Milo und ich fuhren wenig später in die 92. Straße.

      Leslie, Jay und Fred folgten uns in einem weiteren Einsatzfahrzeug.

      Nach dem Abgleich des Ohrabdrucks stand es fest, dass Tamales einer der beiden Killer gewesen war, die versucht hatten, Doretta Tomlin umzubringen.

      Wir hofften ihn festnehmen zu können.

      Die wirklich interessante Frage war, wer den Kerl und seinen Komplizen beauftragt hatte.

      Wir betraten den Boxclub, der im Erdgeschoss eines etwas heruntergekommenen Brownstone-Gebäudes untergebracht war.

      Der Geruch von Schweiß schlug uns entgegen. Ächzlaute erfüllten den Raum. Ein paar muskelbepackte Fighter kämpften gerade verbissen mit ihren Sandsäcken.

      Im Sparring standen sich zwei Schwergewichtler gegenüber und droschen aufeinander ein.

      Etwa ein Dutzend Personen stand um den Sparring herum und feuerte die Beiden an.

      Ein dicker Mann mit schütterem grauem Haar brüllte abwechselnd Kommandos und gut gemeinte Ratschläge wie: "Achte auf deine Scheiß-Deckung! Du verdienst noch nicht genug, um dir dritte Zähne leisten zu können!"

      Der Dicke war wohl eine Art Trainer.

      Von George Tamales besaßen wir Fahndungsfotos. Die waren zwar schon in paar Jahre alt, reichten aber, um ihn wiederzuerkennen.

      Ich ließ den Blick schweifen.

      "Er ist hier", stellte ich fest.

      Am Hemdkragen befand sich ein Mikro. Unsere Kollegen konnten auf diese Weise alles mithören. Und Jay sicherte den Hintereingang, Fred LaRocca beobachtete zur gleichen Zeit die Vordertür.

      Tamales hatte unter normalen Umständen keine Chance.

      Er war gerade damit beschäftigt, auf einem Laufrad zu trainieren. Das Gerät war auf eine ziemlich hohe Geschwindigkeit eingestellt. Er blickte kurz zu uns hinüber, war aber so mit seinem Training beschäftigt, dass er uns nicht wiedererkannte.

      Vielleicht hatten die wenigen Sekunden, in denen wir uns gegenübergestanden hatten, für ihn auch nicht ausgereicht, um sich unsere Gesichter einzuprägen.

      Wir traten an ihn heran.

      "Mister George Tamales?", fragte ich und hielt ihm meine ID-Card entgegen.

      Er kniff die Augen zusammen, schaltete das Laufrad ab und griff nach seinem Handtuch.

      "Was wollen Sie?"

      "Sie sind vorläufig festgenommen. Falls Sie auf Ihr Recht zu schweigen verzichten und eine Aussage machen, kann sie vor Gericht gegen Sie verwendet werden..."

      "Hey, mal halblang, Jungs!", maulte er. "Was liegt überhaupt an!"

      "Sie haben versucht, in die Wohnung von Miss Doretta Tomlin einzudringen. Vermutlich mit der Absicht sie umzubringen. Außerdem wird man Ihnen wohl einen bewaffneten Angriff auf zwei Polizisten vorwerfen."

      "Scheiße, Mann, wovon redet ihr?"

      "Sag bloß, du erinnerst dich nicht an uns!", mischte sich Milo in das Gespräch ein.

      Er starrte erst Milo und anschließend mich an.

      Seine Kinnlade klappte herunter.

      "Ihr Ärsche..."

      "Beleidigen Sie uns ruhig weiter. Bei dem, was Sie erwartet, wird das im Strafmaß ohnehin kaum ins Gewicht fallen", sagte ich.

      Seine gewaltigen Muskeln und Sehnen spannten sich.

      Als er allerdings in den Lauf von Milos SIG starrte, nahm er brav die Hände hoch.

      Sein Kopf war hochrot, das Gesicht zur grimmigen Maske verzerrt.

      Ich ließ den Blick schweifen.

      "Bevor wir den Weg zur Federal Plaza antreten, geht's erst mal in Ihr Büro!", bestimmte ich.

      "Hey, was ist das jetzt für ein Scheiß-Spiel? Wahrscheinlich wollt ihr ungestört irgendein Geständnis aus mir herauspressen! Aber ich habe einen guten Anwalt! Wenn ich auch nur eine Sekunde allein mit euch bin, verklage ich euch