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... So wie das Sein eins ist und dennoch gleichzeitig vielfältig, so bestimmt dasselbe Gesetz auch uns selbst und die verschiedenen Teile unserer Persönlichkeit. Der spirituelle Geist, der Purusha, ist unteilbar eins, aber er passt sich den Ausdrucksweisen der Natur an. Jeder Aspekt unseres Seins wird von einer Ausdruckskraft des spirituellen Geistes geleitet; wir haben etwas in uns, das wir entdecken, wenn wir tief genug in uns nach innen gehen, ein mentales Selbst, ein vitales Selbst und ein physisches Selbst. Es gibt ein inneres Wesen des Denkens in uns, den mentalen Purusha, der etwas von sich selbst an unserer Oberfläche ausdrückt, in unseren Gedanken, Wahrnehmungen und den Aktivitäten unserer mentalen Natur, und es existiert ein Wesen der vitalen Lebenskraft in uns, das etwas von sich selbst in den Impulsen, Gefühlen, Empfindungen, Wünschen und den äußeren Aktivitäten unseres vitalen Lebens ausdrückt, sowie ein inneres physisches Wesen, ein körperliches Selbst, das etwas von sich in unseren Instinkten, Gewohnheiten, Aktivitäten und in unserer körperlichen Gestalt ausdrückt. Diese Teilaspekte des Selbst sind Ausdruckskräfte des spirituellen Geistes und deshalb nicht begrenzt durch ihre zeitweilige Ausdrucksform, denn was auf die jeweilige Weise ausgedrückt wird, stellt nur einen Bruchteil seiner unendlichen Möglichkeiten dar. Dieser spezielle Ausdruck erschafft in uns eine zeitlich begrenzte, denkende, fühlende, physische Persönlichkeit, die wächst und sich entwickelt, ebenso wie das psychische Wesen oder die Seelenpersönlichkeit in uns wächst. Jede dieser Ausdrucksformen des göttlichen Geistes hat ihre eigene ausgeprägte individuelle Natur, ihr Einfluss und ihre Prägung wirkt als Ganzes auf uns; aber während sie entstehen, mischen sich diese Einwirkungen und Einflüsse an der Oberfläche unseres Wesens und erschaffen eine Oberflächenpersönlichkeit, die aus einem Gemisch all dieser Einflüsse besteht, eine Vermischung aller zusammen, die eine äußerlich beständige und doch veränderliche und bewegliche Gesamtpersönlichkeit für den Zweck dieses jeweiligen Lebens und seiner begrenzten Erfahrung bildet.
Sri Aurobindo, CWSA, Bd. 21-22, S. 929
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Wenn du eine philosophische Denkweise hast, dein Denken philosophisch orientiert ist, stellst du dir wahrscheinlich die Frage: „Wer bin ich selbst? Bin ich dieser Körper – er ändert sich ständig, er bleibt nicht derselbe. Bin ich das, was ich fühle? Meine Gefühle verändern sich andauernd. Bin ich das, was ich denke? Aber auch Gedanken entstehen und vergehen ununterbrochen. Das alles bin nicht ich selbst. Wo befindet sich mein Selbst? Was gibt mir das Gefühl von Kontinuität?“ Wenn du aufrichtig weiterfragst und ein paar Jahre in die Vergangenheit zurück gehst, wird das Problem immer komplizierter. Du kommst zu der Beobachtung: Alles ist nur meine Erinnerung. Aber selbst wenn man seine Erinnerung verlieren würde, wäre man immer noch man selbst. Wenn man diese tiefgreifende Suche ernsthaft weiterführt, kommt ein Moment, in dem alles verschwindet, und nur noch Eines existiert und das ist das Göttliche, die göttliche Gegenwart. Alles verschwindet, löst sich auf, alles schmilzt wie Butter in der Sonne... Wenn man diese Entdeckung gemacht hat, wird einem bewusst, dass man nur aus Gewohnheiten bestand. Es redet immer der Teil in einem selbst, der das Göttliche nicht kennt und sich des Göttlichen nicht bewusst ist. In jedem Menschen gibt es Hunderte und Aberhunderte von Identitäten des „Selbst“, die auf Hunderte, völlig verschiedene Arten sprechen – unbewusste, wechselnde, fließende Identitäten des Selbst. Das Selbst, das heute redet, ist nicht dasselbe, das gestern gesprochen hat; und wenn du in die Zukunft schaust, ist das Selbst verschwunden. Es gibt nur Eines, das beständig existiert. Das ist das Göttliche. Es ist das Einzige, das als immer gleich angesehen werden kann.
Die Mutter, CWM, Bd. 5, S. 17
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VORWORT
Yoga wird allgemein mit bestimmten festgelegten Übungen wie Yoga-Körperstellungen, Atemübungen, mit Meditation und dergleichen in Verbindung gebracht. Zusätzlich wird Yoga so verstanden, dass er aus bestimmten Verhaltensregeln und Normen besteht, die sich auf Aspekte des äußeren Lebenswandels beziehen, wie die Ernährungsweise, die Lebensführung und sonstige Gewohnheiten. Sri Aurobindo lehrt hingegen, dass Yoga aus einer inneren psychologischen Arbeit besteht, die eine Änderung und Transformation des Bewusstseins anvisiert. Er erklärt: „Yoga ist nichts anderes als angewandte praktische Psychologie“1; „...die gesamte Methode des Yoga ist psychologisch; man könnte sie fast als die umfassende praktische Anwendung eines perfekten psychologischen Wissens bezeichnen.“2
Dieses Buch, das eher für den allgemeinen spirituellen Sucher gedacht ist als für den Praktizierenden des Integralen Yoga von Sri Aurobindo, beschäftigt sich nur mit den ersten vorbereitenden Schritten bis zu der radikalen Änderung des Bewusstseins, die der Integrale Yoga anvisiert. Diese anfänglichen Auf gaben für ein psychisch-spirituelles Wachstum sind: aufzusteigen aus dem unbewussten Zustand, in dem man mehr oder weniger ein mit der kollektiven Masse verschmolzener Teil ist als ein unabhängiges Individuum, um das zu werden: „der wirklich mentale Mensch, der für sich selbst denkt, der frei ist von allen äußeren Einflüssen, der eine Individualität besitzt, die in ihrer Realität bestehen kann.“ Dazu gehört auch, ein zunehmend tieferes Verständnis seiner selbst zu entwickeln, das sich mehr und mehr der Komplexität des eigenen Wesens bewusst wird, um die Ursprünge des eigenen Handelns zu unterscheiden, die in den verschiedenen Teilen unserer Persönlichkeit entstehen und so Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung ausüben zu können, die Harmonie und Ordnung in den unterschiedlichen Teilen unseres Wesens schafft, die normalerweise in einem Zustand von Unordnung sind und in Konflikt miteinander geraten. Daraus erfolgt die Entdeckung der Einheit unseres eigentlichen wahren inneren Selbst, das alle Teile unseres Wesens anleitet und organisiert, die sonst durch Teilung und Uneinigkeit charakterisiert sind.
Der Leser wird bemerken, dass die Mehrzahl der Passagen in diesem Buch den Werken der Mutter entnommen sind, denn ihre Schriften bestehen überwiegend aus den Gesprächen, die sie mit den jungen Schülern der Ashram-Schule führte, denen sie die praktische Anleitung für die vorbereitende Arbeit für das innere Wachstum lehrte, wie wir sie oben besprochen haben.
Sich selbst zu verstehen, ist der erste Schritt auf diesem Weg. Wie die Mutter bemerkt:
„Lerne dich zuerst gründlich selbst kennen und dann, dich zu kontrollieren.“3
„Um vollkommen zu sein, muss man sich zuerst seiner selbst bewusst werden.“4
„Die besondere Eigenschaft des Menschen ist seine mentale Natur“5, sagt Sri Aurobindo. Deswegen versteht sich der Mensch natürlich zuerst durch das Nachdenken über sich selbst. Das mentale Selbstverständnis beruht darauf, intellektuell die vielen unterschiedlichen und komplexen Teile seines eigenen Wesens zu unterscheiden. Das erfordert „ein langes Training und eine lange Disziplin des Selbst-Studiums und der Selbst-Beobachtung“6, um die jeweiligen Ursprünge seiner Gedanken, Gefühle, Handlungen und Stimmungen zu erkennen. Es bedeutet, dass man fähig ist, den verschiedenen Seiten unserer Veranlagung, die die vielen Teile unserer Persönlichkeit ausmachen, eine Bezeichnung geben zu können. Für viele Menschen ist der Begriff „Etikett“ oder „etwas mit einem Etikett versehen“ negativ besetzt, weil er mit einem rein mentalen oder intellektuellen Prozess assoziiert wird, der ein wirkliches Verstehen der so bezeichneten Sache vermissen lässt und ein Hindernis für ein echtes Verständnis darstellt. Ein mentales Verständnis ist jedoch nicht notwendigerweise ein Nachteil. Im Gegenteil, es kann eine große Hilfe und ein Schritt zu einem tieferen Erkennen sein. Alles mentale oder intellektuelle Begreifen als reines „Etikettieren“ abzulehnen, ignoriert die oben genannte Tatsache, dass der besondere Charakter des Menschen seine denkende Wesensart ist,