Achim Wigand

Montenegro Reiseführer Michael Müller Verlag


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      An der (entsetzlich engen) Zufahrt zum Ri­vie­ra gibt es auch noch die Pension Palma, die­ nicht nur in älteren Reiseführern sehr ge­lobt, sondern auch von Lesern be­geistert emp­fohlen wird. Ruhig, hervorra­gende Kü­che, Dame des Hauses Deutsche usw. Wird­ schon alles stim­men, aber wa­rum knallt­ man mir dort immer die Tür vor der Na­se zu? Deshalb keine Kon­takt­anga­ben.

      Der kleine Hafenort mag früher durch seine besonders üppige und dichte Flo­ra bestochen haben (zelen = grün), heute ist die vorherrschende Farbe das Grau der Hafenanlagen - Zelenika ist eine Durchgangsstation. Die Bade­strän­de, natür­lich betonierte Liegeflächen und so gut wie an jedem ande­ren Ort der äußeren Bucht - sind zur Hoch­saison dennoch knackvoll. Einige Knei­pen und Cafés säumen die Straße, ohne kulinarische Highlights zu bieten. Wer mehr Action will, kommt über die Ufer­straße schnell zu Fuß nach Herceg No­vi (ca. 3 km).

      Der kleine Weiler Kuti einige Hun­dert Meter oberhalb von Zelenika war übri­gens Schauplatz der Entschei­dungs­schlacht gegen die türkische Be­satzung im Jahr 1687. Durch die Be­schreibung der Schlacht im Versepos Der Bergkranz des Dichterfürs­ten Petar II. Petrović Njegoš hat sich der Ort tief im kollektiven Gedächtnis der Mon­te­ne­griner festgesetzt. Als echter Li­te­ra­tur­freak kann man zur Einfühlung in die Landeskultur hinaufwandern und dabei die schöns­ten Verse rezitieren - zu se­hen gibt es freilich gar nichts.

      Man sollte die Eigner von Megajachten ja für eine verschwindend kleine Grup­pe halten, aber die wird in Montenegro auf jeden Fall gut umsorgt - nach dem Su­perhafen in Tivat wird hier gerade mit aserbeidschanischem Kapital die nächste Riesenmarina ins Buchtufer pla­niert. Liegeplätze für Protzkähne bis 120 m Außenlänge, dazu Luxushotels, Luxusappartements, Luxusrestaurants. Dem Milliardär ist nichts zu schwär.

      ♦ 2020 waren die ersten Hotelzimmer be­zugs­fertig, die Preise für ein DZ in der Hochsaison lagen bei 400 € aufwärts. Kaufen kann man auch, hier fängt der Spaß bei einer halben Mil­lion an und hört bei 10 Millionen noch nicht auf. Tel. 031-355375, www.portonovi.com.

      Die zwei am Ufer mittlerweile nahtlos ineinan­der übergehenden Dörfer im wei­teren Verlauf der Küstenlinie der Bucht sind nur in den Sommermonaten be­wohnt, dafür dann richtig: Die schma­le Ufer­pro­menade mit den vor­ge­lagerten Badeplattformen ist dann leb­haft und wuselig bevölkert. Hier trifft man fast ausschließlich Urlauber aus Serbien und Bosnien, es geht laut und herzlich zu, ohne serbische Sprach­kenntnisse dürfte man sich aber etwas ver­lo­ren fühlen. Gewohnt wird für wenig Geld in Privat­zimmern oder klei­nen Fa­mi­lien­pensionen (bei 10 € be­ginnt schon die gehobene Klasse), die altserbische Ide­al­glei­chung „Ent­fer­nung Bett - Strand = 30 m“ kann hier meistens leicht erfüllt wer­den. Bis zum nächsten Restaurant ist es auch nicht viel weiter, und Selbstversor­ger fin­den in Sichtweite zahlreiche Mini-Märkte.

Der schnelle Weg nach Süden: die Fähre Kamenari–Lepetani

      Der schnelle Weg nach Süden: die Fähre Kamenari-Lepetani

      Die großen Reparaturdocks der Werft do­minieren den kleinen Ort völlig. Hier wer­den die Traditionen des Schiffbaus und der Seefahrt, einst weltberühmte Do­mä­nen der Boka Kotorska, noch am Leben gehalten. Und das sogar recht pro­fi­ta­bel, denn we­gen des niedrigen Lohn­niveaus im Lande und der gut aus­gebilde­ten Fach­kräfte kann die Werft durchaus im harten inter­natio­nalen Wett­bewerb be­ste­hen. Aus dem Kreis der pittoresken Ur­laubs­orte ist Bijela damit natür­lich aus­ge­schie­den, aber der re­ge Verkehr der großen Schif­fe trägt zum Flair der Bucht durch­aus bei. Um die Was­ser­qualität braucht man sich angesichts des Werft­be­triebs­ übri­gens keine Sor­gen zu ma­chen: Das U­n­ter­nehmen ist nach strengen ISO-Nor­men zertifiziert.

      Autokamp Zloković, am Ortsausgang Rich­tung Kamenari liegt der netteste Cam­ping­platz der Bucht von Kotor. Uroš und seine Frau betreiben den Platz in der zweiten Gene­ra­tion, sprechen Englisch und halten ihr Gelände gut in Schuss. Jetzt ist auch noch das prima Strandrestaurant Bura mit dabei. 3 Cam­per­ und ein Wohn­wa­gen kosten in der HS 27 €. Tel. 067-645023.

      Der Ortsname ist von ser­bisch kamen ab­geleitet, was so viel heißt wie „Stein“, „Fels“ oder „Marmor“. Er ver­weist auf die Steinbrüche in der Um­ge­bung, de­ren rötlicher Stein an pro­mi­nen­ten Orten verwendet wurde: Große Teile der Stra­ßenpflasterung Venedigs stam­men aus den Brüchen von Ka­me­na­ri, und auch das­ Reiterstandbild vor dem Gebäude der UN in New York, ein Werk des kroa­ti­schen Mo­nu­men­tal­plas­ti­kers Antun Au­gus­tinčić, steht auf ei­nem So­ckel aus dem hie­sigen Ge­stein. Die meisten Rei­sen­den wis­sen das nicht, ihnen ist der Ort an der schma­len Taille der Boka nur als An­le­ge­punkt der Auto­fähre geläufig: Von hier ist es nur ein Kat­zensprung bis zum Ostuferhafen Le­pe­tani (s. u.). Die ge­ringe Distanz zwi­schen den beiden Ufern - an der engs­ten Stelle gerade ein­mal 200 m - wur­de üb­ri­gens bis in die Mo­derne auch für eine einfache, aber effek­tive De­fen­siv­maß­nah­me zur Ver­tei­di­gung des hin­te­ren Bucht­ab­schnitts ge­nutzt: Eine schwe­re Eisen­ket­te,­ die zwi­schen den Vor­sprüngen, auf denen heute die Leucht­feuer ste­hen, ge­spannt wurde, ver­wehrte po­ten­ziell feindlichen Schif­fen die Ein­fahrt nach Perast und­ Kotor.

      Die schönste Aussicht auf die Meer­enge zwischen Kamenari und Lepetani und ei­nen­ geradezu dramatischen Blick auf Perast mit seinen beiden vor­ge­la­ger­ten In­seln hat­ man von der Kirche Sv. Nedjelje (1867) auf der be­waldeten An­höhe über dem Ort. Das schöne Pa­no­ra­ma wird sich freilich erle­digt ha­ben, wenn das ambitio­nier­te Vorhaben einer Brückenverbindung an­stelle der Fäh­re verwirklicht werden soll­te. Das Pro­jekt ist jedoch so bizarr teuer und ökologisch dermaßen bedenklich, dass seine Rea­lisierung noch in den Ster­nen­ steht.

Traditioneller Haustyp: die Konoba

      Traditioneller Haustyp: die Konoba

      Am gegenüberliegenden Ufer von Kamenari liegt das kleine Lepe­tani ver­träumt am Wasser - wenn nicht gerade wieder eine Fähre ihre Auto­fracht auf die­ schmale Uferstraße gespuckt hat. Viele kleine An­le­ge­buchten für die typischen Fi­sch­er­bötchen und die hübschen Natur­stein­häuser auf dem schma­len Streifen an der Meerenge geben dem Ort das ty­pi­sche Gesicht eines authentischen Fi­scher­orts der Boka. Man kann hier auch seine Ferien ver­brin­gen - bei ein­hei­mischen Ur­lau­bern­ ist der Ort durchaus beliebt -, aber der Verkehr besonders in der Tivat zu­ge­wand­ten Hälfte ist schon erheb­lich: Die kleinen Ro-Ros trans­por­tie­ren im­mer­hin über­ eine halbe Million Fahr­zeuge im Jahr über die Eng­stelle. Die müssen dann not­ge­drun­gen wei­ter­fahren. Soll­ten Sie zwi­schen zwei alten, stinkenden Last­wa­gen hier­ an Land kommen, war­ten sie eine Es­pres­so­länge in dem klei­nen Café an der An­legestelle auf ruhi­gere Stra­ßen.

      ♦ Wer nicht die landschaftlich und kulturell wirk­lich sehenswerte Route im Gegen­uhr­zei­ger­sinn rund um die in­ne­re Bucht nehmen will, son­dern einfach nur möglichst schnell nach Tivat oder wei­ter die Küste hinunter möchte, der spart mit der Auto­fähre min­des­tens 45 Min. Fahr­zeit (nach Kotor ist es allerdings auf der en­gen Straße über Sto­liv/Prčanj nicht sig­ni­fi­kant kürzer). Der Car­rier verkehrt ganz­jährig mit­ bis zu vier Schif­fen rund um die Uhr. Fuß­gänger und Rad­fahrer zahlen nichts, Autos kos­ten