Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1)


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Roboter geräuschlos in Bewegung setzte und ihnen folgte. Auch der Jarrashalla schlurfte hinter ihnen her, als würde er ganz genau verstehen, was man von ihm erwartete.

      Wie war das gleich noch? Er sonderte ein schnell wirkendes, lähmendes Nervengift ab? »Und euer Jarrashalla?«, fragte Rhodan.

      Die Farbe des Emots wechselte zu einem belustigten metallischen Blassrot. »Vielleicht wird er dich beißen. Natürlich nur unter ärztlicher Aufsicht.«

      »Warum?«

      Der Onryone antwortete nicht. Aber Rhodan konnte es sich denken.

      Die Onryonen wollten seine Identität bestätigen. Wenn er der war, für den sie ihn hielten, sollte er wegen seines Zellaktivators den Biss unbeschadet überstehen. Eine einfachere Möglichkeit gab es nicht.

      Diesmal legten die Onryonen ein Optikfeld um ihn. Rhodans Sicht war auf ein paar Meter beschränkt, dann wurde alles undeutlich, verschwamm so stark, dass er die Umgebung nur noch verwaschen ausmachen konnte. Er vermutete, dass er nun durch sensible Bereiche der AUCBURN geführt wurde, über die er keine Kenntnisse erlangen sollte.

      Kurz darauf betraten sie die Medostation. Sie basierte auf der Technologie der Onryonen und unterschied sich beträchtlich von den Gegenstücken auf terranischen Raumschiffen. Am auffälligsten war, dass es keine einzelnen Medobetten gab, sondern eine große Liegewiese, die von mehreren Patienten genutzt werden konnte.

      Kein Wunder, dachte Rhodan. Onryonen bildeten bereits im Kindesalter Schlafrudel, denen sie dann ein Leben lang angehörten. Dabei übernahm ein Mitglied des Schlafrudels stets die Rolle des so genannten Pyzhurgs, der Wache stand und darauf achtete, dass die anderen ungestört schlafen konnten. Das war in der Medostation zwar überflüssig, weil sie rund um die Uhr besetzt war, aber darum ging es nicht.

      Der diensthabende Mediker trug eine streng geschnittene dunkelrote Uniform und kam dienstbeflissen auf Rhodan zu, als die Wächter ihn in die Krankenstation führten. Dann schaute er zu dem Jarrashalla.

      »Ich habe alles vorbereitet. Wir können den Versuch sofort durchführen.«

      Der onryonische Befehlshaber ließ den Blick über Rhodan gleiten. »Legt ihn vorsichtshalber in ein Fesselfeld! Er wird sich nicht kampflos in sein Schicksal ergeben, sondern Widerstand leisten.«

      Rhodan spannte die Muskeln an, wollte springen, den Onryonen, der ihm am nächsten stand, zur Seite stoßen und nach dessen Waffe greifen, doch es war längst zu spät. Von einem Augenblick zum anderen konnte er keinen Finger mehr krümmen.

      Der Jarrashalla schlurfte heran und reckte den Kopf vor. Rhodan roch fauligen Atem; das fledermausähnliche Tier schien seine Tagesration Fleisch noch nicht vollständig verdaut zu haben, und ein winziger Teil davon hatte sich zwischen den langen, scharfen Zähnen festgesetzt. Als das Geschöpf das Maul öffnete, wurde der Gestank unerträglich.

      Perry Rhodan versuchte vergeblich, den Kopf zur Seite zu drehen. Das Fesselfeld hatte ihn voll im Griff. Er musste die Augen verdrehen und nach oben schauen, wo die die Zähne der Fledermaus sich ihm näherten; sie war größer als er. Schneidezähne schien sie nicht zu haben, dafür waren die vier Eckzähne umso größer. Schleimiger Speichel umgab sie wie ein dünner Schmierfilm.

      Er glaubte, die punktförmigen Öffnungen in ihren Spitzen zu sehen, durch die sie ihr Nervengift absonderte.

      Der Jarrashalla beugte sich vor.

      Rhodan versuchte, ruhig zu bleiben. Direkte Lebensgefahr bestand für ihn nicht. Sein Zellaktivator würde in der Tat mit dem Nervengift fertigwerden. Aber damit waren trotzdem höchstwahrscheinlich Schmerzen und Unannehmlichkeiten verbunden, die er gerne vermieden hätte. Außerdem konnte es nur in seinem Sinn sein, wenn seine wahre Identität noch im Verborgenen blieb.

      Abgesehen davon war es widerlich, auf solche Art und Weise missbraucht zu werden.

      Die fledermausähnliche Kreatur beugte sich vor und riss das Maul noch weiter auf. Alle schauten gespannt zu ihr, der Mediker, die Wachen, Rhodan ... und sahen, wie sie plötzlich ein lautes Kreischen ausstieß und zurücksprang. Von einer ihrer dünnen Flughäute stieg ein schwarzer, nach verbranntem Fleisch stinkender Rauchfaden empor. Ein kleiner Punkt zeichnete sich darin ab.

      Von dem Roboter, der in der Mitte der Medostation schwebte, ging plötzlich ein leises Summen aus. Er beschleunigte, flog gegen eine Wand und explodierte. Einer der Wächter schrie überrascht auf, als er plötzlich wie von einer unsichtbaren Faust ergriffen und gegen die nächste Wand geschleudert wurde. Ein anderer griff sich an den Hals, doch bevor seine tastenden Finger etwas Ungewöhnliches fanden, verdrehte er die Augen und brach zusammen.

      Tenga!, dachte Rhodan. Das musste das Werk des Siganesen sein!

      Dann brach das Chaos aus. Eine medizinische Konsole zerplatzte, ihre Einzelteile stürzten auf einen Untersuchungstisch. Überall in der Medoabteilung stoben Funken. Der Jarrashalla griff kreischend nach einem weiteren Wächter, der mit weit aufgerissenen Augen rückwärts stolperte, gegen den Mediker prallte und ihn zu Boden riss.

      Eine Explosion dröhnte auf, und Rhodan spürte, wie das Fesselfeld sich auflöste. Plötzlich konnte er sich wieder bewegen. Er stieß einen Wächter zur Seite, griff in dessen Holster und zog den onryonischen Kombistrahler heraus.

      Mehrere kurze, knackende Geräusche erklangen, gefolgt von Schreien. Der Siganese hatte weitere Schüsse aus dem Betäubungsnadler abgegeben. Dann erlosch das Licht in der Medostation.

      »Jetzt weißt du, warum man mich auch Maximaldestruktor nennt!«, hörte Rhodan die triumphierende Stimme Tengas dicht an seinem Ohr. »Kämpf dir den Weg frei! Ich sorge für weitere Ablenkung!«

      Rhodan nickte verbissen. Tenga hatte getan, was er konnte, nun hing es von ihm ab. Natürlich hatte der Siganese keinen offenen Angriff gewagt.

      Weder seine Bewaffnung noch sein Individualschirm könnten in einer direkten Auseinandersetzung bestehen, doch mit Manipulationen an der vorhandenen Technik und dem Einsatz von Traktorstrahlen konnte er einiges bewirken. Im Schutz seines Deflektorschirms hatte er für ausreichend Verwirrung gesorgt, um Rhodan die Flucht zu ermöglichen.

      Die onryonische Waffe stellte kein Problem dar. Nach zwei Sekunden hatte er herausgefunden, wie er sie bedienen konnte. Er feuerte einen ungezielten Schuss ab, sorgsam darauf bedacht, niemanden ernsthaft zu verletzen. Im Licht der Energieemission stürmte er zur Tür der Medostation. Er tastete nach dem Öffnungsmechanismus. Zischend glitt das Schott auf.

      Rhodan spürte einen ganz schwachen Luftzug an seinem Kopf, als er hindurchstürmte. Tenga war bei ihm.

      Er sah sich um. Der Gang, der vor ihm lag, war ihm bekannt, durch ihn hatte er die Medostation erreicht.

      Wohin sollte er sich wenden? Die eine Richtung war so gut wie die andere. Ihm war zwar die Flucht gelungen, doch seine Situation hatte sich kaum gebessert. Tenga und er waren allein in einem onryonischen Raumvater, und er verfügte weder über weitere Waffen noch eine Ausrüstung. Es war nur eine Frage der Zeit, bis man ihn wieder ergreifen würde.

      *

      »Ich habe ein Versteck vorbereitet!« Der Siganese hatte den Deflektorschirm ausgeschaltet und war wieder sichtbar. »Komm mit!«

      Rhodan folgte ihm wortlos durch einen Gang nach dem anderen. Er rannte, bis die Luft in seinen Lungen brannte, während Tenga mithilfe des Antigravs und SERUN-Projektors gewagte Kurven flog.

      Schließlich hielt der Siganese vor einer Tür an. Sie fiel in keiner Hinsicht auf, wirkte wie jede andere in dem Gang. Er schwebte vor ihr und nahm über seinen SERUN-Funk Manipulationen an dem Öffnungsmechanismus vor.

      Das Schott glitt auf. Rhodan torkelte erschöpft in den Raum.

      Er sah sich um. Wie so oft hatte er Zuflucht in einem kleinen Lagerraum gefunden, in dem sich meterhohe Container bis an die Decke stapelten. Was sie enthielten, konnte er nicht einmal ahnen.

      »Hier können wir nicht lange bleiben«, keuchte er. »Der Raum liegt viel zu nah bei der Medostation, und ich weiß nicht, wie gut die interne Schiffsüberwachung