Uwe Anton

Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband)


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Allerdings wusste Morris, dass ihn schon die ersten Untersuchungen als Simulanten entlarven würden. Die Wahrheit würde danach sehr schnell ans Licht kommen.

      Entschlossen trat er nach vorn. Nur zwei Decks trennten ihn von der Kabine des Maahks.

      Was ist damals geschehen?, fragte er sich intensiver als zuvor. Er entsann sich nicht. Nur diese entsetzliche Erinnerung quälte ihn.

      Das Kommandodeck ... Hier befanden sich die Zugänge zur Zentrale mit den Missionsstationen, die Kabinen für die drei Schichten der Zentralebesatzung und, entlang der äußeren Peripherie, die freien Unterkünfte für Gäste. Dazu der Konferenzraum mit der Cafeteria und, genau gegenüberliegend, die Schiffsmesse.

      Morris Thompson redete sich ein, dass er den Anblick des Methanatmers ertragen konnte, ohne in Panik zu verfallen. Ich schaffe es!, dachte er, während er einem der Ausrüstungsspinde einen leichten SERUN entnahm und den Anzug über seine Technikermontur streifte. Noch bevor er die Magnetsäume vollständig geschlossen hatte, meldete sich der Pikosyn mit der Bemerkung, dass seine Kleidung die Wiederaufbereitung der Körperausscheidungen unmöglich machte.

      »Ich weiß. Ich trage den SERUN nur für die Dauer einer kurzen Überprüfung in Giftgasatmosphäre.« Morris erschrak über den belegten Klang seiner Stimme. Mit einem knappen Handgriff öffnete er den Nackenwulst und zog die Helmfolie nach vorn. Die einströmende Atemluft blähte das Material auf. Symbolkodes erschienen auf der Helminnenseite. Mittels Blickschaltung aktivierte der Techniker die für seine Arbeit benötigten Funktionen, zuletzt den Translator. Er würde nicht umhinkommen, mit dem Maahk zu reden, obwohl seine Kehle wie ausgedörrt war und die Zunge schwer und aufgequollen.

      »Du stehst unter starker Anspannung«, diagnostizierte der Pikosyn. »Um eine organische Erkrankung auszuschließen, empfehle ich eine medizinische Überprüfung. Mit deinem Einverständnis informiere ich die Medostation ...«

      »Lass das!«, befahl Morris. »Mir geht es gut!« Genau das ist nicht der Fall, schoss es ihm zugleich durch den Kopf.

      »Dein Puls erhöht sich schnell, der Blutdruck steigt.«

      Morris' Blick wanderte zur Medoanzeige. Er desaktivierte die Funktion. Eine klugscheißerische Syntron-Funktion hatte ihm gerade noch gefehlt.

      Der Schottmelder ... Die enge Atmosphärenschleuse ... Er versuchte, sich eine paradiesisch schöne Welt vorzustellen, mit stahlblauem Wasser, einem endlos feinen Sandstrand, zwei Sonnen am wolkenlosen Himmel ... Die Realität holte ihn zurück. Vor ihm stand der Maahk.

      Obwohl er mit 1,86 Meter nicht eben zu den kleinen Leuten zählte, musste Morris Thompson aufsehen. Der erdrückenden Körperfülle des Methanatmers hatte er nichts entgegenzusetzen.

      Als der Maahk die schmalen Lippen verzog, schloss Morris die Augen.

      Die Bilder von damals überschlugen sich. Geifernde Fratzen, Schreie ... Panik ...

      »Grek-halb«, dröhnte es aus dem Helmlautsprecher. Morris schluckte krampfhaft. Er blinzelte, sah den Tentakelarm mit der sechsfingrigen Hand vor sich pendeln und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, wo auch immer der sein mochte. Nicht in Andromeda jedenfalls.

      »Grek-halb«, erklang es erneut, drängender, als warte der Methanatmer auf irgendetwas. Da war noch eine Zahl. Morris hörte und vergaß sie.

      »Thompson«, antwortete er.

      Sein Gegenüber griff nach seiner Hand und hielt ihn unentrinnbar fest.

      Sterbende Raumsoldaten ... Maahks, die aus gelandeten Walzenraumern strömten, eine unüberschaubare Flut. Die Bilder veränderten sich, weckten neue, böse Erinnerungen.

      »Du bist Terraner, Thompson?«

      Morris schüttelte den Kopf. Greks Haut erschien ihm bleich, fast durchsichtig. Außerdem hatte er sich eine Wärmefolie um den Nacken gewickelt.

      Hastig durchquerte Morris die Kabine, nahm die Abdeckung des Funktionsverteilers ab und suchte mit dem Prüfgerät inmitten der verschachtelten Bausteine. Er starrte auf die flackernde Anzeige, registrierte die Werte aber kaum, schaffte es nicht, sich wirklich zu konzentrieren.

       Hinter einem Felsblock tauchte der Kopfwulst eines Methanatmers auf. Der Maahk riss seinen Strahler hoch und schoss. Die Einschläge näherten sich, glutflüssiger Boden spritzte nach allen Seiten, verbreitete eine unerträgliche Hitze ... Ein terranischer Flugpanzer explodierte, weißglühende Wrackteile bohrten sich Geschossen gleich in die Erde und lichteten die Reihen der Angreifer ...

      Das Heulen in seiner Erinnerung vermischte sich mit dem Signalton des Prüfstabs. Seit einigen Sekunden war die Blockade der Temperaturregelung behoben. Ein weißes Glühen im Hintergrund verriet den ungehinderten Energiefluss.

      Morris setzte die Abdeckung wieder ein. Eine Skala im Helmdisplay zeigte die rasch steigende Temperatur.

      »Danke«, sagte der Maahk hinter ihm.

      Der Techniker nickte nur. Er hatte es eilig, die Kabine wieder zu verlassen. Er schwitzte, atmete hastig.

      »Was habe ich dir getan, Terraner, dass du mich nicht ansiehst? Sage es mir! Ich will aus meinen Fehlern lernen.«

      »Nichts«, stieß Morris hervor. »Ich ...«

      Der Maahk stand plötzlich wieder vor ihm und packte zu. Mit beiden Händen umklammerte er Morris' Oberarme ...

       Vergeblich wehrte er sich gegen den unbarmherzigen Griff. Während ringsum die Menschen starben, schaffte er es nicht einmal, die Augen zu schließen. Gelähmt vor Entsetzen starrte er auf den Schädel des Maahks, der ihn niederdrückte. Was immer der Angreifer sagte, er verstand es nicht, wollte es nicht verstehen ...

       Ein Strahlschuss zuckte auf.

       Er spürte die unerträgliche Hitze, die den Maahk umfloss und dessen Haut verkohlte. Ein grässliches schwarzes Loch entstand mitten in der Fratze, Haut, Fleisch und Knochen verbrannten, und dann, nach einem einzigen atemlosen Augenblick, fehlte der halbe Schädel des Angreifers.

       Morris schrie sich die Seele aus dem Leib, während hoch über ihm die Glutwolken explodierender Raumschiffe miteinander verschmolzen und ihr grelles Lodern endgültig die Nacht vertrieb.

       Er schrie immer noch, als er aus seiner Deckung hochgezerrt wurde. Dann traf ihn der Schlag ins Gesicht. Er tat schrecklich weh, brachte ihn aber halbwegs wieder zur Besinnung.

      Morris Thompson registrierte, dass jemand ihn schüttelte. So wie damals. Er hörte eine Stimme, aber er reagierte nicht, denn die Erinnerung brach vollends auf.

       »Schlag den Jungen kein zweites Mal, Reginald-Thorn!«, hallte die Stimme seiner Mutter unter seiner Schädeldecke.

       »Diesmal hat er es verdient, Orana. Er hat nicht nur die 3-D-Projektion aktiviert ... wenn es nur das wäre.«

       Sein Vater schüttelte ihn. »Sei froh, dass du noch ein Kind bist, sonst ...«

       »Reginald!« Mutter ging dazwischen, drückte ihn an sich. »Er ist völlig verstört, siehst du das denn nicht? Und jetzt will ich wissen, was er gemacht hat.«

       »Gemacht? Morris hat das volle Programm aktiviert. Ich weiß nicht, wie er das geschafft hat, aber ...«

       »Du meinst, auch die Suggestion?«

       »Die volle Realität. Ich hoffe, er verkraftet die Szenen.«

       »Wie oft habe ich dir gesagt, dass ich das verfluchte virtuelle Zeug nicht in der Wohnung haben will? Es ist deine Schuld, Reginald-Thorn, wenn Morris einen Schaden davonträgt, ganz allein deine Schuld ...«

      »Ich entschuldige mein Ungestüm.« Nur langsam fand die Stimme des Maahks Zugang zu Morris Thompsons Bewusstsein. »Ich hätte wissen müssen, dass manche Menschen keine Berührung wünschen. Das liegt daran, dass sie nicht in