Siegfried Mau

Geschichten zum Einschlafen, Wachwerden und für Zwischendurch


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von weit entfernten Orten zu ihr, damit sie ihre Krankheiten lindern konnte.

      Aber ihr wurde auch nachgesagt, dass die Lebewesen aus den vier Elfenreichen ihre Fähigkeiten schätzten und die Heiler und Heilerinnen aus diesen Reichen sie oftmals um Rat fragten. Einmal im Jahr, da trafen sich die Heiler der Waldelfen, der Moorelfen, der Bergelfen und der Wasserelfen genau unter dieser großen Rotbuche, um ihre Kenntnisse und Fähigkeiten auszutauschen.

      Das war das einzige Mal im Jahr, dass die Heilerelfen ihre Reiche verließen und die alte Heilerin unseres Dorfes war die einzige Frau aus dem Menschenreich, die je an solchen geheimen Treffen teilnehmen durfte. Das war eine große Ehre für sie und alle Bewohner unseres Dorfes.

      Immer, wenn es Herbst wurde und es noch einige warme Nächte gab, da kündigte sich dieses Treffen an. Zuerst versammelten sich hunderte von Raben in diesem Bau, um dort zu übernachten. Ihre Rufe waren so laut und schaurig, dass sich kein Dorfbewohner mehr in die Nähe des Baumes traute, der schwarz vor Raben war. Aus dem Moor zogen dann meistens dicke Nebelschwaden über den Baum und wenn sich die Nebelschwaden lichteten, dann war kein Rabe mehr zu sehen. Sie verschwanden so, wie sie gekommen waren. Unsere Heilerin sagte immer zu den Dorfbewohnern, dass sie sich nicht fürchten müssten, denn die Raben würden mit ihren Rufen nur das Treffen der Heilerelfen ankündigen.

      In der Nacht darauf, da kamen immer tausende Zikaden und Grillen zu der Rotbuche. Die saßen so dicht beieinander, dass man meinen konnte, dass der ganze Baum lebte und sich bewegen würde. Das Zirpen der Zikaden und Grillen konnte man bis in den kleinsten Winkel unseres Dorfes hören und auch das war den Dorfbewohnern sehr unheimlich. Auch diese waren am nächsten Morgen wieder so verschwunden, wie sie gekommen waren. Kein Mensch hätte sich an diesen Tagen auch nur in die Nähe des Baumes gewagt. Aber sicher hatten auch die Heilerelfen aus den Elfenreichen dieses Zirpen gehört und alle fanden sich an der Rotbuche ein, auch die Heilerin des Dorfes. In diesem besonderen Jahr gab es ein außergewöhnlich großes Problem. Die Oberste Elfenkönigin, die für die Einhaltung des Friedens unter den vier Elfenkönigreichen verantwortlich war, litt an einer schrecklichen Hautkrankheit. Sie musste sich so viel jucken und kratzen, dass sie an nichts anderes mehr denken konnte. Auch war es ihr nicht möglich, überhaupt noch eine Stunde durchzuschlafen, weil sie von dem Jucken immer wieder wach wurde. Sie war nicht mehr in der Lage, die Streitigkeiten unter den Elfenreichen zu verhindern und es drohte ein Zerbrechen der vier Reiche. Das wollte natürlich keiner dieser gut gebildeten Heilerelfen und sie versuchten, mit all ihren medizinischen Künsten die Oberste Elfenkönigin zu heilen. Aber so sehr sie sich auch anstrengten, es gelang ihnen nicht.

      Deshalb fragten sie an diesem Treffen die Heilerin unseres Dorfes. Diese hörte sich alles genau an und dann mixte sie aus ihren Kräutern eine Creme, die der Obersten Elfenkönigin schon nach kurzer Zeit half und wenige Wochen später war sie sogar ganz geheilt.

      Deshalb wird sie noch heute im gesamten Elfenreich als die Zusammenhalterin der vier Reiche verehrt.

      Das alles soll an der alten Rotbuche geschehen sein, deshalb darf sie einfach nicht abgesägt werden.«

      Die kleine Sarah hörte sich die Geschichte gespannt an. Dann sagte sie zu ihrem Onkel Finn, dass er dies verhindern solle.

      Der lachte aber nur und sagte: »Da würden mir aber der Bürgermeister und meine Parteikollegen etwas anderes erzählen. So einen wichtigen Investor, den verärgern wir doch nicht. Das müsste schon jemand anders machen.«

      Das ärgerte die kleine Sarah und sie beschloss, dann selbst mit dem Bürgermeister zu sprechen. So ging sie am nächsten Tag zum Rathaus in die Bürgersprechstunde des Bürgermeisters und erzählte ihm die Geschichte der Rotbuche und sagte ihm, dass sie nicht abgeholzt werden dürfte und dass er dieses dem Investor sagen solle.

      Aber der Bürgermeister lachte nur und meinte dann ganz beiläufig, dass sie erst einmal erwachsen werden solle. Dann glaube sie auch nicht mehr an solchen Firlefanz. Woraufhin er sie nach Hause schickte.

      Traurig stand sie im Vorzimmer des Bürgermeisters und es rollten ihr Tränen über die Wangen. Die Sekretärin des Bürgermeisters wischte ihr diese ab und fragte dann, ob sie vielleicht helfen könne. Sarah erzählte auch ihr diese Geschichte. »Soso«, meinte sie, »da war unser Bürgermeister ja wieder einfühlsam wie eine Eisenbahnschiene. Der ändert sich da wohl nie. Wird Zeit, dass der mal selbst Kinder bekommt. Pass auf, es ist ja nicht mehr geheim. Deshalb gebe ich dir jetzt mal den Namen und die Anschrift des Investors und dann sprichst du einfach nochmals mit ihm.«

      So bekam die kleine Sarah neuen Mut und machte sich sofort auf den Weg zu dem Investor des Golfhotels. Der Investor hieß Herr Engelmann und er hatte sofort Zeit für Sarah. Sie erzählte ihm die Geschichte, wurde aber von Herrn Engelmann unterbrochen. Dieser sagte, dass seine Familie auch schon seit Generationen in ihrem Dorf lebte und dass er die ganzen Geschichten kenne. Schließlich hatte seine Oma sie ihm auch schon erzählt.

      Dann fragte er, wer denn diesen Blödsinn veranlasst habe. Er würde doch niemals den Treffpunkt der Heilerelfen, die alte Rotbuche, einfach fällen lassen. Außerdem gebe so ein alter Baum einem Golfplatz doch erst einmal ein schönes Aussehen und er spende den Golfern auch eine Menge Schatten.

      Dann griff er zum Telefon und sprach mit dem Bürgermeister.

      »So«, sagte er danach zu Sarah, »das wäre erst einmal auf den Weg gebracht. Ich habe dem Bürgermeister gesagt, dass ich den Golfplatz und das Hotel nicht baue, wenn irgendjemand den Baum auch nur anfasst. Ich glaube, das hat er kapiert.«

      Ja, so einfach hatte sich Sarah das nicht vorgestellt. Sie verbrachte mit Herrn Engelmann und seiner Familie noch den ganzen Nachmittag und beide erzählten die Geschichten, die sie schon von ihren Großmüttern gehört hatten. Es war für alle ein schöner Nachmittag.

      Ach ja, die Rotbuche, die steht noch heute an der gleichen Stelle. Immer noch hört man die Raben und die Zikaden und Grillen und noch heute sollen sich dort die Heilerelfen treffen. Gesehen hat sie dort allerdings schon lange keiner mehr, aber erst kürzlich fanden einige Kinder unter dem Baum eine Sichel zum Kräuterschneiden, die schon einige hundert Jahre alt sein soll. Diese kann man heute im Heimathaus des Dorfes bewundern.

      Der Frosch, der nicht mehr allein sein möchte

      In der Ecke des Gartenteiches von Tante Frieda, da sitzt der dicke Wasserfrosch Friedolin.

      Eigentlich gefällt ihm sein Leben sehr gut. Es gibt eine Menge Mücken am Teich, welche Friedolin wirklich gut schmecken, die Wasserfläche ist so groß, dass er gemütlich seine täglichen Bahnen schwimmen kann, es gibt eine Flachwasserzone, in der man sich gut ausruhen kann, Seerosenblätter, auf denen die besten Sonnenplätze sind und unter denen man sich bestens verstecken kann, wenn mal zufällig ein Storch oder ein Reiher vorbeischaut und man kann von diesem Teich aus die spielenden Kinder im Garten beobachten. Da wird es einfach nie langweilig.

      Aber irgendetwas gefällt ihm doch nicht. Er denkt schon lange darüber nach, was das wohl sein könnte, aber es fällt ihm einfach nicht ein. Wo er doch eigentlich alles hat, was er benötigt. So wird er nachdenklicher und nachdenklicher und unglücklicher und unglücklicher und er hat eigentlich zu gar nichts mehr Lust. Er hört nicht mehr den kleinen Vögeln beim Singen zu, hat keine Lust mehr, ein wohltuendes Sonnenbad zu genießen, schaut nicht mehr den Kindern beim Spielen zu, schwimmt nicht mehr umher, er sitzt nur noch traurig herum und macht gar nichts mehr. Selbst die leckersten Mücken, die schmecken ihm gar nicht mehr.

      Doch eines Abends, da schaut die alte Kröte Quackomo vorbei. Sie beobachtet Friedolin, wie er traurig in das Wasser hineinschaut und spricht ihn einfach an. »Guten Quaken, Friedolin. Warum schaust du denn so traurig in das Wasser hinein?«

      Friedolin antwortet der alten Kröte.

      »Guten Quaken, Quackomo. Ach, ich weiß nicht. Irgendwie habe ich zu nichts mehr Lust, die Mücken schmecken mir nicht mehr und alles ist irgendwie trostlos und traurig.«

      Die alte Kröte Quackomo überlegt ein wenig und dann antwortet sie.

      »Friedolin, ich denke, das ist so, weil du hier alleine am Teich lebst. Du brauchst eine Frau und viele kleine Froschkinder.