Elena Beis

Fettnäpfchenführer Südafrika


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nur mit anerkannten Unternehmen fahren soll. Aber wie werden sie erkennen, welches Taxi zu einer ›anerkannten‹ Gesellschaft gehört und welches nicht? Na! Das können sie keinesfalls riskieren.

      »Simon? Du, wir können da unten nicht einfach ins Taxi steigen. Ist zu gefährlich.«

      »Warum?«

      »Weil ich nicht mit dem Taxi ins Township verfrachtet werden will.«

      »Wie bitte?!« Simon fragt sich, wo Silvie diese ganzen Horrorgeschichten aufgeschnappt hat.

      »Claudia hat in Kapstadt ein Pärchen getroffen, das ihr von einem Engländer erzählt hat, der eine Backpackerin getroffen hat, die eine Bekannte hatte, deren Freundin mit dem Taxi entführt worden ist – und ganz ehrlich: Ich habe keine Lust, mich gleich am ersten Tag in Lebensgefahr zu begeben.«

      Ah – daher weht der Wind.

      Townships sind zu Zeiten des Apartheidsregimes gegründete Wohnsiedlungen für die schwarze und farbige Bevölkerung. Viele Südafrikaner wurden aus den Innenstädten und wohlhabenden Vororten, die für Weiße reserviert waren, in diese Stadtteile zwangsumgesiedelt. Townships liegen oftmals außerhalb der südafrikanischen Städte und sind ebenso groß. Aufgrund der zumeist fehlenden Infrastruktur, Überbesiedelung und sehr hohen Arbeitslosigkeit unter den Bewohnern, gibt es hier extreme soziale Probleme wie Drogensucht, Kriminalität, Bandenunwesen (gangsterism). Einige Townships haben sich allerdings seit dem Ende der Apartheit positiv entwickelt – heutzutage findet man dort nicht nur Wellblechhütten und Pappbauten, sondern auch Sozialwohnungen, Einfamilienhäuser und vereinzelt sogar Einkaufszentren und Villen.

      Claudia, die Südafrika-Expertin, hat Silvie ihre wertvollen Tipps mit auf den Weg gegeben. »Ich bin mir sicher, dass es da unten nicht SO gefährlich ist, dass man an einem der meistfrequentierten Flughäfen Afrikas nicht ins Taxi steigen kann! Da kommen täglich Tausende Touristen an. Die werden doch nicht alle ins Township verschleppt.«

      Er kriegt sich sicherlich noch mit Silvie und ihren Sicherheitsvorkehrungen in die Haare. Die Diskussionen gingen schon vor dem Urlaub los, und zwar damit, dass Silvie Südafrika boykottieren wollte, weil Claudia – die wohlgemerkt ganze zehn Tage im Land verbracht hatte – behauptet hat, die Schwarzen würden dort immer noch von den Weißen ausgenutzt.

      »Lass dich doch nicht so verrückt machen, Schatz. Das ist alles reine Panikmache! Südafrika ist nicht gefährlicher als das Hasenbergl, aber da sich niemand für das Hasenbergl interessiert, haben sich eben alle auf Südafrika gestürzt. Die Medien bauschen alles nur auf, um Schlagzeilen zu machen. Und, sorry, aber deine Freundin Claudia leidet an einem Sensations-Fetisch. Ganz klar. Sollte sich bei RTL bewerben. Egal wo sie war, sie erzählt immer die absurdesten Horrorgeschichten.«

      Simon bemerkt, wie mit jedem Satz zunehmend mehr schlechte Laune in Silvies Gesicht hochsteigt. Er hat absolut keine Lust auf schlechte Laune. Und auf ermüdende Diskussionen am Flughafen auch nicht.

      »Frag doch mal den Mann neben dir, wie gefährlich das mit den Taxis ist. Der sieht so aus, als ob er sich auskennt.«

      »Jetzt sei nicht so rassistisch.«

      Silvie findet das nicht richtig, wenn von der Hautfarbe eines Menschen auf seinen Hintergrund geschlossen wird. Nur weil seine Haut dunkel ist, muss das noch lange nicht heißen, dass seine Familie im Busch lebt.

      »Warum bin ich ein Rassist, wenn ich sage, dass der Typ neben dir wie ein Afrikaner aussieht! Ich verstehe überhaupt nicht, was daran rassistisch ist.«

      »Du urteilst über ihn aufgrund seiner Hautfarbe. Der könnte auch ein Engländer oder ein Ami sein.«

      Silvie ist immer so extrem übervorsichtig, wenn es um Schwarze geht. Mal schauen, wie sich ihre Political Correctness mit Südafrika verträgt.

      »Wir sitzen gerade in einer Maschine nach Kapstadt, da kann man doch wirklich davon ausgehen, dass er ein Südafrikaner ist. Jetzt frag ihn halt einmal.«

       13:55 Demokratische Republik Kongo

      Der Flieger hat bereits das Riesenviereck Kongo und somit die Südhalbkugel erreicht.

      Silvie dreht sich zu dem dunkelhäutigen Herrn neben sich. Der hat die letzten zwei Stunden wie gebannt den Walt-Disney-Film verfolgt, dabei gelacht und in einer unverständlichen Sprache vor sich hin kommentiert. War ziemlich lustig anzuschauen, und Silvie wollte ihn nicht dabei stören. Sie hofft, dass er sich mit der Taxisituation in Kapstadt auskennt.

      »Sorry, you are from Südafrika?«

      »That’s right, darling.«

      »Do you know: can we take a taxi from the airport to Cape Town or is it too dangerous?«

      Der Südafrikaner lacht: »No, darling, don’t worry, you can definitely take a taxi to town. Don’t worry.«

      Silvie ist sich nicht sicher, ob sie dem Südafrikaner trauen kann. Die Reiseführerautoren werden schon ihre Gründe dafür haben, dass sie vor unregistrierten Taxis warnen ... Nee, nee. Der kennt sich wahrscheinlich einfach nicht aus. Sie hält sich lieber an die Richtlinien im Buch.

      »Is it your first time in South Africa?«

      »Yes.«

      »Where are you from, darling?«

      Oh neee! Sie hätte den Mann nicht ansprechen sollen – jetzt wird er sie in ein Dreistundengespräch verwickeln.

      Simon schmunzelt. Silvie ist jetzt erstmal mit ihrem Sitznachbarn beschäftigt. Der wird sie sicherlich etwas beruhigen – und er kann in der Zwischenzeit ein bisschen e-n-t-s-p-a-n-n-e-n!

       15:05 Angola

      Silvie will in Ruhe in ihren Reiseführern schmökern. Der Flieger überquert schon Angola.

      Hilfe suchend dreht sie sich zu Simon.

      »Ich habe keine Lust mehr auf Quatschen.«

      »Der Mann ist doch total nett.«

      »Na ja, nett ist er schon, aber ein bisschen aufdringlich. Der sagt die ganze Zeit ›Schatz‹ zu mir.«

      Von Simon ist nicht viel Unterstützung zu erwarten.

      »Which part of Germany are you guys from?«

      Verdammt! Ihr Sitznachbar lässt echt nicht locker. Nicht einmal wegdrehen hilft!

       16:40 Namibia

      Dem Südafrikaner ist der Gesprächsstoff ausgegangen – und Silvie das Interesse an Sicherheitshinweisen und Sehenswürdigkeiten. Simons Hintern wiederum fühlt sich an, als wäre das Sitzfleisch darunter weggeschmolzen.

      Die Augen aller drei sind auf den kleinen weißen Flieger über Namibia geheftet. Sie können es kaum erwarten, aus der kleinen Tür da vorne links endlich auszusteigen.

       18:15 Südafrika

      Was für ein Gefühl über ganz Afrika zu fliegen! Auch Simon ist jetzt ganz aufgeregt. Da ist er, der Tafelberg. Phänomenal. Sogar im Dunkeln kann man ihn sehen.

      Der Anflug auf Kapstadt ist absolut atemberaubend, und sogar Silvie sieht total bezaubert aus. Sie hat ihre Bücher weggelegt und schaut mit großen Augen aus dem Fenster. Simon ist heilfroh, dass er den Südafrikaurlaub durchgeboxt hat.

      Na dann. Mama Africa, here we come!

      2

       BITTE UMSTELLEN

      Es dauert circa zwanzig Sekunden, bis Simon die aufrechte Position erreicht hat. Seine Knie fühlen sich taub an. Nächstes Mal wird er die 150 Euro Preisdifferenz für mehr Beinfreiheit und