Sophie von Vogel

Fettnäpfchenführer Kanada


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durch. Wozu gibt es in diesem Land überhaupt zwei Sprachen? Ist das nicht total unpraktisch? Sie beschließt, ihren Fahrer zu fragen. Der lacht nur laut auf und sagt: »Sagen Sie das hier in Québec nicht zu laut! Abgesehen davon gibt es zwar zwei offizielle Sprachen, aber in Wirklichkeit werden in Kanada noch viel mehr Sprachen gesprochen!«

      Mareike blickt auf die Uhr. Ob sie bald ankommen? Sie ist sich nicht ganz sicher, ob ihr Geld reicht für solch eine lange Taxifahrt. Sie kramt in ihrer Tasche und findet die 50 kanadischen Dollar, die sie für den ersten Tag eingesteckt hat. Es wäre Mareike so unangenehm, wenn sie das Taxi nicht bezahlen könnte.

      »Monsieur, sind wir bald da? Ich bin mir nicht sicher, ob mein Geld reicht.«

      »Miss, kein Problem, es ist ein Fixpreis!«

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Das Taxi ist hier mit das teuerste Transportmittel, um vom Flughafen wegzukommen, aber auf die Fahrer und die Taxameter kann man sich in der Regel verlassen. Tatsächlich handelt es sich um einen Fixpreis, mit dem man vom Flughafen bis in die Innenstadt kommt.

      Die sprachlichen Verhältnisse in Kanada verwirren Mareike. Kanada hat zwei Amtssprachen: Englisch und Französisch. Die offizielle Zweisprachigkeit ist gesetzlich festgelegt, und in allen Institutionen des Bundes, im Parlament und in den Bundesgerichten sind beide Sprachen gleichberechtigt. Das heißt, im ganzen Land können die Bürger Kanadas Dienstleistungen des Bundes in englischer oder französischer Sprache wahrnehmen. Dazu gehört auch, dass überall für die jeweilige sprachliche Minderheit Schulunterricht in ihrer Sprache garantiert werden muss, ein Anrecht, das für viele Diskussionen gesorgt hat. Die Umsetzung variiert aber von Provinz zu Provinz.

       WO ENGLISCH, WO FRANZÖSISCH?

      Der Großteil der Französisch sprechenden Kanadier lebt in Québec. Aber noch ein Drittel lebt in Ontario, in Alberta, im Süden von Manitoba und im Norden von New Brunswick sowie im südwestlichen Nova Scotia und auf der Kap-Breton-Insel. Die größte französischsprachige Gruppe außerhalb Québecs lebt in Ontario. In Québec ist Französisch die alleinige Amtssprache.

      Im Rest des Landes dominiert die englische Sprache. Das kanadische Englisch ist dem amerikanischen Englisch ähnlicher als dem britischen. Es ist aber für Europäer gut verständlich, da es sich weniger von dem in Europa gelehrten Englisch unterscheidet als zum Beispiel das in Australien oder Neuseeland.

      In den Nordwest-Territorien besitzen auch mehrere Sprachen der First Nations offiziellen Status. Im hauptsächlich von Inuit bevölkerten Territorium Nunavut ist Inuktitut die Mehrheitssprache und eine von drei Amtssprachen.

      Die afrikanische Herkunft des Taxifahrers ist nur eines von unzähligen Beispielen für die wunderbare Vielfalt der kanadischen Gesellschaft. Der Fahrer spielt darauf an, dass Mareike in Québec nicht zu laut ihren Unmut darüber äußern sollte, dass nicht alle einfach Englisch sprechen. Denn Montréal gehört zur Provinz Québec und die Québécois identifizieren sich sehr mit ihrem français québécois.

      Die Stadt Québec, nordöstlich von Montréal gelegen, ist die Provinzhauptstadt und die Hochburg der französischen Sprache in Kanada.

       Was können Sie besser machen?

      In Montréal können Sie die Menschen oft sowohl auf Französisch als auch auf Englisch ansprechen. Da die meisten in Québec französische Muttersprachler sind, ist es nett, zumindest die ersten paar Worte, zum Beispiel die Begrüßung, auf Französisch zu sagen, um zu signalisieren, dass man sich Mühe gibt. Vor allem in den übrigen Gebieten Québecs sprechen immer weniger Einheimische gut Englisch. Im Rest Kanadas ist Englisch die gebräuchliche Sprache. In den großen Städten wie zum Beispiel Montréal, Toronto oder Vancouver kann man in vollen Zügen den Mix der Kulturen und den damit einhergehenden Cocktail von Sprachen und Akzenten genießen. Dieses bunte Potpourri ist typisch für Kanadas Metropolen.

      Um vom Flughafen Pierre-Elliott-Trudeau de Montréal in die Innenstadt von Montréal zu kommen, gibt es drei Möglichkeiten. Zu einem Einheitspreis von ca. 40 Dollar kann man ein Taxi in die Innenstadt nehmen. (Mareikes Ziel fällt nicht mehr hierunter, da es etwas außerhalb der Innenstadt liegt. Dazu später mehr.) Oder man nimmt einen Shuttle-Bus, der ca. zehn Dollar pro Weg kostet und der zu dem zentralen U-Bahn- und Busbahnhof Berri-UQAM fährt. Die günstigste Variante sind die öffentlichen Verkehrsmittel. Die Buslinie 204 hält am Bahnhof Dorval, von wo aus Busse in die Innenstadt und zur nächsten U-Bahn-Linie fahren. Von den meisten kanadischen Flughäfen fahren Shuttle-Busse in die jeweilige Innenstadt. In Vancouver fährt sogar eine Bahn bis zum Flughafen.

      Übrigens kann man sehr leicht durcheinanderkommen, wenn man von Québec spricht. Ist nun die Provinz oder die Stadt gemeint? Dies kann man umgehen, wenn man auf Französisch unterscheidet: »aller au Québec« (nach Québec gehen, hier: in die Provinz) und »aller à Québec« (nach Québec gehen, aber hier: in die Stadt). Im Englischen kann man die Differenzierung deutlich machen durch »Québec City« (im Französischen »La Ville de Québec«) und »the province of Québec«.

       DIE KANADISCHEN PROVINZEN UND TERRITORIEN

      Der Bundesstaat Kanada gliedert sich in zehn Provinzen (Alberta, British Columbia, Manitoba, Neufundland und Labrador, New Brunswick, Nova Scotia, Ontario, Prince Edward Island, Québec, Saskatchewan) und drei Territorien (Nordwest-Territorien, Nunavut, Yukon). Die Provinzen haben relativ viel Autonomie gegenüber der Bundesregierung, mehr als die Territorien. Das betrifft vor allem die Gestaltung von Bildungs- und Gesundheitswesen, natürlichen Ressourcen, der Polizei, Kultur, Sozialhilfe und der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Unterschiede zwischen Provinzen und Territorien haben geschichtliche Gründe: Staatsoberhaupt Kanadas ist die britische Krone, die seit dem Verfassungsgesetz von 1867 in den zehn Provinzen von Gouverneuren vertreten wird, nicht aber in den Territorien. Diese unterstehen der Bundesregierung.

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       WO GEHT ES INS ZENTRUM?

       NORDAMERIKANISCHE VORORTE UND WACHSAME NACHBARN

      Am nächsten Tag wacht Mareike um fünf Uhr morgens auf. Willkommen in Kanada – es lebe der Jetlag! Sie wälzt sich noch ein wenig in ihrem herrlich großen King-Size-Bett hin und her, aber es ist zwecklos. Sie kann einfach nicht wieder einschlafen. Schließlich ist es in Deutschland jetzt schon elf Uhr vormittags.

       KLEINE KANADISCHE BETTENKUNDE

      Nordamerikanische Betten bestehen meist aus einem Bettgestell mit einem fest installierten Lattenrahmen, einer sogenannten boxspring. Mit der durchgehenden, sehr weichen Matratze ist das Bett insgesamt mindestens 50 cm hoch, sodass man fast raufklettern muss. Die angenähten Volants passen in puncto Muster oft zur Tagesdecke. Ein King-Size-Bett ist 1,90 m × 2,03 m groß, Queen- Size-Betten messen 1,52 m × 2,03 m und das Double- oder Full-Size-Bett 1,37 m × 1,90 m. Für zwei Personen sollte man, schon allein wegen der Bettlänge, mindestens ein Queen-Size-Bett haben.

      Leise schlüpft Mareike aus ihrem Zimmer und macht sich auf den Weg in die Küche des Hauses von Maude, bei der sie sich ein Zimmer gemietet hat – relativ spontan über Airbnb am Vorabend ihres Abflugs, weil sie es einfach nicht eher geschafft hat.

      Das Erste, was sie in der Küche findet, ist Brot und Erdnussbutter. Sie möchte nicht noch mehr in den fremden Schränken herumwühlen und gibt sich damit zufrieden. Hungrig schmiert sie sich eine Scheibe. Ihr Blick wandert durch das große Küchenfenster auf den Vorgarten, der die ersten Sonnenstrahlen genießt. Die Nachbarhäuser sehen für Mareikes Augen alle gleich oder zumindest sehr ähnlich aus. Einstöckige, mittelgroße Bungalows, die ohne Gartenzaun aneinandergereiht sind und ein bisschen an Spielzeughäuser erinnern. Alle von makellosen grünen Rasenflächen umgeben, jeweils rechts eine kleine Einfahrt mit einer