achten Kapitel wird eine Übersicht über die durchgeführten Zyklen gegeben, so dass dort detailliert nachgelesen werden kann, an welchen Schulstandorten in Bremen bzw. Klassen die Aufgabe empirisch erprobt und die jeweiligen Rahmenbedingungen möglichst einheitlich gestaltet wurden.
Die folgenden Kapitel 9 und 10 befassen sich mit der tiefgreifenden Analyse der Lernerartefakte und der fokussierten Gruppeninterviews, die mit einer abschließenden Typologie aus fünf Typen bzw. einem Kategoriensystem mit sieben Oberkategorien enden.
Im vorletzten Kapitel 11 werden die gewonnenen Ergebnisse dann im Sinne der Triangulation aufeinander bezogen und vor dem Hintergrund der theoretischen Erkenntnisse analysiert und diskutiert, so dass in diesem Kapitel dann auch das überarbeitete Designprinzip, die überarbeitete Conjecture Map sowie das Referenzdesign los fines de las prácticas vorgestellt werden. Darüber hinaus wird auch eine lokale Theorie abgeleitet und die Forschungsfragen beantwortet, so dass zusammenfassend eine Reflexion des Forschungsprozesses möglich ist.
Im letzten Kapitel 12 wird dann ein abschließendes Fazit gegeben, so dass der Bogen zur Einleitung geschlagen werden kann und dementsprechend auch ein Ausblick auf weitere Projekte oder Ideen gegeben wird. Am Ende der Arbeit finden sich dann noch das Darstellungsverzeichnis, die Bibliografie sowie Informationen zum Anhang.
Sprachmittlung
Im folgenden Kapitel, das sich mit Sprachmittlung auseinandersetzt, wird ein facettenreicher Blick auf viele unterschiedliche Aspekte geworfen. Begonnen wird zunächst mit einer Eingrenzung des Begriffes aus fachtheoretischer und -didaktischer Perspektive, sowie abschließend der Versuch einer Definition unternommen wird (vgl. Teilkapitel 2.1). Anschließend sind die einzelnen bildungspolitischen Dokumente auf europäischer, deutschlandweiter und Bremer Ebene von Relevanz und werden mit einer ‚Sprachmittlungs-Brille‘ beleuchtet, um so die wesentlichen Anknüpfungspunkte selektieren bzw. darstellen zu können (vgl. Teilkapitel 2.2). Der größte Teil des Kapitels (vgl. Teilkapitel 2.3) widmet sich der Aufarbeitung des Forschungsstandes zu Sprachmittlung; dort werden mehrere Aspekte beleuchtet wie die Art der Handlung, unterschiedliche Modelle, Konzepte bzw. Kriterien für die Aufgabenstellung, die Betrachtung von bereits bestehenden Materialien bzw. Aufgaben in Lehrwerken, die Einbindung von Sprachmittlung in die Abiturprüfung sowie die Evaluation von Sprachmittlungsaufgaben. Ein Resümee findet sich abschließend noch im letzten Teilkapitel 2.4, so dass dort die gewonnen Erkenntnisse konzentriert dargestellt werden.
Begriffsbestimmung
Zunächst ist eine Klärung der Begrifflichkeiten ‚Dolmetschen‘, ‚Übersetzen‘, ‚Sprachmittlung‘, ‚Mediation‘ etc. unumgänglich, da diese in den verschiedenen Disziplinen wie der Translationswissenschaft oder Fachdidaktik unterschiedlich besetzt sind und verschiedene Bedeutungen aufweisen. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, diese Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und daran anknüpfend abschließend eine eigene Definition von Sprachmittlung vorzulegen.
Translationswissenschaft
Zunächst scheint ein Blick in die Translationswissenschaft unerlässlich, da sich auch innerhalb dieser Disziplin der Terminus ‚Sprachmittlung‘ finden lässt und zudem weitere Konzepte wie das der ‚Adäquatheit‘ aufschlussreich erscheinen. Begrifflich sind ‚Translation‘ und ‚Übersetzung‘ synonymisch zu verwenden, so dass unter Translationswissenschaft die Wissenschaft der Übersetzung zu verstehen ist (vgl. Prunč 2012: 15).
Bereits im Jahr 1940 finden sich in der Translationswissenschaft erste Ansätze, die sich mit den Themen ‚Übersetzung‘, ‚Dolmetschen‘ und ‚Sprachmitteln‘ auseinandersetzen, auch wenn dabei zunächst nur der Begriff des ‚Sprachmittlers‘ durch den deutschen Otto Monien (1940) besetzt wurde. Innerhalb der Reichsfachschaft für das Dolmetscherwesen stand dieser Oberbegriff für Personen, die dolmetschen, übersetzen oder sprachkundig sind und galt als Versuch, die bisherigen uneinheitlichen Begriffe durch einen neuen zu ersetzen.
„So müssen wir eine Neuschöpfung bekanntgeben. Gibt nicht der Ausdruck ‘Sprachmittler‘ all die Werte wieder, die in den alten, unzulänglichen Bezeichnungen enthalten sind? […] Dolmetscher – Übersetzter – Sprachkundiger, sie alle sind ‘mittelnde‘ Glieder zwischen verschiedenen Sprachen, sie sind alle ‘Sprachmittler‘.“ (Monien 1940: 1f., zitiert nach Salevsky 1992: 111f.; Hervorhebungen im Original).
Dieses subsummierende Verständnis wurde ab 1960 in der DDR durch die sogenannte Leipziger Schule genauer expliziert, wobei Kade (1968) als deren Begründer zunächst den Begriff der ‚Translation‘ als Hyperonym für die Tätigkeit des Übersetzens wie auch des Dolmetschens verstand (vgl. Prunč 2012: 15f.). ‚Sprachmittlung‘ wurde später von Jäger (1975: 30ff.) weiter untergliedert in eine ‚kommunikativ äquivalente Sprachmittlung‘ und eine ‚kommunikativ heterovalente Sprachmittlung‘. Unter ersterer verstand er die Übersetzung im eigentlichen Sinn bzw. die wörtliche Übersetzung laut Reimann (2013b), die dann im Weiteren auch als Translation bezeichnet wurde. Der entscheidende Aspekt ist hier der kommunikative Wert des ursprünglichen Ausgangstextes, der im zu erstellenden Zieltext erhalten bleibt. Letztere Form der Sprachmittlung beschrieb Jäger (1975) auch als textbearbeitende Wiedergabe oder, mit den Worten von Reimann (2013b), als inhaltsbearbeitende Übertragung, bei der der ursprüngliche Ausgangstext verändert wird beispielsweise durch Kürzungen, Umformungen oder Erweiterungen und dadurch der kommunikative Wert im Zieltext nicht mehr vorhanden ist (vgl. ebd.: 6; Koller 2011: 203).
In diesem Kontext entsteht auch die Frage nach den zentralen Begriffen der ‚Invariante‘, ‚Äquivalenz‘ und der ‚Adäquatheit‘, die ebenfalls eng mit der Translationswissenschaft in Verbindung stehen und wichtige Anhaltspunkte darstellen. Diese sind in unterschiedlichem Maß auch für Sprachmittlung bedeutsam, obwohl keine begriffliche Einheit vorhanden ist und sich zahlreiche Definitionsversuche finden, unter anderem bei Königs (1981) und Nida (1964). So beleuchten sie allgemein das Verhältnis von Ausgangs- und Zieltext bzw. die Veränderung des Textes im Übergang und argumentieren dabei sowohl auf deskriptiver wie auch auf präskriptiver Ebene (vgl. Kolb 2016: 107). Die vermeintlich synonyme Verwendung der Begriffe ‚Adäquatheit‘ und ‚Äquivalenz‘, wie sie Stolze (2011) vorschlägt, erscheint nicht sinnvoll, da bereits 1984 Reiß und Vermeer eine gelungenere Differenzierung vorlegen, die sich unter anderem auch bei Kolb (2016) und Prunč (2012) widerfinden lässt.
Reiß und Vermeer (1984) definieren diese beiden Konzepte wie folgt:
„Adäquatheit bei der Übersetzung eines Ausgangstextes (bzw. -elements) bezeichne die Relation zwischen Ziel- und Ausgangstext bei konsequenter Beachtung eines Zweckes (Skopos), den man mit dem Translationsprozeß[sic] verfolgt. […]
Äquivalenz bezeichne eine Relation zwischen einem Ziel- und einem Ausgangstext, die in der jeweiligen Kultur auf ranggleicher Ebene die gleiche kommunikative Funktion erfüllen (können).“ (ebd.: 139f.; Hervorhebungen im Original).
‚Invariante‘ als ein drittes Konzept, bei dem Elemente des Ausgangstextes unverändert in den Zieltext übertragen bzw. übernommen werden (vgl. Prunč 2012: 36; Schreiber 2001), ist für Sprachmittlung nur von geringer Bedeutung, da die Lernenden während der Übertragung den Text verändern und in diesen eingreifen. Ein unverändertes Übertragen bzw. Übernehmen von Inhalten kommt nur in den seltensten Fällen vor.
Bevor im Weiteren genauer auf die bereits angesprochene ‚Skopos-Theorie‘ eingegangen wird, soll zunächst das Konzept der ‚Äquivalenz‘ näher betrachtet werden, da davon ausgehend einige Aspekte auch auf die schulische Form der Sprachmittlung übertragen werden können.
Im deutschsprachigen Raum ist die von Koller (2011) im Rahmen seiner Einführung in die Übersetzungswissenschaft vorgelegte Differenzierung der ‚Äquivalenz‘ am einflussreichsten und soll exemplarisch wiedergegeben