Pete Hackett

Sammelband 5 eisenharte Western Juni 2019


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Tür versperrte. Da presste ihm der Stationer die Waffe in die Hüfte.

      „John Monk, jetzt wirst du Tom Calhoun sagen, dass ich mit dem Raub nichts zu tun hatte“, sagte der junge Texaner so leise, als würde er nur für sich sprechen. Dann aber schrie er: „Los, sag es ihm. Sag ihm, dass wir uns zufällig getroffen haben und dass ich gar nicht wissen konnte, wer ihr seid und was ihr bei euch hattet!“

      Unsicher blickte Monk zur Seite.

      „Rede!“, sagte Tom. „Ich glaube nicht, dass Ben Spaß macht.“

      „Es stimmt. Er war nicht dabei“, zischte Monk. Dann schlug er das Gewehr mit einer raschen Bewegung zur Seite.

      Krachend fuhr die Kugel aus dem Lauf. Aber sie ging hinter Monk vorbei.

      Monk schleuderte Ben zu Boden und sprang über ihn hinweg.

      Da holte ihn Kielers zweite Kugel ein. Auf der Türschwelle brach er zusammen.

      Jäh klang Hufschlag auf. Draußen vor den Palisaden wallte Staub in die Höhe.

      „Hast du Dreek gesehen?“, wandte sich Tom an Ben Warthon.

      „Ja. Er kommt auch zurück. Sie haben die Kutsche aufgehalten. Ihm ist aber nichts geschehen. Warum verfolgen Sie Cory nicht?“

      „Ich will nicht. Ben, warum bist du eigentlich zurückgekommen?“

      „Weil ich mir ausgerechnet hatte, dass ein Mann, der einmal auf der Flucht ist, sein Leben lang fliehen muss. Sie haben Monks Worte gehört.“

      „Ja. Und ich muss dich um Entschuldigung bitten. Ich muss blind vor Hass gewesen sein. Vielleicht ist das der Grund, dass ich Cory nicht verfolge.“

      *

      Sam Cory starrte auf die Spur, die sich durch das Buschwerk zog.

      „Sie hat es geschafft und will alles für sich allein haben“, murmelte er vor sich hin.

      Vor ihm tat sich eine freie Fläche auf, auf der hohes Gras stand. Plötzlich hielt er an. Er hatte Geräusche gehört, die ihm entgegenwehten. Zweige brachen unter Pferdehufen. Dann tauchte ein Reiter auf. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf Corys Gesicht aus. Er hatte Lola Starr erkannt, die ihm entgegenkam. Er lehnte sich auf dem Sattelhorn zurecht und wartete. Bald erkannte er die Tasche, die sie am Sattelhorn hängen hatte. Sie war noch immer von Riemen umschlungen. Aber irgendwie sah das Ganze unordentlich aus, so, als hätte sie die Tasche geöffnet.

      Lola hielt ihr Pferd an.

      „Nanu“, meinte er. „Du bist wohl umgekehrt, weil es dir zu einsam war?“

      Ihr Gesicht zeigte keine Überraschung. Es wirkte leer und sah jetzt noch älter aus als vorher. Sie nahm die Tasche vom Sattelhorn und warf sie ins Gras.

      „Nein“, sagte sie kalt.

      Das Grinsen verschwand wie weggewischt aus Corys Gesicht.

      „Was soll das?“, fragte er.

      „Sam, ich habe etwas dazugelernt und reite zurück. Von mir aus kannst du sie nehmen. Ich will sie nicht mehr.“

      „Das verstehe ich nicht.“

      Sie zuckte die Schultern.

      „Vielleicht kommst auch du bald dahinter, dass Tom Calhoun uns allen überlegen ist“, sagte sie, trieb ihr Pferd an und ritt an ihm vorbei.

      *

      „Das ist doch unmöglich“, murmelte Kieler, als er Lola sah, die im aufgeschwungenen Tor auftauchte und müde hereinritt. „Das kann doch nicht wahr sein.“

      Tom lehnte an der Wand und blickte ihr entgegen.

      „Sagte ich nicht, dass sie zurückkommen würde?", sagte er. „Irgendwann sehen es die meisten Menschen ein. Gut sind die dran, die es beizeiten einsehen.“

      Am Brunnen hielt Lola ihr Pferd an und stieg mit einer unendlich müde wirkenden Bewegung aus dem Sattel.

      „Wo ist die Tasche?“, fragte Kieler kratzig.

      „Unterwegs traf ich Cory. Ich denke, er hat sie mitgenommen.“

      Ratlos blickte Kieler auf Tom. Der zuckte die Schultern.

      „Vielleicht kommt auch er zurück“, meinte er. „Aber nur, wenn er ein Narr ist. “

      „Wieso?“, fragte der Stationer.

      „Ich glaube, wir waren alle verrückt“, sagte Tom Calhoun leise. „Ich wollte unbedingt die Banditen wie der Richter in Shelton Falls bekämpfen. Und die anderen wollten die Tasche, von der keiner wusste, ob wirklich in ihr ist, was jeder dachte.“

      „Jetzt verstehe ich kein Wort mehr.“

      „Dann will ich versuchen, es Ihnen zu erklären. Eigentlich ist es gar nicht mehr wichtig. In der Tasche stecken acht Zeitungen aus Fort Worth. Der Postreiter, den ich hier traf, als ich die Pferde holte, hatte sie bei sich.“

      Kieler schien etwas zu verschlucken. „Dann haben Sie ...“

      „Ja, Kieler. Wir haben getauscht. Ich hatte sogar angenommen, Sie hätten es bemerkt. Doch als wir dann mit der Kutsche hier ankamen, wurde mir klar, dass Sie noch immer arglos sind.“

      „Das Geld ist also ...“

      „Wahrscheinlich ist es schon in Shelton Falls. Ich merkte bald, dass ich meine Kräfte überschätzt hatte. Nun weiß ich noch etwas: ich habe Lola Starr vor einer Dummheit bewahrt.“

      „Warum das alles?“

      „Ich sagte es schon. Hätte John Monk von der Sache Wind bekommen, wäre er schnellstens verschwunden. Und ein Mörder darf nicht verschwinden.“

      Das Mädchen kam auf Tom zu und sagte:

      „Sie können mich jetzt verhaften.“ Lächelnd schüttelte er den Kopf.

      „Ich wüsste nicht, warum“, sagte er. „Bestimmt nicht wegen der schäbigen Satteltasche, die Nat Leet gehört hat. Das ist wirklich kein Grund. Die acht Zeitungen wird der Richter auch nicht wichtig finden. Sie sind kaum einen Dollar wert.“

      „Dann...“

      „Kieler ist der einzige, der etwas gegen Sie vorbringen könnte, denn ihm haben Sie ein Pferd gestohlen. Doch ob er das will, muss er selbst wissen. Schließlich hat er das Pferd nun wieder.“

      Der Stationer blickte das Mädchen unsicher an.

      „Ich habe Ihnen schon einmal ein Angebot gemacht“, meinte er leise. „Es gilt immer noch. Nehmen Sie sich Zeit und denken Sie darüber nach. Wegen des Pferdes brauchen Sie sich keine unnötigen Gedanken zu machen. Auch nicht, wenn Sie sich entschließen fortzugehen. Ich schenke Ihnen das Tier.“

      Tom ging an der Frau vorbei. Der Schmerz in seiner Hüfte bohrte nicht mehr so heftig. Fast hatte er das Tor erreicht, als er den Reiter kommen sah.

      Er hatte damit gerechnet, dass Cory nicht der Mann war, der sich zum Narren halten ließ. Nun wollte er die Rechnung glattmachen.

      Schnell kam der Reiter näher. Als er bis auf dreißig Yard heran war. hielt er sein Pferd an und stieg aus dem Sattel. Er löste die Tasche vom Sattelhorn und schleuderte sie zwischen sich und Tom Calhoun auf den Boden Die Riemen waren nicht mehr um die Tasche geschlungen.

      „Da!“, schrie er rot vor Wut. „Du hast zugesehen, wie wir uns gegenseitig fertiggemacht haben.“

      „Spaß hat es mir bestimmt nicht gemacht, Cory. Da ich wusste, dass ihr in einer ähnlichen Situation immer das gleiche tun würdet, ist es um keinen schade. Mancher Mann wird jetzt