Francis Bacon

Essays


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sehr gute Frauen haben. Entweder erfreuen diese sich an der Freundlichkeit ihres Gemahls, wenn sie denn einmal zum Vorschein kommt und durch ihr seltenes Auftreten doppelt kostbar ist, oder sie erfreuen sich an ihrer eigenen Geduld. So verhält es sich stets dann, wenn sich die Frauen ihren Gemahl gegen den Rat ihrer Freunde aus eigenem Antrieb gewählt haben, denn dann versuchen sie, ihre eigene Narrheit wiedergutzumachen.

      NEUNTE ABHANDLUNG:

      ÜBER DEN NEID

      Keine anderen uns bekannten Empfindungen bezaubern und verzaubern so stark wie Liebe und Neid. Sie beide führen zu heftigem Verlangen, sie regen die Phantasie und Einbildung an, und sie fallen leicht ins Auge, besonders wenn der Gegenstand der Empfindung in der Nähe ist. Dies sind die Merkmale, die auf eine Bezauberung hindeuten, wenn es denn so etwas überhaupt gibt. Wir sehen zum Beispiel in der Heiligen Schrift, dass der Neid „der böse Blick“ genannt wird, und die Astrologen nennen die bösen Einflüsse der Sterne eine „böse Erscheinung“, was auf die allgemeine Annahme hindeutet, dass beim Neid etwas aus dem Auge austritt oder von ihm abstrahlt. Manche haben sogar sonderbarerweise bemerkt, dass der Stich oder Stoß eines neidischen Blicks dann am meisten schmerzt, wenn die beneidete Partei in Ruhm oder Triumph gewahrt wird, denn dies schärft den Neid noch mehr. Außerdem treten die Säfte des Beneideten zu solchen Zeiten stärker in die äußeren Körperteile, sodass der Neidstoß umso wirksamer ist.

      Aber wir wollen nun diese Kuriositäten verlassen (auch wenn sie an angemessener Stelle durchaus eines Gedankens würdig sind) und untersuchen, welche Personen geneigt sind, andere zu beneiden, welche Personen vornehmlich der Gegenstand des Neides sind und was der Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Neid ist.

      Ein Mensch, der selbst keine Tugenden besitzt, beneidet die Tugenden der anderen, denn der Geist des Menschen nährt sich entweder an seinem eigenen Guten oder am fremden Bösen, und wer daher das eine nicht besitzt, jagt dem anderen nach, und wer keine Hoffnung hat, an die Tugend eines anderen heranzureichen, wird versuchen, sich ihm anzugleichen, indem er das Glück des anderen mindert.

      Ein umtriebiger und neugieriger Mensch ist für gewöhnlich auch neidisch. Denn es kann nicht sein, dass er so viel über das Tun und Lassen von anderen weiß, nur weil es seine eigenen Angelegenheiten betreffen könnte. Daher muss angenommen werden, dass es ihm ein spielerisches Vergnügen bereitet, das Schicksal der anderen zu betrachten. Und jener, der sich nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, wird nicht viel Stoff für Neid finden. Der Neid ist nämlich eine herumstreifende Leidenschaft; sie schlendert durch die Straßen und bleibt nicht zu Hause: „Non est curiosus, quin idem sit malevolus [Niemand ist neugierig, ohne gleichzeitig böswillig zu sein].“

      Menschen von hoher Geburt sind bekanntermaßen neidisch auf solche, die in der Gesellschaft aufgestiegen sind, denn dadurch wird der Abstand zu ihnen verändert. Es ist wie eine Sinnestäuschung, dass sie, wenn die anderen ihnen näher kommen, selbst zurückzuweichen scheinen.

      Missgestaltete Menschen, Eunuchen, alte Männer und Bastarde sind stets neidisch, denn derjenige, der seine eigene Lage nicht verbessern kann, wird alles in seiner Macht Stehende tun, um die der anderen zu verschlechtern. Anders ist es nur dann, wenn diese Gebrechen einer sehr tapferen und heldenhaften Natur auferlegt wurden, die es sich zur Aufgabe macht, ihre natürlichen Mängel zum Gegenstand ihrer Ehre zu machen, damit es zum Beispiel heißt, dass ein Eunuch oder ein Lahmer diese oder jene große Tat begangen habe, was an ein Wunder grenze, so wie es bei dem Eunuchen Narses der Fall war und auch bei Agesilaus und Tamerlane, die beide lahm waren.

      Genauso ist es bei Menschen, die nach Schicksalsschlägen und anderem Ungemach gesellschaftlich aufgestiegen sind, denn sie sind wie Menschen, die im Streit mit der ganzen Welt liegen und das Unglück der anderen als Wiedergutmachung ihres eigenen Leidens ansehen.

      Diejenigen, die entweder aus Leichtsinn oder aus Prahlerei auf zu vielen Gebieten glänzen wollen, sind ebenfalls stets neidisch, denn ihnen mangelt es nie an der Gelegenheit dazu, da es immer etliche geben wird, die sie auf manchen dieser Gebiete übertreffen. So war es beim Kaiser Hadrian, der tödlichen Neid auf Dichter, Maler und Bildhauer empfand, in deren Künsten er vergeblich zu glänzen versuchte.

      Und schließlich neigen nahe Verwandte, Amtsbrüder und jene, die gemeinsam aufgezogen wurden, eher zum Neid auf ihresgleichen, wenn diese in höhere Stellungen erhoben werden, als sie selbst innehaben, denn dieser Umstand rügt sie wegen ihres eigenen Unvermögens, hält ihnen den Spiegel vor und erinnert sie öfter an ihr Versagen. Gleichzeitig wird dadurch die Aufmerksamkeit der anderen stärker auf sie gelenkt, und der Neid wird immer größer, je mehr vom Ruhm der anderen geredet wird. Kains Neid auf Abel war umso gemeiner und bösartiger, weil niemand zugegen war, als Abels Opfer der Vorzug gegeben wurde. Damit ist genug über jene gesagt, die zum Neide neigen.

      Kommen wir nun zu denjenigen, die mehr oder weniger stark der Gegenstand des Neides sind. Erstens werden Personen von herausragender Tugend weniger beneidet, wenn sie in höhere gesellschaftliche Ränge aufsteigen, denn ihr Glück scheint ihnen zuzustehen. Schließlich erregt nicht die Begleichung einer Schuld, sondern eher Belohnung und Großzügigkeit den Neid der anderen. Wieder ergibt sich der Neid aus dem Vergleich mit der eigenen Person. Wenn es keine Vergleichsmöglichkeit gibt, gibt es auch keinen Neid. Deshalb werden Könige nur von Königen beneidet. Dennoch ist anzumerken, dass unwürdige Personen bei ihrem ersten öffentlichen Auftreten am stärksten beneidet werden, während es später stiller um sie wird, während im Gegensatz dazu Personen von Wert und Verdienst vor allem dann beneidet werden, wenn ihr Glück lange anhält. Denn dann besitzt ihre Tugend nicht mehr denselben Glanz, auch wenn sie noch von gleicher Stärke sein sollte, weil nämlich neue Männer aufgestiegen sind, die einen Schatten auf sie werfen.

      Adlige werden bei ihrem Aufstieg weniger beneidet, denn sie scheinen ein Geburtsrecht darauf zu haben. Außerdem scheint ihnen der gesellschaftliche Aufstieg keinen großen Zugewinn an Glück zu bringen. Der Neid ist wie die Sonnenstrahlen, die heißer auf eine Uferböschung oder einen steilen Hang fallen als auf flaches Gebiet. Aus demselben Grunde werden diejenigen, deren Aufstieg allmählich und schrittweise vor sich ging, weniger beneidet als jene, die plötzlich und sprunghaft nach oben gekommen sind.

      Diejenigen, die ihre Ehren unter großen Anstrengungen, Sorgen und Gefahren erworben haben, sind dem Neid weniger unterworfen, denn die Menschen glauben, dass sie sich ihre Ehren hart erarbeitet haben, und manchmal werden sie sogar bemitleidet. Mitleid heilt jeden Neid. Deswegen ist zu beobachten, dass die tiefsinnigsten und vernünftigsten Staatsmänner sich in ihrer Größe andauernd ob des Lebens, das sie führen müssen, selbst bemitleiden und stets das „quanta patimur [Wie sehr leiden wir]“ anstimmen. Dies entspricht keineswegs ihrer Überzeugung, aber sie wollen auf diese Weise dem Neid die Spitze nehmen. Dabei geht es nur um die Aufgaben, die den Menschen auferlegt werden, nicht aber um solche, die sie sich selbst auferlegen. Nichts ruft den Neid so sehr hervor wie eine unnötige und gierige Anhäufung von Aufgaben. Und nichts löscht den Neid besser aus, als wenn eine bedeutende Person ihre Untergebenen in all ihren Rechten und dem Ansehen ihrer Stellung belässt. Auf diese Weise stellt sie viele Schutzschilde zwischen sich und dem Neide auf.

      Vor allem aber sind jene Personen dem Neide unterworfen, die ihr großes Glück anmaßend und stolz vor sich hertragen und sich nur dann wohl fühlen, wenn sie entweder durch äußeren Prunk oder durch den Triumph über Widerstände und Konkurrenten zeigen können, wie großartig sie sind. Weise Männer hingegen bringen dem Neid eher ein Opfer dar, indem sie es bisweilen ertragen, in Angelegenheiten, die ihnen nicht besonders wichtig sind, übervorteilt und besiegt zu werden. Doch es ist und bleibt wahr, dass das Zeigen der eigenen Großartigkeit in schlichter und offener Weise (nämlich ohne Anmaßung und Prahlsucht) weniger Neid auf sich zieht, als wenn es auf listige und durchtriebene Weise geschieht. Denn so verleugnet der Mensch sein Glück; er scheint sich seiner eigenen Unwürdigkeit bewusst zu sein und lädt die anderen dazu ein, ihn zu beneiden.

      Wir wollen diesen Teil mit der Bemerkung abschließen, dass, wie wir bereits zu Beginn ausgedrückt haben, der Akt des Neides etwas von Zauberei an sich hat, und deshalb gibt es für den Neid kein anderes Heilmittel als für die Zauberei. Es ist nämlich nötig, den Bann (so wird er genannt) von sich zu nehmen und einem anderen aufzuerlegen. Zu diesem Zwecke bringen die klügeren